Während einer Geschäftsreise ass Hobbykoch Harald Zoschke zum ersten Mal richtig scharf. Das war in den USA. Er kam auf den Geschmack, probierte thailändische, mexikanische und indische Gerichte.
In einem koreanischen Restaurant in San Francisco versuchte er «Pumpkin Chicken Curry». Bis heute ist dies eines seiner Lieblingsessen geblieben. Dafür schneidet Zoschke einen Hokkaido-Kürbis und Pouletbrust in Würfel. Im Wok oder in einer grossen Bratpfanne erhitzt er Öl und brät das Poulet gut an. Dann rührt er scharfe Currypaste und Kokosnussmilch darunter, fügt etwas gehackten Ingwer und Thai-Chili dazu und lässt alles mit dem Kürbis köcheln. «Die Schärfe von Chili gibt mir einen Kick», sagt Zoschke. Der Computerfachmann machte sein Hobby schliesslich zum Beruf: Er schrieb mehrere Bücher über Chili.
Capsaicin: Gut für Herz und Gefässe
Grund für die Schärfe der Schoten ist der Wirkstoff Capsaicin. Er brennt und schmerzt im Mund. Das Hitze- und Schmerzsignal erreicht das Gehirn. Dieses schüttet daraufhin die Glückshormone Endorphin und Dopamin aus, um den Schmerz zu stillen. Deswegen bekommen manche Menschen nie genug von scharfem Essen. Das beobachtet auch Kulinarikexperte Patrick Zbinden: «Es gibt Menschen, die richtiggehend süchtig sind nach diesem Schärfekick, und aus diesem Grund bereits zum Frühstück ihre Cornflakes mit Chiliflocken aufpeppen.»
Capsaicin ist sehr gesund. Es verbessert die Durchblutung, ist gut für Herz und Gefässe. Gemäss einer neuen chinesischen Studie könnte Chili in Kombination mit Ingwer sogar Krebs vorbeugen. Auch kann Chili beim Abnehmen helfen, sagt David Fäh, Präventivmediziner an der Berner Fachhochschule. Die Schärfe kurble den Kreislauf an, fördere die Wärmeproduktion und aktiviere die Schweissdrüsen. «Dadurch steigert man den Kalorienverbrauch bei jeder Mahlzeit.»
Es gibt im Handel mildere und schärfere Chilisorten (siehe Tabelle). Die Schärfe hängt von der Konzentration des Capsaicins ab. Man misst sie in Scoville. Scoville ist der Verdünnungsfaktor mit Wasser, der nötig ist, um die Schärfe zu neutralisieren. Je höher der Scoville-Wert, umso schärfer der Chili. Jalapeños haben bis zu 8000, Habaneros bis 500000 Scoville. Rekordhalter ist zurzeit die Sorte «Carolina Reaper» mit 2,2 Millionen Scoville.
Wer nicht an scharfes Essen gewohnt ist, sollte es langsam angehen. Sonst drohen Probleme bei der Verdauung. Bei übermässigem Chilikonsum riskiert man eine Abwehrreaktion: Der Körper kühlt sich ab, man schwitzt stark. Das kann Kreislaufprobleme verursachen.
Ursula Pérez verkauft in ihrem mexikanischen Spezialitätenladen «El Maiz» in Zürich viele verschiedene Chilis. «Frische Schoten wie Serrano oder Jalapeño braucht man zum Beispiel für Guacamole», sagt Pérez. So werde der Avocadodip fruchtig. Getrocknete Chilisorten sind meist schärfer. Für Mole, eine berühmte mexikanische Sauce, röstet man zuerst getrocknete Chilis in einer Pfanne, damit ihr Geschmack sich voll entwickelt.
Naturejoghurt neutralisiert die Schärfe
Pérez empfiehlt, am Anfang nur wenig Chili zu verwenden und bei Bedarf am Tisch nachzuwürzen. Bei zu viel Schärfe hilft «Crema Fresca» – ähnlich wie Crème fraîche. Sie neutralisiert die Schärfe. Wer Kalorien sparen möchte, kann auch ein Glas Milch oder ein Naturejoghurt bereithalten. Wasser hilft hingegen nicht gegen Schärfe: Es verschlimmert sie, weil das Capsaicin im Mund nur verteilt wird.
Patrick Zbinden serviert gern eine selbstgemachte Sauce. Dafür häutet, halbiert und entkernt Zbinden Aprikosen. Er dünstet sie in wenig Wasser weich und püriert sie anschliessend. Dann würzt er das Püree mit Salz und ein paar Tropfen Chilisauce. «Diese Sauce passt perfekt zu Ziegenfrischkäse, Poulet, Lamm- oder Schweinefleisch», sagt Zbinden.
Und noch ein Tipp für die Zubereitung: Wer die scharfen Schoten verarbeitet, hat Capsaicin an den Fingern und könnte es aus Versehen in die Augen reiben – das brennt. Da Capsaicin nicht wasserlöslich ist, bringt man es an den Händen am besten mit etwas Öl oder Alkohol weg. Oder man verwendet Einweghandschuhe.