Ursula Huber hat Osteoporose. Das merkte die heute 66-Jährige aus Bellach SO, als ein Arzt sie wegen Schmerzen im Rücken zum Röntgen schickte. Ein Wirbel war gebrochen. Zuerst verschrieb ihr der Arzt das Medikament Fosavance gegen Knochenschwund, später Bonviva.
Doch dann bekam Ursula Huber Beschwerden in der Speiseröhre. Eine Naturärztin riet ihr, den Magen untersuchen zu lassen. Die Magenspiegelung bestätigte: Ursula Huber hatte eine entzündete Speiseröhre. Dies ist eine bekannte Nebenwirkung von Fosavance und Bonviva. Ursula Huber: «Das verunsicherte mich, ich bekam Angst.» Eine erneute Messung zeigte zum Glück, dass die Dichte der Knochen stabil war. Sie entschied sich deshalb mit ihrem Arzt, das Medikament zu stoppen und nur noch ein Präparat mit Vitamin D zu nehmen. Bis heute hat sie Ruhe.
Teilweise starke Nebenwirkungen
Wie Ursula Huber geht es vielen älteren Frauen, die Medikamente gegen den Knochenschwund nehmen: Sie nützen zwar oft, haben aber teilweise happige Nebenwirkungen. Das unabhängige Fachblatt «Pharmakritik» hat die Medikamente gegen Osteoporose unter die Lupe genommen und kommt zum Schluss: Noch am besten schneiden Medikamente wie Fosamax, Fosavance, Aclasta oder Actonel ab. Sie gehören zur Gruppe der Bisphosphonate. Ihr Vorteil: Studien haben belegt, dass sie Brüche an Rückenwirbeln und Hüften verhindern können.
Laut dem Arzt und Autor Urspeter Masche hat man mit diesen Medikamenten zudem die grössten Erfahrungen: «Bislang ist nicht belegt, dass andere Mittel besser wirken oder verträglicher sind.» Die Mittel sollen den natürlichen Alterungsprozess des Knochens verlangsamen und so das Risiko eines Knochenbruchs verringern.
Risikopatienten profitieren am ehesten
Allerdings: Auch diese Medikamente können längst nicht bei allen Patientinnen – Frauen sind von Osteoporose viel stärker betroffen als Männer – verhindern, dass weitere Knochen brechen. Das Ärztenetzwerk Medix rechnet in einer Broschüre vor: Wenn 100 Frauen, die zuvor schon einen Knochenbruch erlitten haben, ein Jahr lang eines der Medikamente nehmen, kommt es bei 15 von ihnen zu einem weiteren Bruch. Doch auch ohne Medikamente sind es nur unwesentlich mehr, nämlich 20 Frauen. Urspeter Masche: «Am meisten profitieren Patienten, die bereits einen Knochenbruch hatten.» Allen anderen bringe die Behandlung kaum einen Nutzen.
Kommt dazu: Die Studien über den medizinischen Nutzen dauerten nicht mehr als drei bis vier Jahre. Was nachher passiert, ist unklar.
Die Alternativen zu Medikamenten wie Aclasta, Actonel oder Fosamax sehen Fachleute allerdings noch kritischer. Wolfgang Becker-Brüser vom deutschen Fachblatt «Arznei-Telegramm» will andere Medikamente schon gar nicht empfehlen wegen «ungünstiger Nutzen-Schaden-Abwägung».
Zum Beispiel Prolia: Das Medikament hemmt den Knochenabbau. Ein Vergleich mit Fosamax zeigte, dass mit Prolia die Knochendichte sogar etwas stabiler bleibt. Allerdings fehlt ein Vergleich mit anderen Osteoporose-Medikamenten, auch sind Fragen zur Therapiedauer sowie zu Nebenwirkungen ungeklärt. Prolia muss man zudem spritzen. Urspeter Masche: «Ich würde das Medikament nur dann einsetzen, wenn man Medikamente wie Fosamax, Aclasta oder Actonel nicht verträgt.»
Ärzte verschreiben auch Medikamente, die wie Östrogen-Hormone wirken. Dazu gehören Evista und Conbriza. Auch sie senken das Risiko, dass Patientinnen ihre Wirbel brechen. Doch die Mittel können Wechseljahresbeschwerden auslösen. Ausserdem erhöhen sie das Risiko für Blutgerinnsel und – gemäss Studien – für Schlaganfall.
Urspeter Masche empfiehlt diese Medikamente nur für Ausnahmefälle, «wenn alle anderen Mittel nicht vertragen werden, oder wenn neben der Osteoporose noch ein anderer Grund für ein solches Hormonpräparat spricht».
Forsteo ist vergleichbar mit einem Hormon der Schilddrüse, das über den Kalziumstoffwechsel den Aufbau des Knochens anregt. Patienten müssen das Mittel unter die Haut spritzen. Es kann zu Verstopfung, Schmerzen oder Störungen des Herzrhythmus führen.
Das sagen die Hersteller
Novartis, Hersteller von Aclasta, schreibt dem Gesundheitstipp, Brüche des Oberschenkels würden auch bei Patienten auftreten, die Medikamente von anderen Wirkstoffgruppen nehmen. Merck Sharp & Dohme (MSD) sagt, Fosamax sei bereits an 17 000 Patienten getestet. Das Mittel sei in der Therapie eine «wirksame und wertvolle Option» und erst noch sicher. Hersteller Amgen sagt, die Wirksamkeit von Prolia sei in Studien «bestens belegt».
Roche räumt ein, dass eine entzündete Speiseröhre eine «bekannte Nebenwirkung» sei und ein Risikofaktor für Krebs. Das gelte aber nicht nur für Bonviva, sondern für alle Medikamente dieser Wirkstoffgruppe.
Daiichi Sankyo sagt, Evista vermindere nicht nur Brüche der Rückenwirbel, sondern auch die Anzahl anderer Knochenbrüche um gegen die Hälfte. Das Risiko für Blutgerinnsel sei vergleichbar mit einer Hormonbehandlung in den Wechseljahren. Und Eli Lilly, Hersteller von Forsteo, schreibt, die unerwünschten Wirkungen würden in der Regel nur zu Beginn der Therapie auftreten.
Tipps: Das schützt vor schwachen Knochen
- Gehen Sie oft nach draussen: Das Sonnenvitamin D stärkt die Knochen.
- Gehen Sie viel spazieren: Das stärkt Muskeln und Gleichgewicht und verhindert Stürze.
- Vermeiden Sie Stress, machen Sie Yoga.
- Essen Sie genügend Milchprodukte, Nüsse, Hülsenfrüchte oder Grüngemüse. Sie enthalten viel Kalzium.
- Trinken Sie Mineralwasser: Es enthält ebenfalls viel Kalzium.
- Essen Sie regelmässig fetten Fisch, wie Sardinen, und Eier: Sie enthalten viel Vitamin D.
- Vermeiden Sie Alkohol im Übermass.