Politiker malen gerne schwarz. 2010 rechneten die Kantone mit Defiziten in der Höhe von insgesamt 1,1 Milliarden Franken. Effektiv resultierten in den Jahresrechnungen Überschüsse von total 2,2 Milliarden. Bei der Budgetierung ihrer Finanzen lagen die Kantone also 3,3 Milliarden daneben (s. Grafik im pdf-Artikel).
Das ist keine Ausnahme. In den letzten zehn Jahren haben die Kantone gerade ein einziges Mal zu optimistisch budgetiert. Das war im Jahr 2003. In den anderen Jahren bewegten sich die Schätzfehler bis zu 6 Milliarden Franken nach oben. Mit andern Worten: Die Steuerzahler mussten mehr bezahlen, als nötig gewesen wäre.
Auch der Bund liegt deutlich im Plus
Auch der Bund hat in den letzten Jahren seine Finanzkraft unterschätzt. 2010 lag der Bund mit 3,6 Milliarden im Plus, bei einem erwarteten Defizit von 2,4 Milliarden. Differenz zum Budget: 6 Milliarden Franken.
Im Jahr zuvor schloss die Bundeskasse mit 2,7 Milliarden Gewinn ab, 1,5 Milliarden mehr als budgetiert. Im Jahr 2008 lag der Überschuss bei 7,3 Milliarden Franken – ganze 6,2 Milliarden mehr als prognostiziert.
Die Rechnungsabschlüsse der Kantone verzeichneten in den vergangenen zehn Jahren fast immer Überschüsse – Krise hin oder her. Nur 2002 resultierte ein knappes Ergebnis, und 2003 ein Defizit von 1,5 Milliarden. Selbst in den schwierigen Jahren 2008 und 2009 lagen die Kantone mit 2,5 und 1,9 Milliarden im Plus.
Einige Kantone wie Zürich, Aargau, Solothurn und Neuenburg diskutieren jetzt Steuersenkungen: Die bürgerlichen Parteien und die Wirtschaftsverbände sind dafür, die links-grünen Gruppierungen dagegen.
In Zürich ist auch die SP für Steuersenkungen. Dabei sollen vor allem Familien profitieren. Andere Kantone sind zurückhaltender. Bern und Graubünden wollen mit Senkungen zuwarten, in Basel dient der Überschuss der Schuldenreduktion.
Nicht Kantone, sondern Bürger zahlen die Zeche
Trotz der positiven Finanzergebnisse in den letzten zehn Jahren prognostiziert der Präsident der Finanzdirektorenkonferenz, der Solothurner Regierungsrat Christian Wanner, für 2012 rote Zahlen.
Begründung: Die neue Spitalfinanzierung belaste die Rechnungen der Kantone in noch unbekannter Höhe. Und der Beitrag der Nationalbank an die Kantone in der Höhe von 1,5 Milliarden Franken falle weg. Nur: Die Kantone denken nicht daran, sich mit der Spitalfinanzierung neue Lasten aufzubürden.
Die Zeche werden die Krankenversicherten bezahlen. Schon jetzt droht der Krankenkassenverband Santésuisse mit Prämienerhöhungen von bis zu 7,6 Prozent. Auch der Beitrag der Nationalbank gehört in dieses Kapitel. Zurzeit steht noch in den Sternen, ob die Nationalbank gegenüber den Kantonen knausert.
Rechnungsjahr 2010: Fast alle Kantone haben sich verrechnet
saldo-Recherchen zeigen: Speziell die finanz- und wirtschaftsstarken Kantone haben sich im Rechnungsjahr 2010 bei ihren Budgets verrechnet. An erster Stelle steht der Kanton Zürich. Anstelle eines Verlusts von 525 Millionen Franken resultierte 2010 ein Überschuss von 598 Millionen.
Das ergibt eine Differenz zwischen Budget und Rechnung von mehr als 1 Milliarde Franken. Es folgen Genf, Basel, Waadt und Bern. Selbst die fünf Kantone, die letztes Jahr tatsächlich rote Zahlen schrieben, schlossen deutlich besser ab als budgetiert.
Im Kanton Tessin ist das Defizit 107,3 Millionen Franken kleiner als erwartet, in Schwyz 49 und in Neuenburg 12,5 Millionen. Sogar der Kanton Baselland, der mit 71,2 Millionen Franken das grösste Kantonsdefizit der Schweiz aufweist, schloss 44 Millionen besser ab. Relativ genau budgetiert haben nur die Kantone Freiburg, Luzern und Aargau.