Die Enttäuschung steht Armin Furrer ins Gesicht geschrieben. In den letzten Monaten erhielt der 68-Jährige immer wieder negativen Bescheid von Sportartikelherstellern: Im Februar schickte ihm die Firma Komperdell eine Absage. Im April sandte ihm Hersteller Leki seine Unterlagen zurück. Ähnlich reagierten Firmen aus Frankreich und den USA. Dabei zeigt eine Studie die Vorteile des Wanderstocks, den der Luzerner Erfinder entwickelt hat. Das besondere: Der Griff ist waagrecht und zeigt nach vorne.
Im letzten Sommer testete die Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) den Prototyp des neuen Wanderstocks, den Armin Furrer in jahrelanger Arbeit entwickelt hatte. Der Basler Bergführer Tobias Erzberger war als Testperson dabei. Er ist überzeugt, dass Furrers Wanderstock grosse Vorteile hat: «Ich hatte mehr Kraft in den Armen und konnte die Hüft- und Kniegelenke besser entlasten.»
Die Empa-Studie zeigte: Furrers Wanderstock überträgt viel mehr Gewicht auf den Boden als die Wanderstöcke, die man in Sportgeschäften kaufen kann. Der Unterschied betrug durchschnittlich rund 75 Prozent. Empa-Ingenieur Bernhard Weisse, der die Studie durchführte, sagt, Furrers Design sei «eine sehr schlaue Idee».
Armin Furrer erklärt: «Wenn man mit meinem Stock wandert, ist der Ellbogen nur leicht angewinkelt.» Daher könne man das Körpergewicht besser auf den Griff abstützen, vor allem beim Bergabgehen. Auf die Idee kam Armin Furrer, als er vom Atlantik über die Pyrenäen bis zum Mittelmeer wanderte. Weil ihn die Knie schmerzten, kaufte er sich unterwegs Trekkingstöcke. Doch diese verursachten ihm Schmerzen und Blasen an den Händen. «Ich war mir sicher, dass man das besser machen kann.»
Design für Hersteller «zu wenig dynamisch»
Zurück in Luzern, begann er, Wanderstockgriffe in neuen Formen zu bauen – anfänglich aus einfachen Materialien wie Plastikrohren und Aluprofilen, schliesslich mit einem 3-D-Drucker.
Seinen Wanderstock liess er mit Hilfe eines Anwalts patentieren. Systematisch sucht er nun ein Unternehmen, das den Stock produzieren möchte. Doch die Grossen der Branche speisen ihn meist nur mit dürren E-Mails ab. «Oft bekomme ich gar keine Antwort», sagt Furrer. Ein französischer Hersteller schrieb ihm, sein Stock sehe zu wenig dynamisch aus.
Das zeigt: Die Sportartikelfirmen verkaufen lieber Stöcke, die schick aussehen, als ein neues Produkt auf den Markt zu bringen, das für die Gesundheit der Gelenke nachweislich einen grösseren Nutzen hat. Das österreichische Unternehmen Komperdell schreibt auf seiner Website, es sei «der Zeit einen Schritt voraus». Doch auch Komperdell wimmelte Furrer ab und schrieb, man sehe «zurzeit keine Chance», seinen innovativen Stock auf den Markt zu bringen.
Komperdell-Geschäftsführer Maximilian Bolzer begründet die Absage gegenüber dem Gesundheitstipp damit, Furrers Stock erfordere eine «neue Art des Wanderns», die seine Firma den Leuten «nicht verkaufen könne». Wanderleiterin Anita Panzer aus Feldbrunnen SO, die beim Empa-Test mitmachte, hält die Begründung von Komperdell für eine Ausrede: «Nach 20 Minuten hatte ich mich an die Stöcke gewöhnt.»
Eine deutsche Firma kupferte Furrers Idee ab
Zumindest ein Hersteller hat das Potenzial von Armin Furrers Idee erkannt. Bereits im Sommer 1997 zeigte Furrer einem deutschen Hersteller Zeichnungen seines Wanderstockgriffes. Kurze Zeit später stellte Furrer fest, dass die Firma einen Wanderstock mit ähnlich geformtem Griff ins Programm aufgenommen hatte.
Dennoch hat Armin Furrer noch viele Projekte im Kopf, die er weiter verfolgen will. «Es reizt mich, mangelhafte Produkte zu verbessern», erklärt er. Deshalb macht er weiter – trotz allen Absagen und Enttäuschungen.
Wanderstöcke richtig einsetzen
- Setzen Sie die Stöcke nur bergab ein. Denn geht man hie und da ohne Stöcke, trainiert man die Balance.
- Ziehen Sie die Schlaufen beim Bergabgehen aus, damit Sie sich im Falle eines Sturzes besser auffangen können.
- Verwenden Sie an exponierten Stellen nur einen Stock, damit Sie sich festhalten können.
- Beim Geradeaus- oder Bergabgehen sollte der Ellbogen einen Winkel von 90 Grad oder mehr haben. Verkürzen Sie die Stöcke um 5 bis 10 cm, falls Sie diese auch einmal bergauf einsetzen wollen.
- Bei einem Test des Magazins «Saldo» schnitten folgende Wanderstockmodelle «sehr gut» ab («Saldo» 9/2020): Black Diamond Alpine Carbon Cork, MSR Dynalock Explore, Komperdell Explorer Contour, Komperdell C3 Carbon Pro.