Wandern ist die grosse Leidenschaft von Elisabeth Mathys. Die 65-jährige Solothurnerin ist täglich unterwegs, hatte nie Fussbeschwerden. Im letzten Februar unternahm sie mehrere Tage hintereinander mehrstündige Märsche. «Plötzlich spürte ich im Fuss einen heftigen Schmerz, ich hatte danach Mühe, überhaupt nur darauf zu stehen», erzählt sie. Der Arzt machte ein Röntgenbild und stellte fest: Elisabeth Mathys hatte sich den Mittelfussknochen gebrochen. Fast neun Wochen musste die Patientin ihren Fuss ruhigstellen. Bis der Bruch verheilt war, trug sie einen Spezialschuh mit harter Sohle. «Die geplanten Wanderferien musste ich absagen», sagt sie.
Für den Sportmediziner Ingo Froböse von der Deutschen Sporthochschule Köln ist dies ein typischer Fall. Ermüdungsbrüche würden besonders dann auftreten, sagt er, wenn zwischen zwei hohen Belastungen die Regeneration zu kurz sei oder gar fehle.
Ermüdungsbrüche bei Fussknochen häufig
Laut dem Orthopäden und Sportmediziner Daniel Wüst aus Zürich erhöht sich das Risiko auch, wenn man den Körper ausserordentlich stark belastet: «Das kann eine intensive Wanderung sein wie der Jakobsweg oder ein Langstreckenlauf, auf den man ungenügend vorbereitet ist.» Auch eine plötzliche Steigerung der Trainingsintensität erhöht das Risiko.
Froböse sagt: «Ermüdungsbrüche treten dort auf, wo die Knochen am meisten belastet sind.» Und dazu gehören die Fussknochen. Gerade beim Wandern oder Joggen würden dort die meisten Belastungen auftreten. «Aber auch Ballsportler, die eine hohe Belastung im Bereich der Fussknochen erfahren, sind betroffen.» Also etwa Fussballer, Handballer oder Basketballer.
Zu viel Training kann insbesondere bei Frauen die Knochen schwächen. Sie können zu wenig Fett aufbauen, das für die Produktion von Östrogen nötig ist. Das Hormon ist für die Knochengesundheit essenziell. Sportarzt Daniel Wüst: «Ältere Frauen haben nach der Menopause das gleiche Problem.» Bei ihnen seien die Knochen oft wegen Osteoporose geschwächt, das mache sie besonders anfällig für einen Ermüdungsbruch. Auch ein Mangel an Vitamin D und Kalzium kann längerfristig einen negativen Einfluss auf die Knochenstruktur haben. Angeborene Fehlstellungen des Fusses, muskuläre Schwächen und einseitiges Belasten durch die immergleiche Sportart erhöhen das Risiko zusätzlich.
Doch Ermüdungsbrüche lassen sich gut vermeiden. Der Kölner Sportmediziner Froböse empfiehlt, die Belastung nur langsam zu steigern. «Gut ist auch ein Mix von verschiedenen Sportarten.» So vermeide man einseitiges Belasten. Einlegesohlen brächten nur wenig. Besser sei es, die Beinmuskulatur zu stärken. Wer an Osteoporose leidet, sollte besonders in der dunklen Jahreszeit darauf achten, genügend Vitamin D und Kalzium zu sich zu nehmen. Eine Ernährung mit ausreichend Kalorien und mit viel Eiweiss sei wichtig. Dem Körper solle man zudem genug Zeit lassen, sich zu regenerieren. Froböse: «Für Normalsportler reichen drei Trainingseinheiten pro Woche.»
Jüngere Sportler spüren die Schmerzen kaum
Sportler sollten auf die Warnsignale des Körpers hören. Gerade bei Jüngeren ist der Ermüdungsbruch eher ein fortschreitender Prozess. Bei ihnen treten die Schmerzen anfangs nur am Ende des Trainings auf, bei unveränderter Intensität dann aber immer früher, schon während des Trainings und schliesslich auch beim normalen Gehen und beim Hinabsteigen der Treppe. Spätestens dann sollten Betroffene zum Arzt. Einen oberflächlichen Schaden des Knochengewebes im Frühstadium erkennt dieser beim Röntgen allerdings oft nicht. Es braucht dazu ein MRI.
Je früher man einen nahenden Ermüdungsbruch erkennt, desto eher schont man sich und desto schneller verheilt der Bruch auch. Die Schmerzen müssen vollständig verschwunden sein, bevor man die Belastung steigert. Froböse: «Ist der Bruch verheilt, muss man sich nicht mehr schonen, aber man sollte daraus lernen.»
Auch Elisabeth Mathys durfte ihren Fuss bald wieder langsam belasten. Physiotherapie hielt das Fussgelenk beweglich. «Am Anfang hatte ich Angst, den Fuss wieder normal zu belasten, aber mittlerweile gehe ich wandern und fahre Velo wie vorher.»