Bekommen Sie vom Meditieren gelegentlich Panikattacken?
Nein, ich habe keine Ängste, sondern bin meistens entspannt. Das verdanke ich dem jahrelangen Meditieren.
Neue Studien weisen darauf hin, dass Meditation auch Depressionen oder sogar Psychosen auslösen kann.
Dann werden die Menschen von ihrem Meditationsmeister zu wenig angeleitet. Auch ich habe manchmal Schüler, die Angst oder Panik kriegen. Doch dann reden wir unter vier Augen über die Angst und können sie so überwinden.
Und wenn die Angst bei der nächsten Meditation wiederkommt?
Ich gebe meinen Schülern Hilfsmittel. Sie können sich zum Beispiel auf etwas konzentrieren, das ihnen Ruhe und Kraft gibt.
Und wenn dann doch negative Gedanken hochkommen?
Das gehört dazu. Doch je mehr man übt, desto mehr gelingt es einem, Gedanken loszulassen.
Schaffen das alle Schüler?
Es gibt Menschen, die zehn Jahre meditieren und immer noch keine Einsicht erlangen. Dann ist Meditation vielleicht nicht ihr Ding.
Sie lehren, dass Meditation Geist, Körper und Seele heile. Wie soll das funktionieren?
Ich erzähle Ihnen eine Geschichte. Vor zwei Jahren ging ich mit einer Lungenentzündung ins Spital. Lächelnd setzte ich mich ins Bett und meditierte stundenlang. Plötzlich kamen die Ärzte und sagten, ich hätte ein sehr gefährliches Blutgerinnsel in der Lunge und müsste eigentlich schon tot sein.
Sie werden also auch krank – trotz der Meditation?
Ja. Aber die Ursache für Krankheit liegt immer im Geist. Wenn man etwas Schlimmes erlebt und nicht verarbeitet, reagiert irgendwann der Körper. Mir ging es damals wegen eines traumatischen Erlebnisses sehr schlecht, deshalb wurde ich krank. Die Meditation gab mir aber so viel Kraft, dass ich die Lungenembolie nicht nur überlebte, sondern gar nicht spürte. Ich brauchte keine Schmerzmittel und wurde ohne Operation wieder gesund.
Vielleicht war die Meditation auch schuld am Blutgerinnsel – schliesslich sitzen Sie beim Meditieren mehrere Stunden. Das kann dazu führen, dass sich das Blut in den Venen staut.
Die Ärzte sagten dasselbe. Doch sie machten Ultraschalle, während ich meditierte, und stellten fest, dass das Blut sehr gut fliessen konnte.
Wie oft meditieren Sie?
Eine bis vier Stunden pro Tag.
Warum soll das heilsam sein?
Mit Hilfe der Meditation trainieren wir geistige Ruhe und Klarheit. Unser Geist wird friedlich und gelassen, so dass wir uns weniger stressen lassen. Das fördert auch die körperliche Gesundheit.
Zur Person: Thich Duc Tinh
Der Meditationslehrer Thich Duc Tinh (62) begann sich mit 30 Jahren für den Buddhismus zu interessieren und lernte das Meditieren. Vor zehn Jahren liess er sich zum Mönch ausbilden. 2007 gründete er das buddhistische Zentrum Phat Môn in Basel.