Pilze kann man in der Küche vielseitig einsetzen. Ruth Debernardi, Biologiedozentin an der Berner Fachhochschule, macht mit ihnen am liebsten ein Dessert: «Die Aromen von Pilzen und Früchten harmonieren. Darum passen Pilze sehr gut in Süssspeisen.» Mit Studenten der Agronomie und Lebensmittelwissenschaften hat Debernardi überraschende Rezepte entwickelt und im neuen Kochbuch «Amour fou – Pilze zum Dessert» zusammengestellt.
Zum Beispiel Fruchtsalat mit Eierschwämmen und Zitronenthymian: Das originelle Dessert kombiniert den milden Buttergeschmack der Eierschwämme mit der Säure von Orangen und Pflaumen.
Klassischer als süsse Pilze sind gebratene. Dazu eignen sich feste Pilze wie Eierschwämme oder Shiitake. Der Kulinarik-Fachmann Patrick Zbinden aus Rüschlikon ZH rät: «Grössere Pilzmengen sollte man in zwei oder drei Portionen in einer grossen Pfanne anbraten.» Sonst verhindert das austretende Wasser das Bilden von Röstaromen, und die Pilze schmecken wässerig. Erst am Schluss, wenn die Flüssigkeit verdampft ist, gibt Zbinden Butter oder Öl dazu. Sein Lieblingsrezept sind marinierte Champignons. Er schmort sie zusammen mit Sherry, Honig, gehackten Zwiebeln und Knoblauch und serviert sie kalt zum Apéro.
«Getrocknete Pilze gehören in den Vorrat»
Wenn Zbinden die Pilze nicht sofort verwendet, trocknet er sie oder friert sie ein. Für den Fachmann ist klar: «Getrocknete Pilze gehören zwingend in den Vorrat.» Oft schmecken sie besser als frische Ware: «Bei Steinpilzen, Morcheln und Champignons intensiviert sich das Aroma durch den Wasserverlust.» Ein grosser Teil der Vitamine bleibt beim Trocknen erhalten. Patrick Zbinden macht aus getrockneten Pilzen ein Pulver, indem er sie im Cutter mahlt: «So verwerte ich auch unschöne Abschnitte oder zähe Stiele.» Mit dem Pulver aromatisiert er Saucen, Suppen, Gemüsegerichte, Polenta und Gratins.
Pilze sind nicht nur aromatisch, sie machen auch schlank. Denn sie enthalten wenig Fett und Kohlenhydrate und lediglich 20 bis 40 Kalorien pro 100 Gramm. Zudem punkten sie mit gesunden Inhaltsstoffen: Sie haben viel Vitamin D, das im Gemüse selten vorkommt. 100 Gramm Pilze enthalten ungefähr 5 bis 15 Prozent des Tagesbedarfs von Kindern und Erwachsenen. Auch Vitamin B3, das den Stoffwechsel günstig beeinflusst, ist in Pilzen drin. Eierschwämme enthalten zudem über 6 Milligramm Eisen pro 100 Gramm – dreimal so viel wie ein Kalbsplätzchen. In der chinesischen Medizin werden manche Pilze als Heilmittel eingesetzt. Der Shiitake soll gegen Erkältungen und sogar gegen Krebs helfen, Judasohren gegen Allergien und Kreislaufkrankheiten.
Pilze gelten als «Fleisch der armen Leute». Das stimmt jedoch nicht. Ihr Gehalt an Eiweiss ist vergleichsweise klein – er schwankt zwischen 4 und 8 Prozent des Tagesbedarfs. Zum Vergleich: Kalbfleisch enthält gegen die Hälfte Eiweiss. Dank ihres intensiven Aromas bereichern Pilze aber vegetarische Gerichte. Am meisten Eiweiss enthalten Steinpilze, Kräuterseitlinge und Austernpilze (siehe PDF). Wegen der Bestandteile Chitin und Zellulose sind Pilze relativ schwer verdaulich. Deshalb sollte man nicht grosse Portionen auf den Teller schöpfen, sonst liegen sie nach der Mahlzeit schwer im Magen.
In Lebensmittelgeschäften wird die Auswahl immer grösser: Neben den einheimischen Arten verkaufen sie auch asiatische Pilze wie die saftigen Shiitake, Shimeji oder die an Algen erinnernden Judasohren, die in der Regel nur getrocknet erhältlich sind. Weil die Läden vor allem Zuchtpilze verkaufen, sind viele Arten ganzjährig im Angebot.
Für den rohen Verzehr eignen sich die meisten Pilzarten nicht. Denn manche Arten verursachen ungekocht Magenbeschwerden, und auf wilden Pilzen können Wurmeier vorkommen. Zuchtchampignons und Trüffel kann man jedoch in kleinen Mengen problemlos roh geniessen.
Pilze sammeln: Informieren Sie sich vorher
Der 74-Jährige Josef Degiacomi aus Pfäffikon SZ fährt regelmässig ins Bündnerland, um Steinpilze, Morcheln und Eierschwämme zu suchen. Heuer sei aber ein schlechtes Jahr: «Im Sommer war es viel zu lang trocken. Die Ausbeute ist mager.» Roger Nussbaum, Präsident des Pilzvereins Cham, bestätigt: «Zurzeit findet man kaum Speisepilze. Man muss sie in höher gelegenen Gebieten suchen.»
Das Pilzsammeln sei auch gut für die Fitness, sagt Josef Degiacomi. Im Albulatal und auf der Lenzerheide geht es oft steil bergauf. «Immer wieder sehe ich Rehe, Eichelhäher oder Hasen», freut sich der Rentner. «Das Naturerlebnis tut mir gut.»
Im Wald findet Josef Degiacomi eine grössere Vielfalt als im Laden: Er sammelt auch Schweinsohren, Semmelstoppelpilze, Purpurleistlinge und Schirmlinge. Man sollte sie aber nur sammeln, wenn man die essbaren und die giftigen Arten gut kennt. «Sonst kauft man sie besser im Laden», findet er. «Es ist schade, wenn der Pilzkontrolleur drei Viertel der Ware wegwerfen muss.»
Wer sich fürs Pilzsammeln interessiert, sollte sich zuerst gründlich über die verschiedenen Arten informieren – am besten, indem man bei einem Pilzverein mitmacht. Um Vergiftungen zu vermeiden, sollte man zudem gesammelte Wildpilze unbedingt einem Kontrolleur zeigen.
Adressen finden Sie unter www.vapko.ch.
Tipps
Pilzküche: Das müssen Sie wissen
- Die Pilze vor dem Zubereiten nicht lange waschen, sondern mit Messer und Pinsel säubern.
- Essen Sie keine rohen Wildpilze. Im Laden gekaufte Champignons und Trüffel können Sie in kleinen Mengen problemlos roh essen.
- Verbrauchen Sie gekaufte Pilze innert zwei bis vier Tagen, Wildpilze innert ein bis zwei Tagen.
- Verpacken Sie die Pilze in Papier oder Stoff, nie in Plastiksäcke.
- Getrocknete Pilze sind ein halbes Jahr lang haltbar, gefrorene ein Jahr lang.
- Blanchieren Sie Eierschwämme vor dem Einfrieren. Steinpilze werden vor dem Einfrieren nicht blanchiert.
Buchtipp
Ruth Debernardi: «Amour fou – Pilze zum Dessert», Werd Verlag, ca. Fr. 35.–