Wer zum Arzt geht, muss sich nicht selten auf die Waage stellen – meist auch ohne Erklärung. Eine Strassenumfrage des Gesundheitstipp mit 30 Leuten zeigt nun: Jedem Dritten ist das unangenehm. Vor allem in Internetforen tauschen sich Frauen darüber aus, dass sie sich dabei blossgestellt fühlen. Eine Frau berichtet zum Beispiel, die Arzthelferin habe ihr Gewicht über den Flur zum nächsten Behandlungsraum gerufen. Eine andere schreibt: «Ich habe riesige Angst vor dem Wägen.» Das sei sehr unangenehm für Patientinnen, sagt auch Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser: «Viele schämen sich für ihr Gewicht, vor allem Übergewichtige.»
Erst bei Verdacht auf bestimmte Krankheiten
Dabei ist der Gang auf die Waage meist unnötig. Bei einem normalen Arztbesuch ist das Gewicht gar nicht wichtig. Der Arzt darf das Wägen der Patienten der Krankenkasse auch nicht in Rechnung stellen.
Erst wenn der Verdacht besteht auf eine Krankheit wie eine Essstörung, Diabetes, Krebs oder ein Herz-, Leber- oder Nierenleiden darf der Arzt eine «kleine Untersuchung» anordnen, die auch das Gewicht des Patienten erfasst. Denn dann ist das Wägen auch relevant. Daneben erfasst der Arzt laut Thomas Walser auch den Allgemeinzustand des Patienten. Er prüft Puls und Blutdruck, schaut in den Rachen, den Hals und ins Innenohr und tastet den Brustkorb ab. Auch ein solcher Check hat meist keinen bestimmten Nutzen. Gesundheitstipp-Ärztin Stephanie Wolff sagt: «Wenn jemand zum Beispiel mit Halsweh in die Praxis kommt, ist die kleine Untersuchung völlig unnötig.»
Laut Stephanie Wolff sollte der Arzt «grundsätzlich immer erklären, warum er das Gewicht wissen möchte». In den USA haben inzwischen viele Ärzte das Problem erkannt: Sie stellen für Patienten kleine Kärtchen am Empfang bereit. Darauf steht: «Bitte nicht wiegen, wenn es medizinisch nicht notwendig ist.» Die Kärtchen sollen Patienten helfen, diesen Wunsch diskret auszudrücken.