Seinen 17. Geburtstag musste Nils Gerber (Name geändert) in der Psychiatrie feiern. Der Grund: Er litt an Depressionen und Ängsten, weil er sich in der Schule ausgegrenzt fühlte. Ein Psychiater wies ihn in die Abteilung für psychosomatische und psychotherapeutische Medizin des Berner Lindenhofspitals ein. Sieben Wochen lang bekam Nils dort im Sommer 2014 Einzel- und Gruppentherapien.
Für die Eltern hatte der Klinikaufenthalt ein böses Nachspiel: Die Krankenkasse Concordia zahlte die Kosten von rund 33000 Franken nicht. Die Begründung: Das Lindenhofspital habe laut der Berner Spitalliste einen Leistungsauftrag für die Behandlung von psychosomatischen Krankheiten, also für kombinierte körperliche und seelische Beschwerden. Nils Gerber habe aber kein körperliches Problem gehabt. Deshalb sei die Klinik der falsche Ort für ihn gewesen.
Die Eltern fielen aus allen Wolken: Sie dachten, die Kostengutsprache sei nur eine Formsache. Dies schlossen sie aus Gesprächen mit dem Belegarzt des Spitals. Nils’ Vater sagt: «Wir hatten den Eindruck, es handle sich nur um ein Versehen der Krankenkasse.»
Schriftliche Kostengutsprache verlangen
Aus Sorge um ihren Sohn leisteten die Eltern die vom Spital verlangte Vorauszahlung – in der Hoffnung, das Geld später von der Krankenkasse zurückzuerhalten. Doch die Concordia blieb hart. Sie wies die Einsprache der Eltern ab. Das Berner Verwaltungsgericht stützte den Entscheid. Bitter für die Eltern: «Wir mussten das Geld abschreiben und Anwaltskosten zahlen.»
Was die Eltern nicht wussten: Übernimmt die Grundversicherung eine Leistung, müssen Patienten nie eine Vorauszahlung machen. Und umgekehrt gilt: Wenn Patienten eine Vorauszahlung machen müssen, zahlt die Krankenkasse nicht.
Das Lindenhofspital bestreitet die Vorwürfe der Eltern. Es habe ihnen drei Tage vor dem Klinikeintritt ihres Sohnes – mit Verweis auf die abgelehnte Kostengutsprache – mitgeteilt, dass sie eine Vorauszahlung leisten müssten. Somit habe man die Informationspflicht erfüllt.
Der Fall zeigt: Wenn eine Behandlung vor dem Spitaleintritt finanziell nicht geregelt ist, kann es für Patienten teuer werden. Bei vielen Behandlungen ist eine schriftliche Kostengutsprache der Kasse nötig – etwa bei Spitalaufenthalten in der privaten oder halbprivaten Abteilung oder bei bestimmten Operationen, bei Rehabilitationskuren, langen Psychotherapien oder speziellen Medikamenten.
Die Ärzte müssen Patienten informieren, ob eine geplante Behandlung über die Grundversicherung vergütet wird. Falls eine Kostengutsprache nötig ist, verlangen Spitäler diese in der Regel direkt bei der Krankenkasse. Dennoch sagt Silvia Schnydrig, Mediensprecherin der Krankenkasse Swica: «Wir empfehlen Versicherten, immer eine Kopie der Kostengutsprache zu verlangen.»
Wichtig: Telefonische Auskünfte der Krankenkasse gelten nicht als verbindliche Kostengutsprache. Denn die Patienten können mündliche Aussagen später im Streitfall kaum beweisen.