Andreas Kirchheim (66) aus Pfungen ZH unternimmt jeden Sommer mehrtägige Wandertouren. «Ich erlebe Landschaften auf ganz andere Weise, als wenn ich nur einen Tag wandern würde», sagt er. Er sei viel entspannter, weil er nicht am gleichen Tag einen Zug oder einen Bus erreichen müsse. Hinzu kommen unvergessliche Erlebnisse.
So sah er einmal von der Blüemlisalphütte bei Kandersteg BE ein Wetterleuchten – Blitze in weiter Ferne. «Es sah aus wie auf einem Gemälde von Caspar David Friedrich», erzählt Kirchheim.
Ein anderes Mal stieg er bei Schneetreiben zur Glarner Claridenhütte auf. «Am nächsten Tag wechselte das Wetter.» Er wanderte bei strahlender Sonne weiter. Nicht zuletzt geniesst er auf den Touren die Gespräche. Denn er wandert meist mit Freunden aus der Jugendzeit.
Balsam für Körper und Geist
Mehrtägige Wanderungen sind nicht nur gut für die Fitness, sondern auch für die Seele. Eine Studie der Uni Innsbruck (A) zeigte im letzten Jahr: Wer mehrere Tage lang unterwegs ist, fühlt sich besser. Und: Der Effekt hält an, wenn die Tour längst vorbei ist.
Die Forscherin befragte 58 Wanderer vor, unmittelbar nach einer Tour und vier Wochen später. Ergebnis: Sie waren weniger gereizt, schliefen besser und hatten weniger Kopfweh als vor der Tour. Eine dänische Übersichtsstudie kam 2021 zum Schluss: Mehrtägige Wanderungen eignen sich bei emotionalen Problemen besser als Erlebnisse, bei denen man körperlich nicht aktiv ist.
Experten bestätigen das. Heinz Staffelbach aus Winterthur ZH hat mehrere Bücher über lange Wanderungen verfasst. Er sagt: «Beginnt man nach einer anstrengenden Zeit eine Tour, passiert am ersten Tag innerlich noch nicht viel.» Er selber sei dann am Grübeln und Planen. «Erst ab dem zweiten Tag bin ich entspannt und kann Kraft tanken.» Schon zweitägige Wanderungen seien für ihn viel erholsamer als eine eintägige Tour.
Der Gesundheitstipp hat mit Lukas Stadtherr von Schweizmobil und dem Wanderleiter Beat Truffer aus Adliswil ZH acht Wandertouren zusammengestellt. Sie dauern je drei Tage und führen an Orte, an denen man meist komfortabel übernachten kann.
Touren für jeden Wander-Typ
Die Auswahl bietet für jeden Geschmack etwas: Die leichten Touren im Flachland verlaufen oft in der Nähe von Seen. Auf den mittelschweren Routen kann man in die Bergwelt eintauchen. Dazu kommen Touren mit vielen Höhenmetern, für die man körperlich fit sein sollte – etwa die Vier-Täler-Route im Tessin: Man startet in Lavertezzo im Verzascatal, wandert nach Maggia, ins Vergeletto und dann ins Onsernonetal.
Eine weitere Tour führt von Splügen übers Safiental zum Berggasthaus Turrahus, wo man übernachten kann. Am folgenden Tag gehts über den Tomülpass nach Vals. Lukas Stadtherr: «Das ist eine tolle Passwanderung auf historischen Pfaden.»
Zuerst steigt man bei prächtiger Aussicht auf den Tomülpass, von dort geht es weiter durch eine unberührte Berglandschaft und dann hinunter nach Vals: Der bekannte Bergort bietet zahlreiche Möglichkeiten zum Einkehren und Übernachten sowie ein Thermalbad. Am nächsten Tag wandert man über den Valserberg zum Hinterrhein.
Eine leichtere Wanderung ist die Strada Alta Leventina im Tessin. Man startet in Airolo und wandert auf alten Wegen durch malerische Dörfer. Dabei verändert sich die alpine Welt nach und nach, bis man im fast schon mediterranen Biasca ankommt.
Das braucht es für eine mehrtägige Wandertour
Wer eine Wanderung in mehreren Tagesetappen plant, muss einige Punkte beachten. So sollte man körperlich in guter Verfassung sein. Am besten macht man zunächst eine vergleichbare eintägige Wanderung. Wer diese ohne Probleme bewältigt, an Sehnen und Gelenken keine Schmerzen hat und am folgenden Tag weiterwandern könnte, bringt gute Voraussetzungen mit.
Tipp: Einige Routen lassen sich mit der Seilbahn oder dem Postauto abkürzen. So kann man zum Beispiel in Davos mit der Schatzalpbahn ein paar Höhenmeter einsparen.
Beim Planen ist darauf zu achten, dass man eine Übernachtung in gewissen Hütten und Hotels schon mehrere Wochen im Voraus reservieren muss. Zudem sollte man den Wetterbericht studieren und eine Karte im Massstab 1:25000 mitnehmen. Geübte können die Karte auch aufs Handy herunterladen. Wichtig: Das Gerät vollständig aufladen und für alle Fälle einen Zusatzakku mitnehmen.
Zwingend sind ausserdem stabile Wanderschuhe, welche die Knöchel stützen. Sie sollten gut eingelaufen sein. Gegen allfällige Blasen helfen Blasenpflaster. Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser sagt: «Am besten klebt man das Pflaster bereits auf, wenn man am Fuss einen Druck spürt.»
Wer auf die Tour Wanderstöcke mitnimmt, sollte sie nur beim Abwärtsgehen einsetzen (Gesundheitstipp 6/2023). Auch Andreas Kirchheim wandert mit Stöcken: Er hat eine leichte Kniearthrose und ein künstliches Hüftgelenk. Ansonsten achtet er darauf, dass er nicht allzu viel in seinen Rucksack packt. Meistens wählt er ein eher kleineres Modell. Seine Frau sage immer: «Man braucht so viel Platz, wie man hat.»
Das gehört in den Rucksack
- Wasser: Prüfen Sie, ob Sie Ihre Flasche auf der geplanten Route auffüllen können. Wenn nicht, nehmen Sie 1,5 Liter Wasser mit, je nach Länge der Tour auch mehr.
- Proviant: Brot, Salsiz und Trockenfrüchte lassen sich gut drei Tage aufbewahren. Fragen Sie bei der Reservation einer Hütte nach, ob Sie dort Proviant kaufen können.
- Kleider: Faserpelz oder Wärmeschutzjacke, regendichte Windjacke, Adiletten oder Flip-Flops für die Hütte, Regenhülle für den Rucksack.
- Schlafsack: Je nach Komfort in einer Hütte kann sich der Kauf eines Seidenschlafsacks lohnen. Er lässt sich ganz klein zusammenfalten und misst dann nur 8 x 14 Zentimeter. Kosten: etwa 55 bis 70 Franken.
- Zubehör: Kleine Apotheke mit Pflastern, Desinfektionsmitteln, Schmerztabletten, Blasenpflastern, dazu Sonnencreme, Sonnenbrille, Sonnenhut mit Nackenschutz, Lippenpomade.
- Handy: Voll aufgeladen, Zusatzakku (Powerbank) für unterwegs.