Astrid Sobernheim aus Niederrohrdorf AG und ihr Mann waren in den Berner Alpen unterwegs. Sie wollten von der Schynigen Platte zum First wandern. «Wir waren genau in der Hälfte, hatten drei Stunden hinter und drei Stunden vor uns», erzählen die beiden. Da passierte es: Beim Wanderschuh ihres Mannes löste sich die Sohle vorne ab.
«Zum Glück hatte ich im Rucksack etwas Schnur dabei», erzählt Astrid Sobernheim. Damit banden sie die Sohle fest. Den Rest der Wanderung konnten die beiden aber nicht mehr richtig geniessen: «Wir hatten Angst, dass sich die Sohlen noch ganz ablösen.»
Die Zwischensohle zersetzt sich und löst sich vom Schuh
Wie dem Ehepaar Sobernheim/Keller geht es vielen. Wanderleiter Alois Kiser aus Laufenburg AG hat auf seinen Touren schon bei vielen Gästen gesehen, dass die Sohle sich löste. «Letztmals passierte es vor etwa zehn Tagen auf einer Bergwanderung über den Gletscher zur Monte-Rosa-Hütte im Wallis.» Der Grund für das Lösen der Sohle ist die Zwischensohle, die die Profilsohle mit dem Schuh verbindet. Sie ist aus Polyurethan. Warum sich dieser dämpfende Schaumstoff auflöst, ist nicht restlos geklärt.
Polyurethan reagiert mit Wasser, Fachleute sprechen von Hydrolyse. Dabei zersetzt sich der Schaumstoff. Das O-Ring Prüflabor Richter aus Grossbottwar (D) schrieb 2020 in einer Analyse über Polyurethan, dass dazu die Luftfeuchtigkeit aus der Umgebung reiche. Bereits «übliche Lagerbedingungen» könnten Polyurethan nach einigen Monaten unbrauchbar machen. Säure und erhöhte Temperaturen würden den Prozess beschleunigen. Auch die Zeit spiele eine Rolle. Das heisst, fabrikneue Schuhe sind kaum betroffen, ältere Modelle vermehrt.
Unklar ist auch, ob der regelmässige Gebrauch den Prozess bremst. Wanderfachleute beobachten, dass vor allem Schuhe, die man lange nicht mehr braucht, betroffen sind. Es könnte deshalb sein, dass Bewegung die Feuchtigkeit wieder aus der Sohle drückt. Tipp: Bei «gezwickten» Wanderschuhen sind Sohle und Schaft so verbunden, dass man den Schuh neu besohlen lassen kann. Vereinzelt gibt es auch noch rahmenvernähte Schuhe ohne Polyurethan.
So erleben Sie keine bösen Überraschungen mit der Schuhsohle
• Lassen Sie nasse Wanderschuhe gut trocknen, bevor Sie sie verstauen
• Lagern Sie die Wanderschuhe in einem trockenen Raum, der nicht zu warm, aber gut belüftet ist.
• Bewahren Sie Ihre Schuhe nicht im heissen Auto auf. • Benützen Sie Ihre Wanderschuhe regelmässig.
• Kontrollieren Sie die Schuhe vor Gebrauch: Hält die Sohle hinten und vorne? Ist die Zwischenschicht noch ganz?
• Machen Sie den Drucktest: Nehmen Sie einen nicht allzu spitzigen Gegenstand wie einen Schlüssel und drücken Sie leicht am Fersenkiel gegen die Zwischensohle. Der Kunststoff sollte leicht nachgeben, aber sofort wieder in die Ausgangsposition zurückkehren.
• Wenn Sie die Wanderschuhe nach langer Zeit wieder einmal tragen: Machen Sie einen etwa einstündigen Spaziergang. So sehen Sie, ob die Sohle noch hält.
• Nehmen Sie Kabelbinder oder ein starkes Klebeband mit auf die Wanderung.