Sie müssen in WCs Fäkalien und Urin wegputzen. Wie empfinden Sie diese Arbeit?
Viele WC-Benutzer sind dankbar für das, was ich tue. Manche drücken mir 20 Franken in die Hände und wechseln mit mir ein paar nette Worte. Für solche Momente stehe ich jeden Tag gern auf.
Sind alle WC-Benutzer so nett?
Nein. Es gibt Kunden, die frech werden, wenn sie betrunken sind.
Was bekommen Sie von solchen Kunden zu hören?
Einige beschimpfen mich und sind wütend, weil sie fürs WC Geld zahlen müssen. Manche hinterlassen dann auf der Toilette absichtlich eine Schweinerei – nach der Devise: Wenn ich schon zahlen muss, soll die Putzfrau gefälligst putzen.
Gibt es aufgrund der Pandemie vermehrt solche Situationen?
Ja. Ich erlebe die WC-Gäste seither als launischer als vorher, oft sind sie deprimiert und unfreundlich. Sie grüssen mich kaum und schnauzen mich schnell an.
Zermürbt Sie das?
Nein. Ich lasse Beschimpfungen nicht an mich heran. Es ist ja mein Job, die WCs sauber zu halten.
Es heisst oft, öffentliche WCs würden als Sexkabinen missbraucht. Stimmt das wirklich?
Ich erwische tatsächlich immer wieder mal Paare beim Sex.
Wie reagieren Sie?
Ich nehme das nicht so ernst. Ich glaube, den meisten Paaren ist die Situation unangenehmer als mir.
Treffen Sie in den WCs auch auf Drogensüchtige?
Ja, das kommt vor. Ich sammle oft gebrauchte Spritzen ein oder muss Spuren von Drogen entfernen.
Spritzen können leicht Krankheitserreger übertragen. Wie gehen Sie damit um?
Ich nehme die Spritzen sehr vorsichtig auf und entsorge sie in einem dafür vorgesehenen Sammelbehälter. Viele Fixer nehmen ihre Spritzen glücklicherweise wieder mit.
Weisen Sie die Fixer aus den WC-Anlagen weg?
Nein, das ist nicht meine Aufgabe. Zudem arbeite ich oft allein. Da will ich keine unangenehmen Situationen provozieren.
Was ist das Schlimmste, das Sie je erlebt haben?
Vor einigen Jahren griff mich eine Kundin an. Sie wollte nach dem Ende meiner Schicht auf die Toilette. Ich erklärte ihr, dass die WCs geschlossen seien. Da beschimpfte sie mich und schlug mir ins Gesicht.
Wie erging es Ihnen danach?
Nicht gut. Ich hatte einige Wochen lang Mühe, abends zu arbeiten. Inzwischen geht es mir aber wieder gut.
In WCs lauern gefährliche Keime. Wie schützen Sie sich?
Ich trage Gummihandschuhe. WCs sind für mich keine Keimschleudern. Da ich die Kabinen ständig putze und schrubbe, ist es dort vermutlich sauberer als anderswo.
Stört Sie der Geruch?
Wenn es stark stinkt, zünde ich ein Zündholz an. So lassen sich unangenehme Gerüche überdecken. Oder ich benutze einen Duftspray.
Was tun Sie als Erstes, wenn Sie nach Hause kommen?
Ich gehe unter die Dusche.
Zur Person
Brigitte Houssami
Brigitte Houssami-Wirz putzt seit acht Jahren öffentliche Toiletten in der Stadt Zürich. Die 60-Jährige ist Mutter von fünf Kindern und lebt in Zürich.