Veganes Essen ist im Trend: Immer mehr Leute verzichten nicht nur auf Fleisch, sondern auch auf alle anderen tierischen Lebensmittel wie Milchprodukte und Eier. Eine Pionierin der veganen Küche ist Lauren Wildbolz: Sie eröffnete vor sieben Jahren in Zürich das erste vegane Restaurant. Wildbolz ist überzeugt: Auch schwangere Frauen und Kleinkinder könnten sich mit rein pflanzlicher Kost gesund ernähren. Das schreibt sie in ihrem neuen Kochbuch «Vegan Love». Zwar schränkt Wildbolz ein: «Der Weg dorthin ist nicht der bequemste.» Eltern, die ihre Kinder vegan aufziehen möchten, müssen, so Wildbolz, den Rat von Ernährungsexperten einholen, ihre Kinder regelmässig von einem Arzt untersuchen lassen und ihnen «ohne Wenn und Aber» Nahrungsergänzungsmittel geben.
Blutwerte wiederholt kontrollieren lassen
Kriss Micus hat fast gleichzeitig wie Wildbolz das Buch «Vegan schwanger» veröffentlicht. Darin behauptet die deutsche Autorin, pflanzliche Kost habe «grossartige Auswirkungen» auf die Schwangerschaft und auf Babys. Es sei «ganz leicht», genügend Vitamine und Mineralstoffe aufzunehmen.
Ärzte raten jedoch von veganem Essen für Schwangere und Kleinkinder ab. Oswald Hasselmann, Kinderarzt am Ostschweizer Kinderspital, sagt: «Es ist theoretisch möglich, doch der Aufwand ist sehr gross.» Mütter müssten sich und ihre Kinder von einem Arzt oder einer Ernährungsberaterin eng begleiten und ihre Blutwerte wiederholt kontrollieren lassen. Sie müssen nicht nur Vitamin-B1-Präparate einnehmen, sondern auch andere Stoffe wie Vitamin D, Zink und Omega-3-Fettsäuren, die im rein pflanzlichen Essen in zu kleinen Mengen vorkommen.
Die Basler Ärztin Brigitte Holzgreve, Gründerin der Internetseite Swissmom.ch, sagt, es sei gefährlich, wenn Buchautorin Kriss Micus die vegane Ernährung als «leicht durchführbar» darstelle: «Sie ist es selbst dann nicht, wenn man sich als Laie umfassend beraten lässt.» Wenn Eltern die Empfehlungen der Fachleute nicht korrekt umsetzten, bestehe die Gefahr eines Mangelzustands.
Kein Beleg, dass vegan essen gesünder ist
Raoul Furlano, Ernährungsspezialist am Basler Universitäts-Kinderspital, sagt, es gebe keine Studien, die belegen, dass vegane Ernährung für Kleinkinder gesünder wäre. Vegan essende Mütter und Kinder würden aber das Risiko eingehen, dass sie zu wenig lebensnotwendige Vitamine und Spurenelemente aufnehmen. Zudem hält Furlano es für fragwürdig, dass Veganer ihren Kindern immer wieder Arztbesuche und Untersuchungen zumuten. Damit würden sie auch die Gesundheitskosten in die Höhe treiben.
Zur Kritik sagt Lauren Wildbolz, die vegane Ernährung sei «alltagstauglich», weil Grossverteiler entsprechende Produkte verkaufen. Man müsse keine Wissenschaft betreiben, um Nährstoffmengen zu berechnen, und das Einnehmen von Vitamin B12 sei so einfach wie Zähneputzen. Zudem: Ihr Kind sei nicht häufiger untersucht worden als andere. Die Informationen in ihrem Buch stützen sich, so Wildbolz, auf das Wissen von drei Fachärzten.