Wenn Theodor Itten aus St. Gallen früher seinen Ärger runterschluckte, kam es nicht gut. Denn der Groll rumorte im Bauch weiter, bis die Wut so gross war, dass sie plötzlich ausbrach. «Dann brüllte ich mein Gegenüber an», sagt der 62-Jährige.
Wutanfälle sind nicht nur unangenehm für die Umgebung, sondern können für den Tobenden tödlich enden. Denn sie belasten das Herz, wie eine neue Studie im «European Heart Journal» vom März zeigt.
Die Forscher der US-amerikanischen Harvard Medical School werteten neun Untersuchungen aus. Ergebnis: Zwei Stunden nach einem Zornausbruch ist die Gefahr, einen Herzinfarkt zu erleiden, fünfmal grösser als im ruhigen Zustand. Das Risiko für Schlaganfälle verdreifacht sich.
Gefährdet sind Personen, die mehrmals täglich ausrasten – insbesondere, wenn sie bereits schon einmal eine Herz-Kreislauf-Krankheit hatten, rauchen oder übergewichtig sind. Bei Wut schlägt das Herz schneller und der Blutdruck steigt. Das kann zu Blutgerinnseln führen und die Herzgefässe verstopfen.
Doch Menschen sind ihrer Wut nicht hilflos ausgeliefert. Das zeigt das Beispiel von Theodor Itten. Er hat gelernt, mit Wut umzugehen – und machte seine Schwäche zum Beruf: Itten ist Psychotherapeut und auf Jähzorn spezialisiert.
Das wichtigste Rezept sei, über Gefühle zu reden, sagt er. «Wenn mich jemand nervt, akzeptiere ich das nicht kommentarlos.» Vielmehr bitte er das Gegenüber, damit aufzuhören, lange bevor er zornig werde. «So baue ich den Groll ab.» Staut sich trotzdem einmal Wut an, empfiehlt Itten Notmassnahmen. «Dann sollte man den Raum verlassen.» Tief durchatmen oder ein Spaziergang könne helfen, herunterzukommen. Auch die Vogelperspektive beruhige. Dabei betrachtet der Wütige die Situation und seine Gefühle wie ein Zuschauer von aussen und fühlt sich weniger im Zorn gefangen.