Der Preis war unschlagbar. Rund 7000 Franken kosteten die sechs Zahnimplantate, die Daniel Rieger in Ungarn einsetzen liess – Reise und Unterkunft inklusive. In der Schweiz wäre der Eingriff fast doppelt so teuer gekommen.
Der 51-Jährige aus dem Kanton Thurgau brauchte die Implantate, um sein künstliches Gebiss zu befestigen. Schon als junger Erwachsener hatte er Zahnfleischprobleme und verlor einen Zahn nach dem anderen. Doch schon nach einem halben Jahr brach ein Implantat ab. Rieger ging zum Zahnarzt Anton Wetzel in St. Gallen. Dieser stellte fest: Zwei der Implantate sind schief gesetzt. Wetzel: «So etwas darf nicht passieren. Das ist ein krasser Behandlungsfehler.»
Rieger war mit der Firma Oswald Consulting nach Ungarn gefahren. Deren Slogan «Sparen Sie blanke Tausender» prangt auf dem Infomobil, in dem Chef Franz Oswald die Patienten persönlich berät.
Die Beratung durch Oswald sei allerdings sehr oberflächlich gewesen, sagt Daniel Rieger. «Die Form der Zähne im Gebiss und ob es überhaupt zu meinem Gesicht passt, das war gar kein Thema.» Auch in Ungarn habe keine vertiefte Beratung stattgefunden: «Dort wird nur noch kurz erklärt und dann behandelt. Zum Beraten bleibt keine Zeit.»
«Qualität der Arbeit ist miserabel»
Auch Tamara Ott fuhr mit Oswalds Firma nach Ungarn. Auf zwei Backenzähnen erhielt sie neue Kronen. Doch zwischen dem Rest ihrer Zähne und den Kronen sind Spalten. Dort kann man fast nicht putzen. Die Folge: eine chronische Entzündung. «Es blutet fast immer beim Zähneputzen», sagt Tamara Ott.
Sie kontaktierte Franz Oswald. Der habe zuerst versucht, die Spalten schönzureden: «Er sagte, die seien ja nur ganz klein, das sei schon in Ordnung.» Nach längerem Hin und Her gewährte ihr Oswald einen Termin in seiner eigenen Zahnklinik in Luzern. Dort setzte ihr ein Zahnarzt gratis neue Kronen ein.
Doch seither sind die Spalten noch grösser als vorher. Dies bestätigt Zahnarzt Anton Wetzel, bei dem Tamara Ott eine Zweitmeinung einholte. Wetzel befürchtet, dass man die Kronen schon in zwei oder drei Jahren ersetzen muss. Im schlimmsten Fall werde man gar einen Zahn ziehen müssen, so Wetzel. Sein Fazit: «Die Qualität dieser Arbeit ist miserabel.»
Franz Oswald stellt die Beratung von Daniel Rieger vor dem Eingriff völlig anders dar: Ein persönliches Gespräch zwischen ihm und Daniel Rieger habe «nie stattgefunden». Vielmehr sei Rieger in Ungarn «vertieft» und «eingehend» beraten worden. Dass die zwei Implantate schief seien, «kann der behandelnde Zahnarzt in Ungarn nicht nachvollziehen», so Oswald. Man habe Daniel Rieger zudem angeboten, das abgebrochene Implantat «aus Kulanz» in Ungarn zu ersetzen. Reise und Unterkunft hätte er allerdings selber zahlen müssen.
Nur auf Empfehlung von Freunden nach Ungarn
Bei Ott behauptet Oswald, man habe ihrem Wunsch nach besseren Kronen «sofort entsprochen». Er habe bis anhin nicht gewusst, dass Tamara Ott mit der Reparatur in Luzern unzufrieden sei. Er bietet ihr «eine Begutachtung durch unsere Vertrauenszahnärzte» an.
Andrea Kunz vom SPO Patientenschutz rät generell davon ab, nach Ungarn zum Zahnarzt zu reisen. Ausser, man habe Freunde in Ungarn, die einen Zahnarzt empfehlen könnten. Es sei «heikel», sich einem Reiseveranstalter anzuvertrauen: «Dann ist man dem Veranstalter ausgeliefert, was die Wahl des Zahnarztes angeht.» Wenn sich vor Ort ein schlechtes Gefühl melde, sei es sehr schwierig, die Behandlungstermine wieder abzusagen.
Zum Zahnarzt ins Ausland
Das müssen Sie wissen
- Die Qualität der Praxen ist im Ausland nicht generell schlechter als in der Schweiz. Aber sie lässt sich aus der Distanz schwer einschätzen.
- Fragen Sie im Bekanntenkreis, ob jemand einen Zahnarzt empfehlen kann.
- Komplizierte Eingriffe brauchen meist mehrere Sitzungen. Rechnen Sie mit mehreren Tagen Aufenthalt oder sogar mit zwei Reisen.
- Bei Komplikationen müssen Sie meist erneut ins Ausland reisen, um den Mangel beheben zu lassen.
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