Spitex Schweiz ist die grösste Spitexvereinigung des Landes: 400 Organisationen in 24 Kantonalverbänden sind gemäss Spitex Schweiz Mitglieder des Vereins. Sie betreuen laut den Angaben auf der Website gegen 300000 Patienten. Sie rechnen ihre Spitex-Leistungen teilweise über die Krankenkasse ab. Auch die öffentliche Hand übernimmt einen Teil der Kosten.
Doch die Spitex Schweiz geht auch umstrittene Kooperationen mit Sponsoren ein – zum Beispiel mit dem österreichischen Hörgerätehersteller Neuroth.
Die gemäss Spitex «intensive Partnerschaft» mit Neuroth sieht unter anderem so aus: Neuroth darf Spitex-Mitarbeiter im Umgang mit Hörgeräten schulen und gibt ihnen «Handlungsempfehlungen» mit, wenn sie feststellen, dass die Patienten nicht mehr gut hören. Spitex-Mitarbeiter erhalten laut dem «Spitex Magazin» Bestelllisten für Hörgeräte-Ersatzteile und geben pflegebedürftigen Kunden Formulare ab, mit denen diese einem Besuch des Neuroth-Vertreters zustimmen.
600 000 Franken aus Sponsoren-Verträgen
Spitex-Kunden können nach solchen Besuchen Hörgeräte probetragen und erhalten einen Gutschein für einen Rabatt beim Kauf eines Hörgeräts in einer Neuroth-Filiale. Im «Spitex Magazin» finden sich Berichte zu Hörgeräten sowie Neuroth-Werbung. Kurz: Die Pflegemitarbeiter der Spitex werden zum verlängerten Arm von Neuroth. Der Hörgerätehersteller erhält mit einem Schlag Zugang zu gegen 300000 potenziellen Käufern.
Spitex Schweiz verrät dem Gesundheitstipp nicht, wie viel Geld der Verband von Neuroth für diese Zusammenarbeit erhält. Laut Geschäftsbericht nahm er vergangenes Jahr knapp 600000 Franken von Sponsoren ein.
Fachleute zeigen sich entsetzt. Der Gesundheitsökonom Heinz Locher sagt: «Eine solche Zusammenarbeit ist inakzeptabel.» So würden die Kunden einseitig über Neuroth-Hörgeräte informiert. Doch in der Schweiz sind auch Hörgeräte anderer Hersteller erhältlich, etwa von Bernafon, Phonak, Sonetik, Oticon oder Fielmann. Auch Apotheken verkaufen Hörgeräte.
Neuroth gibt gegenüber dem Gesundheitstipp zu, dass vor allem die eigenen Hörgeräte vorgeführt würden. Für Locher ist klar: «Die Gemeinden und die Kantone müssten sofort die Auflösung dieses Exklusivvertrags verlangen.»
Behörden wollen den Vertrag überprüfen
Auch das Sekretariat der Wettbewerbskommission hält den Vertrag für heikel und sagt, man werde ihn überprüfen. Sprecher Stefano Dozio kritisiert vor allem, dass Spitex Schweiz andere Hersteller von Hörgeräten ausschliesse. Und Michael Jordi, Zentralsekretär der Konferenz der kantonalen Gesundheitsdirektoren, erklärt gegenüber dem Gesundheitstipp, man werde über solches Sponsoring «diskutieren».
Marianne Pfister, Geschäftsführerin von Spitex Schweiz, hält die Zusammenarbeit für unproblematisch: «Neuroth ist für uns interessant», schreibt sie dem Gesundheitstipp, «weil wir die gleichen Werte teilen und beide Dienstleistungen für ältere Menschen anbieten.» Die Zusammenarbeit sei zudem nicht mit dem Verkauf von Produkten verbunden. «Spitex-Mitarbeitende erhalten von Neuroth Fachwissen im Umgang mit Hörgeräten.» Neuroth erfahre zudem im Rahmen der Schulungen von den Herausforderungen», die sich für Pflegebedürftige mit Hörgeräten stellen würden.
Neuroth ist nicht der einzige Sponsor von Spitex Schweiz. Auch die Internetagentur Webways und der Treppenlift-Hersteller Rigert zählen dazu. Die Geldgeber erhalten laut Spitex-Website «ein massgeschneidertes Paket an Gegenleistungen.» Was dies konkret bedeutet, lässt Spitex Schweiz im Dunkeln. Auf Anfrage des Gesundheitstipp legt weder sie noch Hersteller Neuroth den Vertrag offen. Nur die Dauer der Zusammenarbeit steht fest: fünf Jahre, mit Aussicht auf Verlängerung.
Schlecht hören – richtig handeln
An folgenden Anzeichen erkennen Sie, dass Sie schlecht hören:
- Sie sagen oft «Wie bitte?» – vor allem, wenn Sie mit Kindern reden.
- Im Restaurant oder an anderen lauteren Orten verstehen Sie Ihr Gegenüber schlecht.
- Sie schauen anderen im Gespräch häufig auf die Lippen.
- Sie lehnen sich nach vorne, um andere zu verstehen.
- Sie werden bei längeren Gesprächen schnell müde.
- Sie haben Radio- und Fernsehgerät laut eingestellt.
Tipp: Der Verein Pro Audito Schweiz bietet einen telefonischen Hörtest an: Tel. 0900 400 555 (50 Rp. pro Minute, Dauer etwa 5 Minuten).
Das sollten Sie beim Kauf eines Hörgeräts beachten:
- Die Preise für Hörgeräte sind im Bereich von 1000 bis 8000 Franken. Testen Sie Geräte verschiedener Hersteller und unterschiedlicher Preisklassen.
- Meist genügen günstige und einfache Geräte ohne Zusatzfunktionen.
- Klären Sie ab, ob eine Versicherung die Kosten übernimmt: Suva, AHV oder IV vergüten nur Hörgeräte von bestimmten Herstellern. Die Liste findet man im Internet unter: www.metas.ch } Suchwort «Hörgeräteliste»
Tipp: AHV-Bezüger, die auf beiden Ohren weniger als 65 Prozent hören, haben alle fünf Jahre Anrecht auf einen Betrag von Fr. 1237.50 für zwei Hörgeräte.