Herr Maggi, in den Medien werden Sie als «Guerillagärtner» bezeichnet. Gegen wen führen Sie Krieg?
Mir gefällt dieses Wort nicht. Was ich mache, hat nichts mit Krieg zu tun. Ich möchte den öffentlichen Raum beleben.
Zum Beispiel, indem Sie Kürbisse in Baumrabatten säen.
Ich dachte, wenn zwischen Parkplätzen plötzlich ein Kürbis wächst, fragen sich die Passanten, was macht denn der da? Darf der da wachsen?
Gemüse in Baumrabatten irritiert die Leute. Wollen Sie das?
Es irritiert nicht alle Leute. Viele haben Freude daran. Als ich im Küchenschrank zu viele Fenchelsamen hatte, säte ich die im Quartier aus. Daraus wuchsen zwei Meter hohe Fenchel, die wunderbar dufteten. Im Sommer beobachtete ich, wie eine indische Familie die Samen erntete.
Studien zeigen, dass Gemüse, das nahe an Strassen wächst, mit Schwermetallen belastet ist.
Das Gemüse, das ich in der Stadt anbaue, esse ich nur ab und zu. Ich möchte mich nicht ausschliesslich von Stadtgemüse ernähren. Aber wenn ich am Strassenrand Holunderbeeren sehe, dann pflücke ich die. Ich trinke im Winter jeden Tag ein Glas Holundersaft. Da hat es vielleicht ein wenig Blei drin, aber ich lebe immer noch.
Zucchetti und Kürbisse sind nahe am Boden. Hunde können dranpinkeln. Das ist nicht besonders hygienisch.
Auch auf dem Land hat es Tiere, die frei herumlaufen. Ich möchte auch nicht ein Rüebli ernten beim Letzigrundstadion, wo alle Fussballfans hinpinkeln. Aber in einer verkehrsberuhigten Quartierstrasse – warum nicht? Beim Kürbis schneidet man die Schale ab, dann ist das kein Problem. Und Bärlauch sammle ich fast in der ganzen Stadt.
Hatten Sie nie Bauchweh?
Nein – nur, wenn ich mal zu viel Bärlauch ass. Hunde können Parasiten haben. Ich schneide den Bärlauch nicht dort ab, wo Hunde ihr Geschäft verrichten. In einem Park in der Nähe meiner Wohnung wächst extrem viel Bärlauch. Dort müssen die Hunde an der Leine sein. Das Gemüse, das Grossverteiler verkaufen, nehmen viele Menschen in der Produktion und auch im Laden in die Hände. Das ist auch nicht unbedingt sehr hygienisch.
In Ihrem neuen Kochbuch schlagen Sie ein Rezept mit Eibenbeeren vor. Die sind giftig.
Nein, nur die Kerne sind giftig. Man darf die Beeren nicht mit dem Mixer pürieren. Aber wenn man sie durch ein Sieb streicht, sind sie nicht gefährlich.
Wie kamen Sie auf die Idee?
Ich ass schon als Kind gern Eibenbeeren. Damals nannten wir sie «Schnuderbeeri». Die schmecken wunderbar süss und sehr aromatisch. Die Kerne spuckte ich aus.
Zur Person: Maurice Maggi
Der 58-jährige Maurice Maggi ist ausgebildeter Gärtner, arbeitet aber seit über zwanzig Jahren als Koch. Bekannt wurde er, als er mitten in der Stadt Zürich in Baumrabatten Malven säte. In seinem neuen Kochbuch «Essbare Stadt» (AT Verlag, ca. Fr. 50.–) schlägt er Rezepte vor mit wilden Pflanzen, die in der Stadt wachsen.