Der Fall schlug hohe Wellen: Anfang Jahr verunfallte ein 13-jähriges Mädchen in der Trampolinhalle Bounce Lab in Belp BE. Es fiel über eine Sicherheitsmatte und schlug mit dem Kopf am Boden auf. Ein paar Tage später starb es im Spital.
Dem Gesundheitstipp liegen zudem Fälle von Benutzern vor, die sich in solchen Hallen schwer verletzten. Der 11-jährige Sohn von Rebecca Schlumberger aus Schwerzenbach ZH etwa brach sich fünf Hals- und Brustwirbel (mehr dazu Seite 17).
Instruktionen können Leben retten
Solche Unfälle verwundern nicht. Eine Stichprobe des Gesundheitstipps zeigt nun erhebliche Sicherheitsmängel in Trampolinhallen. Er liess sechs Parks von Sportmanager Fränk Hofer aus Altstätten SG untersuchen. Hofer war jahrelang Leiter Sport bei der Beratungsstelle für Unfallverhütung. Fazit: Nur gerade einer von sechs Trampolinparks schnitt gut ab.
Ein grosses Problem war die Instruktion. Das Personal sollte Besucher informieren, wie man sich auf Trampolinen verhält. Denn auf den Geräten wirken unberechenbare Kräfte auf die Benützer ein. Diese Information ist vor allem für Kinder wichtig, denn sie verletzen sich beim Trampolinspringen am häufigsten. Eine Untersuchung des Robert-Koch-Instituts in Berlin zeigte: Jeder dritte Sportgeräteunfall eines Schulkinds passierte auf dem Trampolin. Noch gefährlicher sind solche Unfälle für kleinere Kinder. In den USA dürfen Kinder deshalb erst ab 6 Jahren auf ein Trampolin. Zu den Sicherheitsregeln gehört, dass sich jeweils nur eine Person
auf dem Trampolin befinden darf. Denn sonst drohen gefährliche Zusammenstösse.
Im Trampolinpark in Aarau gab es gar keine Instruktion. Mangelhaft war auch die Hallenaufsicht. Das Personal sollte eingreifen, wenn die Besucher die Regeln verletzen. Am 16. Oktober, am Tag der Stichprobe, war weit und breit kein Mitarbeiter zu sehen. In Winterthur ZH sprangen viele Kinder gemeinsam auf einem Trampolin, sie plauderten oder spielten mit ihren Handys – die Mitarbeiter unternahmen nichts. Auch in Basel kümmerte sich niemand um die Springer. Beim Empfang warnte eine grosse Tafel: «Die Benutzung der Anlagen erfolgt auf eigene Gefahr.» Der Betreiber übernehme keine Haftung. Der Glarner Rechtsanwalt Hardy Landolt: «Die Betreiber können sich mit einer solchen Tafel nicht aus der Verantwortung ziehen.» Hofers Fazit: «Ich bin überrascht, wie unbedarft die Betreiber mit den Risiken umgehen.»
Besser macht es das Personal in Rorschach SG: Wer noch nie im Trampolinpark war, muss vor dem Springen ein Video schauen, das kurz und unterhaltsam die wichtigsten Sicherheitsregeln vermittelt. Hofer lobt: «Man merkt sofort, dass man hier auf einer Sportanlage ist, auf der man ein paar Regeln einhalten muss.» Besser machte es auch der Trampolinpark Bounce Lab in Belp. Hier setzte ein Mitarbeiter die Hallenregeln durch. Er schritt mehrmals ein, als Kinder gemeinsam auf einem Trampolin hüpften.
Auch die Sicherheit der Anlagen liess oft zu wünschen übrig. Die Verbindungswege zwischen den Trampolinen sollten breit genug sein. Die Besucher sollten darauf nicht rennen, sondern ruhig zirkulieren. Bauliche Massnahmen sollten das gewährleisten. Doch in der Jump Factory Basel fehlten sie: Kinder rannten ungehindert auf diesen Wegen, nahmen Anlauf für die Sprünge auf die Trampoline. Hofer: «So riskiert man Zusammenstösse.» Besser gelöst ist das im Skills Park in Winterthur ZH. Rennen zwischen den Anlagen ist dort gar nicht möglich: Die Trampoline liegen erhöht über den Verbindungswegen.
Auch bei der Anordnung der Geräte gab es Mängel. Zwar waren die Trampoline überall in einem sehr guten Zustand. Wichtig sind aber auch freie Sicherheitsbereiche, die breit genug sind, damit man bei einem Sturz weich landet. Auch hier gab es in der Jump Factory Basel Punkteabzug: Ein Volleyball-Feld grenzte unmittelbar an die Trampoline. Die Folge: Überall auf den Trampolinen lagen Bälle herum. Ein erhebliches Sicherheitsrisiko: «Wenn jemand einen Salto übt und von einem Ball getroffen wird oder darauf landet, drohen ernsthafte Verletzungen», sagt Hofer. Sein Fazit: «Die Betreiber haben Glück, dass bis jetzt nichts passiert ist.» Besser ist das im Flip Lab Zürich in Rümlang ZH gelöst: Ein grosses Netz vom Boden bis zur Decke trennte das Volleyball-Feld ab.
Wettkampfgeräte besser etwas abseits
Freizeit-Trampoline sollten zudem von Wettkampfgeräten getrennt sein. Das Riskante an Wettkampfgeräten: «Man springt rasch sehr hoch», sagt Hofer. Ungeübte verlieren schnell die Kontrolle.
In Belp kann man ohne Weiteres solche Geräte betreten. Hier herrscht sogar Absturzgefahr. Während der Gesundheitstipp-Stichprobe sprangen vier- bis fünfjährige Kinder darauf. Für Hofer ein Risiko: «Diese Trampoline sollten nur Kinder über zehn Jahre betreten – und auch dann nur unter fachlicher Anleitung.» Das gab der Anlage, die sonst am besten abschnitt, Punkteabzug.
Im Zürcher Flip Lab muss man zwar ein Formular unterschreiben, wenn man auf Wettkampfgeräten springen will. In der Halle stehen diese aber gleich neben den Anfängergeräten. Dass es sich dabei um ein anspruchsvolles Geräte handelt, merkt man kaum. Besser gelöst ist es in Winterthur, wo die Wettkampfgeräte räumlich abgetrennt stehen.
Das Bounce Lab Belp teilt dem Gesundheitstipp mit, dass die Wettkampfgeräte rundum mit Matten abgesichert seien. Alle Sicherheitsnormen würden eingehalten. Bei den Bällen handle es sich um Spezialbälle, bei denen die Luft entweicht, wenn man draufsteht.
Das Flip Lab in Rümlang schreibt, die Tickets jener Besucher, die das Formular fürs Nutzen der Wettkampftrampoline unterschrieben haben, würden mit einem roten Kreuz markiert. Man setze aber auch auf «Eigenverantwortung und Ehrlichkeit» der Benutzer. Zudem seien die Trampoline im Boden versenkt, das biete zusätzlichen Schutz. Der Trampolinpark Rorschach räumt ein, es handle sich um einen Fehler, dass kein Mitarbeiter bei den Trampolinen präsent gewesen sei. Der Skills Park Winterthur betont, die Mitarbeiter würden geschult, die Hallenregeln durchzusetzen. Je nach Auslastung der Halle würden sie das Sitzen auf den Trampolinpolstern dulden. «Bei den Wettkampftrampolinen wird dies aber nie toleriert.»
Trampolinunfälle sind keine Seltenheit – Betroffene berichten
Monica Schuler, Belp BE
«Ich war 15 Jahre alt und Trampolinturnerin. In einem Trainingslager übte ich einen schwierigen Vorwärtssalto. Ich hatte zu viel Schwung und landete auf dem Genick. Ich spürte sofort, dass ich gelähmt war. Seitdem kann ich nur noch den Kopf und ganz wenig die Arme bewegen.»
Regula und Leandra Kaufmann, Weisslingen ZH
«Meine Tochter Leandra war eineinhalb Jahre alt, als es passierte. Ich wollte sie aus dem Kinderpark Piratolino in Winterthur holen und hüpfte zu ihr aufs Trampolin. Da spickte sie leicht zur Seite und weinte. Kein Wunder: Sie hatte sich das Schienbein gebrochen.»
Rebecca und Noah Schlumberger, Schwerzenbach ZH
«Mein Sohn Noah ist 11 Jahre alt. Im Juni übte er im Flip Lab Zürich den Salto und landete auf dem Kopf. Er konnte aufstehen, hatte aber Rückenschmerzen. Im Spital stellte sich heraus: Noah hatte sich fünf Hals- und Brustwirbel gebrochen. Wir hatten Glück. Heute ist er wieder gesund.»
So springen Sie sicher auf dem Trampolin
Kleidung: Mit einer Sporthose, einem T-Shirt und Anti-Rutsch-Socken sind Sie gut ausgerüstet. Solche Socken können Sie in den meisten Parks für etwa 3 Franken kaufen.
Wärmen Sie sich vor dem Springen ein paar Minuten auf. Steigen Sie 5 Minuten Treppen, hüpfen Sie auf festem Boden oder machen Sie etwas Gymnastik.
Hüpfen Sie immer allein auf einem Trampolin.
Legen Sie Pausen ein.
Beginnen Sie in den Anfängerfeldern. Hüpfen Sie in einem Feld auf und ab, bis Sie sich sicher fühlen. Springen Sie erst dann höher oder in andere Felder.
Beaufsichtigen Sie Ihre Kinder stets.
Lassen Sie Kinder, die unter 10 Jahre alt sind, nicht auf Wettkampfgeräte. Diese erkennen Sie an ihrer rechteckigen Form mit rotem Kreuz in der Mitte.