Schädlicher Stoff in Schokoladen-Guetsli
Kinder lieben Guetsli mit Schokoladen-Füllung. Doch ein Test zeigt: Viele Sorten enthalten den schädlichen Stoff 3-MCPD aus dem Palmöl. Forscher haben gezeigt, dass er der Gesundheit schaden kann.
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Gesundheitstipp 10/2009
04.10.2009
Letzte Aktualisierung:
06.10.2009
Andreas Gossweiler
Sie heissen «Prince», «Chocoly» oder «Fourrés», und es gibt sie in verschiedenen Grössen. Sie bestehen aus zwei trockenen Biscuits mit Füllung. Die braune Creme enthält viel Fett und wenig Schokolade: Die Guetsli sind billig, und Kinder lieben sie. Doch ein Labortest des Gesundheitstipp zeigt: Viele dieser Rondellen enthalten zu grosse Mengen des Schadstoffes 3-MCPD-Fettsäureester. Dieser steht im Verdacht, Krebs auszulösen. ...
Sie heissen «Prince», «Chocoly» oder «Fourrés», und es gibt sie in verschiedenen Grössen. Sie bestehen aus zwei trockenen Biscuits mit Füllung. Die braune Creme enthält viel Fett und wenig Schokolade: Die Guetsli sind billig, und Kinder lieben sie. Doch ein Labortest des Gesundheitstipp zeigt: Viele dieser Rondellen enthalten zu grosse Mengen des Schadstoffes 3-MCPD-Fettsäureester. Dieser steht im Verdacht, Krebs auszulösen. Pro Tag sollten Kinder deshalb maximal 2 Mikrogramm pro Kilo Körpergewicht zu sich nehmen. Dies empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation WHO. Für ein 20 Kilo schweres Kind heisst das: höchstens 40 Mikrogramm täglich.
Das Testresultat ist alarmierend: Acht von zwölf Guetsli-Sorten schnitten «ungenügend» ab. Am meisten 3-MCPD-Fettsäureester fand das Labor in den Chocoly-Guetsli der Schweizer Marke Wernli. Isst ein Kind ein einziges Chocoly, hat es schon die Hälfte der täglichen Höchstmenge an 3-MCPD erreicht. Das Gleiche passiert, wenn ein Kind anderthalb Guetsli der Sorte LU Prince oder Chocky aus der Migros isst.
Palmöl enthält besonders viel der schädlichen Fettsäure
Nur von zwei Guetsli-Sorten dürfen Kinder bedenkenlos grössere Mengen futtern: Ovomaltine Crunchy Biscuit und Göteborgs-Ballerina-Guetsli (Ikea). Beide Produkte enthalten relativ wenig 3-MCPD-Fettsäureester (siehe Tabelle im pdf-Artikel). Wissenschaftler haben den Schadstoff erst vor kurzer Zeit entdeckt. Er entsteht, wenn pflanzliches Öl in der Fabrik raffiniert und erhitzt wird. Palmöl enthält besonders viel 3-MCPD-Ester. Denn die Hersteller verarbeiten es bei sehr hohen Temperaturen.
Seitdem die Transfette in Verruf geraten sind, verwenden viele Hersteller Palmfett als Ersatz. Doch sie deklarieren es selten auf der Verpackung. Nur die Migros gibt bei ihren Guetsli-Eigenmarken Chocky und M-Budget Doppelkeks an, dass sie Palmöl enthalten. Bei allen anderen getesteten Produkten steht «pflanzliches Fett» oder eine ähnlich vage Angabe. Die schweizerische Kennzeichnungsverordnung verlangt keine genauere Deklaration.
Dass 3-MCPD-Ester die Gesundheit schädigen kann, zeigte sich bei Tierversuchen. Der Lebensmittel-Toxikologe Klaus Abraham vom deutschen Bundesamt für Risikobewertung erklärt: «Bei Laborratten, die 3-MCPD erhielten, veränderte sich das Nierengewebe. Bei sehr hohen Dosen kam es zu gutartigen Tumoren.» Wie der menschliche Körper auf den Schadstoff reagiert, ist noch nicht genau bekannt.
Schoggi-Guetsli sind nicht die einzige 3-MCPD-Quelle. Die deutsche Zeitschrift «Öko-Test» wies nach, dass auch viele Nuss-Nougat-Cremes hohe Mengen enthalten. Palmfett findet sich in unzähligen Produkten, zum Beispiel in Knabbermüesli, Getreideriegeln, Glaces, Beutelsuppen, Blätterteig, in Pizzas und anderen Fertigmenüs.
Einzelne Hersteller wollen Schadstoffgehalt reduzieren
Mit jeder Mahlzeit summiert sich die Schadstoffmenge. Deshalb empfehlen Fachleute: Eine Portion Guetsli sollte höchstens die Hälfte der 3-MCPD-Menge enthalten, die ein Kind pro Tag bedenkenlos essen kann. Klaus Abraham fügt an: «Wenn ein Kind an einem einzelnen Tag viele Kekse isst und damit den Maximalwert leicht überschreitet, ist das noch kein Problem.» Grossverteiler und Hersteller reagieren unterschiedlich auf den Test. Die Firma Wernli, deren Chocoly-Doppelkekse am schlechtesten abschneiden, schreibt: «Wir sind über den hohen Wert an 3-MCPD überrascht.»
Eine Migros-Sprecherin sagt hingegen: «Das Problem ist uns bekannt. Wir sind mit den Lieferanten in Kontakt.» Die Migros verspricht, den 3-MCPD-Gehalt in Keksen zu reduzieren. Das sei aber aus technischen Gründen schwierig. Auch die Firma Kraft Foods (Prince-Doppelkekse) erklärt, sie wolle zusammen mit den Fett-Lieferanten «Wege finden», um den Gehalt von 3-MCPD zu verringern. Der Discounter Lidl teilt mit: «Wir nehmen das Problem sehr ernst. Unser Lieferant hat Massnahmen ergriffen, um den Gehalt an 3-MCPD-Ester weiter zu vermindern.»
Keinen Handlungsbedarf sehen Denner und Spar. Eine Denner-Sprecherin kritisiert die Messmethode: «Es gibt keine offiziell anerkannte Methode, die erlaubt, den 3-MCPD-Ester-Gehalt zwei- felsfrei zu testen.» Und Spar, dessen Doppelkekse im Test «ungenügend» abgeschnitten haben, schreibt dem Gesundheitstipp: «Es ist nicht erwiesen, ob 3-MCPD-Ester überhaupt schädlich ist.» Deshalb sehe Spar keinen Grund, den Gehalt des Stoffs in seinen Guetsli zu reduzieren.