Warum braucht es in Kläranlagen Taucher?
Manchmal ist in einem Becken ein Hebel gebrochen, oder ein Ventil funktioniert nicht mehr. Solche Mängel muss ich dann reparieren.
Wie lange tauchen Sie jeweils in dieser Kloake?
Bis zu drei Stunden.
Sehen Sie unter Wasser etwas?
Nein, ich sehe nichts. Es ist so, wie wenn man nachts im Dunkeln aufwacht.
Wie orientieren Sie sich?
Ich verwende viel Zeit, um mich auf die Tauchgänge vorzubereiten. Bevor ich ins schmutzige Wasser steige, studiere ich den Bauplan der Anlage, damit ich ihn beim Tauchen auswendig kenne.
Sie arbeiten in Wasser, das mit Fäkalien verschmutzt ist. Haben Sie keine Angst vor Keimen?
Nein. Ich trage beim Tauchen einen Schutzanzug und einen Helm. Meine Haut ist also geschützt.
Trotzdem muss das Tauchen in Kläranlagen unappetitlich sein.
Das ist so. Aber ich befinde mich beim Tauchen wie in einer geschlossenen Hülle. Durch eine Schlauchverbindung zur Oberfläche bekomme ich Luft. Ich rieche nichts. Darum finde ich es nicht schlimm.
Wenn Sie aus dem Wasser steigen, ist Ihr Anzug voller Schmutz. Wie reinigen Sie ihn?
Die Reinigung übernimmt ein Kollege: Er spritzt mich mit einem Hochdruckreiniger ab. Danach riecht der Anzug auch nicht mehr nach Fäkalien.
Ihr Beruf kann je nach Baustelle gefährlich sein. Ist Ihnen schon einmal etwas passiert?
Bei einem Einsatz fiel ein Stahlrohr ins Wasser. Ich hörte unter Wasser einen lauten Knall. Um mich herum entstanden hohe Wellen. Zum Glück passierte mir aber nichts.
Ging auch mal etwas schief?
Einmal verlor ich im Wasser das Bewusstsein – vermutlich, weil die Gasmischung in der Atemflasche nicht stimmte. Mein Partner zog mich sofort aus dem Wasser.
Machte Ihnen dieses Erlebnis Angst?
Nein, aber ich habe grossen Respekt vor meiner Arbeit. Fühlte ich mich gesundheitlich nicht wohl, würde ich die Arbeit abbrechen.
Waren Sie schon mal krank?
Ich musste mir vor kurzem am Herz einen dreifachen Bypass einsetzen lassen. Danach musste ich pausieren. Aber ich war in den letzten 30 Jahren noch nie krank.
Warum arbeiten Sie mit 69 Jahren immer noch?
Ich habe keine Ersparnisse, meine Einnahmen fliessen direkt in meine Firma zurück. Ich investiere das Geld in die Ausrüstung. Tauchen macht nicht reich.
Stresst Sie das?
Nein. Ich mache den Job leidenschaftlich gern. Er hat mit Ästhetik nichts zu tun, aber viel mit dem Lösen von Problemen. Das passt mir.
Zur Person
Franz Hattan
Franz Hattan lebt mit seiner Partnerin in Hergiswil NW. Der Berufstaucher leitet die eigene Firma Professional Diving Service. Hattans Spezialität sind Reparaturen unter Wasser, in Flüssen, Kraftwerken und Kläranlagen.