Die 38-jährige Yolanda Boehi aus Dreien SG litt jahrelang unter Knieschmerzen. «Ein Kreuzband war angerissen, weil ich beim Rollerskaten das rechte Bein verdreht hatte», erinnert sie sich. Beim Wandern und beim Velofahren tat ihr nachher das Knie weh. Ein Spezialarzt konnte ihr nicht helfen. Dann besuchte sie einen «Erlebnisabend» des Heilers Karem Albash. «Seit diesem Abend hatte ich nie mehr Schmerzen im Knie», freut sie sich.
Positive Erfahrungen mit einem Heiler machte auch Georg von Arx (Name geändert). Er liess sich vom Berner Heiler Christoph Forrer behandeln. Danach habe er es geschafft, den Tod seiner Frau zu verkraften und wieder eine positive Lebenseinstellung zu gewinnen.
Karem Albash und Christoph Forrer bieten die sogenannte Quantenheilung an. Im Prinzip handelt es sich dabei um eine Art des Handauflegens. «Diese Technik gab es schon vorher bei der Kinesiologie», sagt Romuald Schaniel, Präsident des Schweizerischen Verbands für natürliches Heilen. Die Quantenheilung gehört zu den energetischen Heilmethoden, wie Reiki, Geistheilen oder Bioresonanz. «Das Ziel solcher energetischer Heilmethoden ist, die Energie im Körper wieder in Fluss zu bringen», sagt Schaniel.
«Das Reich des reinen Bewusstseins»
Quantenheiler wie Albash und Forrer verwenden zudem oft Begriffe aus der modernen Physik. So schreibt Forrer auf seiner Internetseite: «Quantenheilung basiert auf der Erkenntnis der Quantenphysik, dass Information der fundamentale Baustein des Universums ist.» Der US-Amerikaner Frank Kinslow, der Erfinder der Heilmethode, schreibt in einem Buch, die Quantenphysik habe «das Reich des reinen Bewusstseins» entdeckt. Ein «Bad in den Heilwassern des Bewusstseins» könne Knieschmerzen oder ein Kindheitstrauma «innerhalb weniger Minuten heilen». Der Heiler müsse das Problem des Klienten nicht genau kennen. Das Bewusstsein des Klienten heile alle Beschwerden sozusagen automatisch.
Wie die Quantenheilung im Detail funktioniert, erklärt der Heiler Karem Albash an einem «Erlebnisabend» im Zürcher Volkshaus. Er legt den Mittelfinger der linken Hand auf den Bauch und den Mittelfinger der rechten Hand auf den Kopf. So könne man «Stress auflösen» und «den Vitalkörper energetisch reinigen».
Angeberei mit Begriffen aus der Physik
Fachleute gehen auf Distanz. Der Physiker Florian Aigner von der Technischen Universität Wien sagt: «Die neue Heilmethode hat mit Quantenphysik überhaupt nichts zu tun.» Aigner wirft den Heilern vor, sie hätten Begriffe aus der Physik «recht beliebig herausgepflückt und in einem ganz anderen Zusammenhang verwendet». Peter Jüni, Professor für klinische Epidemiologie an der Universität Bern, sagt, es gebe keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass die Methode wirke. Dennoch hält Jüni es für denkbar, dass sie auf manche Patienten positiv wirkt. «Viele Menschen sind verkrampft. Wenn sie sich entspannen, kann das den Beschwerdeverlauf positiv beeinflussen.» Zudem fördere die positive Erwartung der Patienten den Heilprozess: «Wenn Patienten überzeugt sind, dass ihnen eine bestimmte Behandlung helfen kann, werden sie schneller gesund.»
«Viele sind auf den Zug aufgesprungen»
Auch Verbandspräsident Schaniel beurteilt die Quantenheilung kritisch: «Einige Heiler betreiben diese Methode als Manipulation und als Show.» Viele Heiler seien «auf den Zug aufgesprungen», weil die Ausbildung schnell geht: Schon nach zwei Wochenenden könne man als Heiler arbeiten. Die Methode könne nützlich sein, wenn ein Anbieter auch als Naturheiler, Physiotherapeut oder Arzt ausgebildet sei.
Zur Kritik der Fachleute sagt Karem Albash, was er mache, sei «eine Form der Meditation». Wissenschaftliche Studien hätten die positive Wirkung der Meditation bewiesen.
Christoph Forrer sagt: «Die Rückmeldungen von ehemaligen Seminarteilnehmern genügen mir als Beweis der Wirksamkeit.» Frank Kinslow schreibt in einer Stellungnahme, seine Heilmethode habe «genau genommen» nichts mit der modernen Physik zu tun. Er bezeichne mit dem Begriff «Quanten» unsichtbare Naturkräfte.
Tipps - Alternative Heiler: Darauf kommt es an
- Eine Liste der geprüften Heiler führt der Schweizerische Verband für natürliches Heilen. Sie können die Liste abrufen unter www.svnh.ch
- Eine Liste der alternativen Heilmethoden, die die Krankenkassen in der Regel zahlen, finden Sie unter www.emr.ch/emr-public/methoden.las
- Fragen Sie vor der Behandlung, ob Ihre Krankenkasse die Therapie bezahlt. Sonst riskieren Sie, dass Ihr Gesuch um Kostenübernahme abgelehnt wird.
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