Anfang Juni erschien in der Gratiszeitung «20 Minuten» ein ganzseitiges Inserat der Zahnarztpraxis «Lächeln und Beissen» in Herisau AR. Darin wirbt die Praxis für ihre Behandlungen. Praxischef Martin Herrmann empfiehlt, im Kiefer Prothesen mit sogenannten Mini-Implantaten zu befestigen. Damit gemeint sind sehr dünne Schrauben. Im Inserat offeriert Herrmann 12 Prozent Rabatt für alle Behandlungen ab 2500 Franken (siehe Abbildung im PDF).
Risiko für allergische Reaktionen
Der Zürcher Implantatspezialist Claude Andreoni wirft der Herisauer Praxis «Bauernfängerei» vor. Mini-Implantate könnten schneller brechen. Denn sie seien nur halb so dick wie Standard-Implantate. Zudem drohen laut Andreoni allergische Reaktionen. Normale Implantate sind Schrauben aus reinem Titan. Mini-Implantate bestehen hingegen aus einer Mischung von Titan und anderen Metallen wie Aluminium oder Vanadium. Es gebe keine Studien, die beweisen, dass Patienten diese Mischungen gut vertragen. Bisher verwendeten Zahnärzte Mini-Implantate in der Regel nur für provisorische Lösungen.
Im Inserat schreibt Herrmann, ein Knochenaufbau sei nicht erforderlich. Auch dies stellt Claude Andreoni in Frage: «Man kann nicht in jeden Kiefer Implantate setzen ohne Knochenaufbau.» Wenn der Knochen zu schwach ist, müssen ihn Chirurgen mit Material aus dem Unterkiefer oder aus dem Beckenknochen verstärken – sonst halten die Implantate nicht (Gesundheitstipp 5/2018).
Peter Frei, Fachzahnarzt für orale Chirurgie in Sursee LU, sagt, Mini-Implantate seien nicht geeignet für Patienten, die zum Beispiel wegen Osteoporose schlechte Knochen haben. In solchen Fällen sei die Oberfläche der Schrauben zu klein, um die künstlichen Zähne stabil im Kiefer zu verankern.
«Implantate können ausfallen»
Peter Frei wirft dem Chef der Zahnarztpraxis «Lächeln und Beissen» vor, er setze die Mini-Implantate an der falschen Stelle ein. Ein Foto im Inserat zeigt eine Prothese mit sechs Implantaten unter den Frontzähnen, aber kein Implantat im hinteren Bereich. Frei kritisiert, wegen der Anordnung der Schrauben im Frontbereich entstehe beim Essen eine Kippbewegung nach hinten. In der Folge könnten sich die Implantate lockern und ausfallen.
Zahnarzt Martin Herrmann räumt ein, Mini-Implantate seien nicht für jeden Kiefer geeignet. Er könne sie aber «oft» ohne Knochenaufbau einsetzen – auch bei Patienten, bei denen das mit normalen Implantaten nicht möglich wäre. Herrmann sagt, die im Inserat abgebildete Prothese sinke im hinteren Bereich beim Beissen einen bis zwei Millimeter ein. Diese Bewegung beschädige die Implantate nicht.
Tipps
- Eine Brücke ist oft die bessere Alternative
- Implantate sind nicht für alle Patienten geeignet.
- Wenn der Kieferknochen zu dünn ist, muss ihn der Zahnarzt zunächst mit Ersatzmaterial aufbauen, bevor er Implantate setzen kann.
- Fragen Sie Ihren Zahnarzt nach Alternativen. Oft ist eine Brücke besser und günstiger.
- Lassen Sie sich von einem erfahrenen Implantatspezialisten behandeln. Adressen sind zu finden unter Implantatstiftung.ch } Kompetente Zahnärzte } WBA-Spezialisten in oraler Implantologie.