Arganöle: Über die Hälfte «käsig» oder «verbrannt»
Auffällig im Geschmack – und erst noch sündhaft teuer. Keines der getesteten Arganöle schnitt gut ab.
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Gesundheitstipp 06/2009
09.06.2009
Das «wahre Gold Marokkos» – so beschreibt Coop sein Arganöl. Es habe einen «intensiven Geschmack nach gerösteten Haselnüssen». Die Migros schreibt vom «flüssigen Gold». Ihr Öl sei «vorzüglich», mit einem «leichten Walnussgeschmack». Das Ein-Deziliter-Fläschchen kostet bei den beiden Grossverteilern satte 15 Franken.
Doch Fachleute beurteilen das teure Arganöl dezidiert anders,...
Das «wahre Gold Marokkos» – so beschreibt Coop sein Arganöl. Es habe einen «intensiven Geschmack nach gerösteten Haselnüssen». Die Migros schreibt vom «flüssigen Gold». Ihr Öl sei «vorzüglich», mit einem «leichten Walnussgeschmack». Das Ein-Deziliter-Fläschchen kostet bei den beiden Grossverteilern satte 15 Franken.
Doch Fachleute beurteilen das teure Arganöl dezidiert anders, wie jetzt ein Test des Gesundheitstipp zeigt. Er liess zehn verschiedene Arganöle auf Geschmack und Inhaltstoffe untersuchen. Das Urteil ist vernichtend. Kein einziges Öl schnitt im Geschmack gut ab. Im Gegenteil: Acht der Öle schmeckten laut Experten stichig, käsig oder bitter (siehe Tabelle im pdf-Artikel). Nur das Arganati-Öl von Coop und das Sidi Yassine morocco von Vier Linden kommen mit der Bezeichnung «leicht verbrannt» glimpflich weg.
Der Grund liegt in der traditionellen Herstellung des Öls aus Marokko. Die Früchte der wilden Arganbäume werden von Hand geerntet, die Frucht vom Kern abgeschält und die Mandeln darin zu Öl gepresst. Oftmals werden die Mandeln vorher geröstet. Auch Ziegen fressen die Früchte. Sie geben dann die Kerne mit dem Kot wieder ab – aus diesen Kernen macht man ebenfalls Öl. Mit einem nachhaltigen Geschmack, wie Bertrand Matthäus vom deutschen Max-Rubner-Institut bestätigt: «Solche Öle schmecken viel rascher käsig.»
Laboranalyse: Viele Öle waren abgestanden
Die Laboranalyse zeigt auch: Viele Öle waren bereits abgestanden. Das zeigten freie Fettsäuren und Peroxidzahl, Masse für die Frische eines Öls. Das ungeröstete Berberöl von Globus hatte eine Peroxidzahl von 7,7. Das ist zwar noch nicht ranzig, doch für den Experten Bertrand Matthäus «stark an der Grenze». Zum Vergleich: In der Schweiz beträgt der maximal zulässige Wert für tierische Speisefette 4, für pflanzliche Öle gibt es keine Vorschriften. Auch die Peroxidwerte des Arganöls Sidi Yassine mild vom Reformhaus Vier Linden, das Sélection-Produkt von der Migros und das Argania von Jelmoli waren höher als 4.
Sidi Yassine, die Herstellerfirma der beiden Öle von Vier Linden, schreibt dem Gesundheitstipp, sie würden «keine abnormalen Geschmacksnoten» feststellen. Die Firma räumt aber ein, dass sie bei einem Peroxidwert von 4,5 das milde Öl «nicht verkauft» hätte. Argania vom Jelmoli-Öl schreibt, Arganöl sei «ein Gourmetprodukt mit charakteristischem Geschmack». In sieben der zehn Öle fanden die Experten Rückstände von Benzopyren. Der Stoff entsteht bei Verbrennungen, auch beim Rösten der Arganmandeln. Er kann Krebs auslösen. Alle gemessenen Werte waren unter dem Toleranzwert von 2 Mikrogramm pro Kilogramm. Mit Abstand am meisten Benzopyren enthielt das Berberöl von Globus: 1,2 Mikrogramm pro Kilogramm. Globus schreibt dem Gesundheitstipp: «Wir werden den Produzenten anweisen, schonender zu rösten.»
Viele Hersteller behaupten, Arganöl sei besonders gesund wegen der wertvollen Inhaltstoffe. Es soll bei Magen-Darm- und Herz-Kreislauf-Problemen, aber auch bei Sonnenbrand und Infektionen helfen, schrieb die «Glückspost» bereits vor vier Jahren. In der Tat enthält Arganöl zwei einzigartige Stoffe, das Schottenol und das Spinasterol. Doch ein gesundheitlicher Nutzen dieser Pflanzenstoffe im Arganöl ist nicht bewiesen.
Arganöle enthalten wenig gesunde Fettsäuren
Am Vitamin E, den Tocopherolen, kann es auch nicht liegen. So steht zwar auf der Etikette von Argania, Jelmoli, «high content of Vitamin E». Die Stichprobe deckt aber auf: Die untersuchten Arganöle enthalten sehr wenig des biologisch wichtigen Alpha-Tocopherols. Rapsöl enthält das Zehnfache davon. Arganöl enthält dafür viel des weniger nützlichen Gamma-Tocopherols. Für Bertrand Matthäus ist es «irreführend», dass Hersteller den Vitamin-E-Gehalt anpreisen.
Argania bestreitet, die Kunden irrezuführen. Das Öl enthalte drei- bis viermal so viel Vitamin E wie Olivenöl. Nur: Gerade Olivenöl ist bekannt dafür, dass es relativ wenig Vitamin E enthält. Auch in der Zusammensetzung der Fettsäuren schneiden Arganöle ungünstig ab. Gesund fürs Herz und bei Rheuma sind vor allem die mehrfach ungesättigten Fettsäuren, die Omega-3-Fettsäuren. Ihr Verhältnis zu den Omega-6 Fettsäuren sollte allerdings tiefer sein als 1:5. Bei Arganöl beträgt das Verhältnis 1:340. Zum Vergleich: Bei Rapsöl ist es 1:4. Die Schweizerische Vereinigung für Ernährung kommt zum Schluss: «Seinen horrenden Preis ist das Öl zumindest aus gesundheitlichen Gründen nicht wert.»
Für die Migros steht die Gesundheit nicht im Vordergrund: «Arganöl ist ein Genuss- und Lifestyle-Produkt.» Coop argumentiert ähnlich: Arganöl sei eine Delikatesse. Das Öl solle man «nicht in grösseren Mengen» konsumieren.
Merkblatt «Speiseöle»
Gratis zum Herunterladen unter www.gesundheitstipp.ch