Vor neun Jahren merkte Ursula Brunner, dass etwas mit ihren Händen nicht mehr stimmte: «Ich hatte immer wieder Schmerzen in den Fingern und am Morgen fühlten sich meine Hände steif an.» Die Diagnose beim Arzt: Polyarthritis – auch rheumatoide Arthritis genannt. Bei dieser Rheumakrankheit greift der Körper selbst die Gelenke an. Diese entzünden sich, schmerzen und werden weniger beweglich.
Die Krankheit macht Ursula Brunner den Alltag schwer: «Rüebli schneiden geht kaum mehr», sagt die 48-Jährige aus Affoltern am Albis ZH. Sie braucht deshalb geeignete Hilfsmittel für Rheumakranke, wie zum Beispiel ein Messer mit einem speziell geformten Griff oder ein Gerät, um Gläser mit Drehverschluss mit weniger Kraftaufwand zu öffnen.
Bei Ursula Brunner sind vor allem die Finger betroffen. «Aber manchmal spüre ich es auch in den Füssen.» Sie braucht Medikamente, die das Fortschreiten der Polyarthritis bremsen – eine sogenannte Basistherapie mit Mitteln wie Methotrexat, Arava und Plaquenil.
«Methotrexat vertrug ich jedoch gar nicht», erinnert sich Ursula Brunner. «Ich hatte davon ständig Infekte und setzte es schliesslich wieder ab.» Wenn sie die Schmerzen allzu sehr plagen, nimmt sie zusätzlich das Rheumamittel Olfen, manchmal braucht sie auch Kortison, um Entzündungen zu bekämpfen.
Doch solche Rheumamittel führen immer wieder zu Problemen: Entweder lindern sie die Beschwerden zu wenig, oder die Patienten leiden unter Nebenwirkungen. Dies gilt auch für jene Medikamente, die Ärzte bei Rheuma besonders häufig verschreiben, wie zum Beispiel Voltaren, Brufen, Apranax oder Celebrex. Diese bekämpfen ebenfalls Entzündungen, enthalten aber kein Kortison.
Auch bewährte Wirkstoffe sind bedenklich
Diese kortisonfreien Rheumamittel stehen seit längerem in der Kritik: Sie schaden nicht nur oft dem Magen, sondern sind auch riskant fürs Herz. Bekannt wurde dies zuerst bei Vioxx. Der Hersteller MSD musste das Rheumamittel vor zehn Jahren vom Markt nehmen, weil Patienten Herzinfarkte und Schlaganfälle erlitten.
Unterdessen wird immer deutlicher, dass auch andere kortisonfreie Rheumamittel das Herz belasten, insbesondere solche mit den Wirkstoffen Diclofenac und Ibuprofen. Kürzlich bestätigte dies eine grosse Übersichtsstudie im Fachblatt «Lancet». Die beiden Mittel erhöhten das Risiko um gut 40 Prozent. Laut den britischen Forschern sei lediglich der Wirkstoff Naproxen fürs Herz kein Problem.
Wolfgang Becker-Brüser von der kritischen Fachzeitschrift «Arznei-Telegramm» kommt zum Schluss: «Diclofenac und Ibuprofen sollte man nur für kurze Zeit nehmen und nur, wenn das Herz gesund ist.» Für Menschen mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Krankheiten eigne sich Naproxen besser, so Becker-Brüser. Dies gelte zum Beispiel für jene, die bereits einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten hätten, aber auch bei Risikofaktoren wie hohem Blutdruck, Diabetes und Rauchen.
Es gibt noch bessere Alternativen: Schmerzmittel mit dem Wirkstoff Paracetamol. Sie sind meist gut verträglich, auch wenn man sie über längere Zeit nimmt. Einige Ärzte setzen auch Metamizol ein, das aber massive Nebenwirkungen haben kann. Bei sehr starken Schmerzen kommen auch Opiat-ähnliche Schmerzmittel zum Einsatz, als Tabletten oder auch als Schmerzpflaster.
Hersteller bestreiten die Risiken nicht
Hersteller Novartis bestätigt, dass Medikamente wie Voltaren ein «leicht erhöhtes» Risiko für Ereignisse haben, die durch Blutgerinnsel entstehen. Dies betreffe aber die ganze Medikamentengruppe und sei bei Voltaren nicht höher. Novartis sei vom «positiven Nutzen-Risiko-Profil» ihres Rheumamittels überzeugt. Auch Generika-Hersteller Mepha Schweiz bestreitet das Risiko nicht: Dies sei auch in der Patienteninformation ihrer Produkte Olfen und Irfen vermerkt. Das Risiko hänge von der Dosis ab. Ohne ärztliche Verschreibung solle man die Mittel nicht länger als drei Tage einnehmen, so Firmensprecher Christoph Herzog. Abott, Herstellerin von Brufen, wollte sich nicht äussern.
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Medikamente gegen Rheuma
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- Montag, 27. Januar, 9 bis 13 Uhr
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