Tabakindustrie hat Raucher jahrzehntelang belogen
Inhalt
saldo 8/2000
26.04.2000
Dass Rauchen zu Lungenkrebs führt, hat die Tabakindustrie noch nie gross gekümmert. Im Gegenteil: Jahrelang verwendete sie genmanipulierten Tabak, um die Sucht der Raucher zu verstärken.
Denn sie wussten, was sie tun: Die Zigarettenbosse verheimlichten jahrzehntelang, dass ihre Glimmstengel süchtig und abhängig machen - und Krebs- sowie Herzkrankheiten auslösen. Und das, obwohl ihre eigenen Forscher schon in den 60er- und 70er- Jahren wussten, wie schädlich Zigaretten sind...
Dass Rauchen zu Lungenkrebs führt, hat die Tabakindustrie noch nie gross gekümmert. Im Gegenteil: Jahrelang verwendete sie genmanipulierten Tabak, um die Sucht der Raucher zu verstärken.
Denn sie wussten, was sie tun: Die Zigarettenbosse verheimlichten jahrzehntelang, dass ihre Glimmstengel süchtig und abhängig machen - und Krebs- sowie Herzkrankheiten auslösen. Und das, obwohl ihre eigenen Forscher schon in den 60er- und 70er- Jahren wussten, wie schädlich Zigaretten sind. Diese brisanten Enthüllungen machten abgesprungene Mitarbeiter. Mit Dokumenten belegen sie die dunklen Machenschaften und Lügen der mächtigen Tabakindustrie.
Zigarettenbosse haben sogar vor Gericht gelogen
Noch im August 1997 versicherte der Vorstandsvorsitzende des US-Giganten Philip Morris, Geoffrey Bible, in einem Verfahren, das der amerikanische Bundesstaat Florida gegen Zigarettenfirmen führte: "Ich würde Zigarettenfirmen sofort schliessen, wenn es schlüssige Beweise für die krebserregende Wirkung des Rauchens gäbe." Und am 14. April 1994 hatten die sieben Bosse der grössten US-Tabakkonzerne vor dem amerikanischen Unterausschuss "Gesundheit und Umwelt" geschworen, dass Zigaretten keine süchtig machenden Stoffe enthielten. Es war eine historische Anhörung. Zum ersten Mal sagten Vorstandsmitglieder der Tabakkonzerne vor dem Kongress der Vereinigten Staaten als Zeugen aus.
Die Top-Manager logen brandschwarz. Das zeigen Unterlagen und Aussagen von ehemaligen Tabak-Angestellten. Einer ist Jeffrey Wigand. Nach seiner Entlassung bricht der ehemalige Forschungschef von Brown & Williamson (Lucky Strike) das Schweigen. In der Nachrichtensendung "60 Minuten" der amerikanischen TV-Kette CBS gibt er zu, dass Brown & Williamson genmanipulierten Tabak zur Nikotinverstärkung verwendet hat. Der Grund: mehr Suchterzeugung, grösserer Umsatz.
Die amerikanische Gesundheitsbehörde (FDA) machte sich auf die Suche. Die Experten waren überzeugt: Wenn die Zigarettenindustrie den Tabak genmanipuliert haben sollte, hatte sie das Produkt wohl auch patentieren lassen. Sämtliche internationalen Register wurden durchforstet.
Light-Zigaretten auch zusätzlich mit Nikotin versetzt
Fündig wurde die FDA in Brasilien - unter der Fantasiebezeichnung Y-1. Dieser neu gezüchtete Tabak wies eine deutlich höhere Nikotinkonzentration auf als herkömmliche Sorten. Das war nicht alles: Der Konzern hatte nach Aussagen des Forschers Wigand auch mit Ammoniak als Verstärker der Nikotinwirkung gearbeitet. Ammoniak verbessert die Freisetzung von Nikotin.
Wigands Aussagen erhielten 1998 durch Geständnisse der Biotech-Firma DNA Plant Technology in Oakland zusätzlich Gewicht: Die Firma gab zu, für den Tabakkonzern Brown & Williamson den Nikotingehalt von Zigaretten künstlich erhöht zu haben. "Ziel war es", so der US-Regierungsbericht, "den Nikotingehalt zu manipulieren, um die Abhängigkeit der Raucher zu verstärken." Selbst Light-Zigaretten wurden auf diese Weise verändert. Zurzeit läuft in den Schweizer Kinos der Film "The Insider" - darin wird der Fall von Jeffrey Wigand geschildert.
Ein anderer Aussteiger entlarvte ebenfalls die Lügen der Tabakindustrie: Merrel Williams. Er arbeitete von 1988 bis zu seiner Entlassung 1992 in der Anwaltskanzlei Wyatt, Tarrant & Combs in Louisville, Kentucky. Seine Aufgabe: geheime Dokumente des Zigarettenkonzerns Brown & Williamson einordnen. Eines Tages fällt ihm in einer Akte aus dem Jahre 1963 auf: "Nikotin macht abhängig. Das heisst: Wir verkaufen Drogen, die süchtig machen." Williams, selber Raucher, ist entrüstet. Er sammelt weitere Beweise, kopiert total 4000 Seiten. In Stanton Glantz findet er einen Verbündeten. Der Professor an der University of California ist bekannt als Kritiker der Tabakindustrie. Glantz macht am 1. Juli 1995 die brisanten Unterlagen über Internet weltweit der Öffentlichkeit zugänglich.
Philip Morris wies Nikotinsucht schon vor 20 Jahren nach
Auch beim führenden Zigarettenhersteller Philip Morris wusste die Chefetage schon vor Jahrzehnten, mit welch gefährlichem Produkt sie ihr Geld verdient. Da