Die Fitnessgeräte der Firma Urbafit sehen aus wie solche aus dem Fitnessstudio. Der Unterschied: Sie stehen im Freien auf Sportplätzen oder in Parks – gratis und frei zugänglich für alle. Die Geräte sollen Kraft und Ausdauer fördern. Rund 40 Schweizer Städte und Gemeinden haben sich Anlagen von Urbafit angeschafft, zum Beispiel Bern, Schaffhausen oder Luzern (siehe Grafik im PDF). Auch auf dem Gelände des Regionalspitals Oberaargau in Langenthal BE steht eine Anlage.
Experten kritisieren die Urbafit-Anlagen. So sind die Fitnessparks zum Teil unvollständig ausgerüstet, um den ganzen Körper zu trainieren. Zwar hat Urbafit insgesamt über ein Dutzend Geräte im Angebot. In Gümligen BE zum Beispiel stehen jedoch nur drei Geräte für den Kreislauf sowie ein Gerät, das Muskeln trainieren soll. Beim Berner Marzilibad sind es immerhin acht Geräte. Sportwissenschafter Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule in Köln wundert sich: «Dem Bedürfnis der Bevölkerung nach einem ausgewogenen Ganzkörpertraining wird man so nicht gerecht.»
Geräte lassen sich nicht individuell einstellen
Die Benutzer der Anlagen sind zudem auf sich allein gestellt – anders als im Fitnessstudio gibt es vor Ort keine Instruktoren. Das sei nicht ideal, sagt Ingo Froböse. «Es besteht das Risiko, dass man falsch trainiert und die Übungen zu schnell ausführt.» Hinzu kommt: Die Urbafit-Geräte sind fix eingestellt, die Benutzer können sie nicht ihrer Körpergrösse anpassen.
Der ehemalige Leichtathlet, Dozent und Autor Peter Regli hat für den Gesundheitstipp die zwölf Geräte auf der Urbafit-Anlage in Dübendorf ZH ausprobiert. Das ernüchternde Ergebnis: Bei jedem zweiten Gerät fand er Mängel.
So fehlt bei den Geräten «Barren», «Pony», «Pulldown» und «Lendenmassage» in der Trainingsanleitung der Hinweis, wie schnell man trainieren soll. Doch das Tempo ist ein wesentlicher Faktor für den Nutzen. Laut Regli sind die Beschreibungen zu den Geräten unverständlich, wirr, vage oder nachweislich falsch.
Zum Beispiel beim Gerät «Karussell»: Es soll laut Beschrieb die Rückenmuskeln und die Hüfte entspannen sowie die Bauchmuskeln trainieren. Regli hält den empfohlenen Bewegungsablauf für übertrieben. Er belaste den Rücken zu stark. «Im schlimmsten Fall droht ein Bandscheibenvorfall.»
Oder das Gerät «Klimmzüge»: Der Abstand zwischen den beiden Griffen ist laut Regli zu gross, um die Klimmzüge korrekt auszuführen. Regli: «Hier besteht für die Schultern eine grosse Verletzungsgefahr.» Auch das Gerät «Barren» hält Regli für mangelhaft. Der Abstand zwischen den Stangen sei zu breit. Idealerweise müsste man die Stangen auf Schulterbreite einstellen können.
Regli sieht auch Mängel beim «Surf». Urbafit bewirbt es als Gerät für die Bein- und Gesässmuskulatur. Die Anleitung sieht vor, dass man dabei den Rumpf von links nach rechts schwingt. Doch Regli sagt: «Der Rumpf muss bei dieser Übung zwingend stabil bleiben, sonst drohen Schäden.» Sein Fazit: «Bei mindestens der Hälfte der Geräte müsste eine Fachperson ständig anwesend sein.»
Die Urbafit-Geräte sind teuer: So zahlte die Gemeinde Gümligen BE für die vier Geräte samt Installation total 20000 bis 25000 Franken, wie die Abteilung Schulverwaltung, Sport, Kultur und Sicherheit in Gümligen auf Anfrage erklärt.
Die Gemeinden verteidigen die Anlagen. Christoph Brassel von der Abteilung Kultur und Sport der Stadt Luzern schreibt, die Geräte würden oft benutzt. Bisher habe man keine Unfallmeldungen erhalten. Für die Kritik, dass die Geräte fix eingestellt sind, hat er aber Verständnis: «Wir können uns vorstellen, Alternativen zu prüfen.»
Trainieren kann man auch zu Hause
Für ein gutes Training braucht es keine teuren Trainingsgeräte oder Fitnessparks. Auch in den eigenen vier Wänden kann man wirkungsvoll trainieren (siehe Merkblatt in Kasten). Der Vorteil: Man spart Geld und ist flexibel. Wer seine Kraft trainiert, steigert die Lebensqualität bis ins hohe Alter. Regelmässiges Joggen, Spazieren oder Walking sind eine optimale Ergänzung. Regli empfiehlt, drei Mal in der Woche einen Spaziergang zu machen oder zu walken. Zusätzlich solle man zwei Mal pro Woche 30 Minuten die Kraft trainieren.
Urbafit schreibt dem Gesundheitstipp, man habe die Geräte mit Physiotherapeuten entwickelt und arbeite auch mit Bundesbehörden zusammen. Man sei sich aber «voll bewusst», dass bei der Benutzung der Anlagen ein Verletzungsrisiko besteht. Auf den Geräten sei vermerkt, dass die Teilnehmer ihre körperliche Verfassung berücksichtigen und die Intensität des Trainings entsprechend anpassen müssten.
Oder zu bestellen bei: Gesundheitstipp, «Fitness zu Hause», Postfach 277, 8024 Zürich
Es braucht kein teures Fitnessstudio-Abo, um Muskeln und Kreislauf zu trainieren – das kann man auch zu Hause tun. Im Gratis-Merkblatt «Die Stube als Fitnessstudio» hat der Gesundheitstipp zehn Übungen zusammengestellt.
Beispiel: Kniebeuge, Arme über dem Kopf
Dabei trainieren Sie Muskeln am vorderen und hinteren Oberschenkel sowie am Po. Mit den Hanteln (maximal 3 bis 5 Kilo) arbeiten zudem die Muskeln des Oberkörpers mit, vor allem an Schultern und Rumpf.
Stehen Sie gerade hin, die Füsse schulterbreit auseinander.
Gehen Sie in die Hocke, bis die Knie einen rechten Winkel bilden. Die Arme sind angewinkelt.
Stehen Sie auf und strecken Sie dabei die Arme abwechslungsweise kräftig nach oben.