Ohne Sonnenschutz gehe ich fast nie aus dem Haus. Ich streiche alle freien Körperstellen mit Schutzfaktor 50 ein. Als Kind hatte ich mal einen so starken Sonnenbrand, dass ich deswegen ins Spital musste. Heute bin ich sehr vorsichtig. Trotzdem hatte ich schon zweimal Hautkrebs. Einmal unter dem linken Auge und einmal am Bauch. Bei meiner Haut erscheinen gewisse Krebsarten nicht dunkel, sondern bleiben hell. Darum gehe ich einmal jährlich zum Arzt und lasse die Haut am ganzen Körper untersuchen.
Ich habe Albinismus. Meine Haare und meine Haut sind sehr hell. Der Körper kann fast kein Melanin bilden. Das ist ein Stoff, der die Haut bräunt und sie vor der Sonne schützt. Dieser Schutz fehlt mir. Dennoch liebe ich es, im Sommer schwimmen zu gehen. Ich creme mich einfach gut ein, trage einen Hut und bleibe möglichst im Schatten.
Auch in den Augen fehlt mir der Schutz: Es blendet mich schnell. Sonnenbrillen trage ich aber nicht immer. Denn damit sehe ich noch weniger als sonst schon. Meine Sehkraft beträgt nur noch etwa zehn Prozent. Es kam schon vor, dass ich in der falschen Umkleidekabine oder auf der Herrentoilette gelandet bin. Einmal bin ich in einer Hotellobby in die Glastür gelaufen, weilsie so sauber geputzt war. Nun bin ich meistens mit dem Blindenstock unterwegs. Ich habe auch immer einen Feldstecher dabei. So kann ich in Bahnhöfen die Anzeigetafeln lesen.
Obwohl ich schlecht sehe, bin ich gerne kreativ. An der Freien Kunstschule Zürich habe ich eine Ausbildung gemacht. Noch heute gehe ich gerne an Ausstellungen. Allerdings muss ich dann immer sehr nahe an die Bilder ran, um überhaupt etwas zu sehen. Da wurde ich auch schon zurechtgewiesen.
Heute bin ich einfach eine ältere Frau mit weissen Haaren. Aber als ich ein Kind war, fiel ich schon auf. Die ersten Schuljahre waren nicht einfach. Kinder können grausam sein. Da hiess es etwa: «Schau mal, die hat blond gefärbte Haare», oder: «Wie eklig, man sieht ja deine Adern.» Als Jugendliche hatte ich Mühe damit, so bleich und hell zu sein. Aber dann machten wir Ferien in Italien. Dort waren die jungen Männer begeistert von der Blondine aus der Schweiz. Mein Vater musste sie jeweils abwimmeln. Es tat mir so gut, zu spüren, dass es doch auch schön ist, hell und blond zu sein. Später blondierten sich dann viele junge Frauen die Haare, und plötzlich lag ich voll im Trend.
Ich möchte eine Selbsthilfegruppe für Leute mit Albinismus gründen. Das finde ich wichtig, weil ich spüre, wie verunsichert Eltern von betroffenen Kindern sind. Ich möchte ihnen vermitteln, dass man mit Albinismus gut leben kann.
Ich liess mich nie bremsen. Da war auch meine Familie eine grosse Hilfe. Meine Mutter setzte sich immer für mich ein. So schaffte ich es bis aufs Gymnasium, obwohl ich nie richtig bis zur Wandtafel sehen konnte. Danach wurde ich Schauspielerin und zog mit einer Theatergruppe aus New York durch Europa. Albinismus war für mich auch nie ein Grund, keine Kinder zu haben. Ich habe vier Söhne – keiner von ihnen hat Albinismus. Tatsächlich ist nur einer wirklich blond.
Albinismus: Helle Haut und schwache Sehkraft
Albinismus ist eine Krankheit des Stoffwechsels. Bei Betroffenen sind Haut und Haare sehr hell. Grund ist eine Pigmentstörung: Der Körper kann kein Melanin bilden. Diesen Farbstoff bildet die Haut normalerweise unter dem Einfluss von UV-Strahlen. So bräunt sie sich. Kann die Haut kein Pigment bilden, bleibt sie hell und reagiert viel empfindlicher auf Sonnenstrahlen. Auch die Augen enthalten kein Melanin: Lichtstrahlen dringen ungefiltert ein. Zudem entwickelt sich die Netzhaut bei ungeborenen Kindern nicht gut. Das schwächt die Sehkraft.
Infos:Albinismus.de