Jedes Jahr sollte der chinesische Kaiser eine Woche lang vegetarisch essen. Das verlangte die Tradition. Deshalb, so die Legende, erfanden Mönche für ihn den Seitan: Sie machten einen Teig aus Weizenmehl und kneteten ihn lange im Wasser. Dann kochten sie die Klumpen mit Sojasauce, Algen und Pilzen. Das ergab faserige Stücke mit herzhaftem Geschmack, im Biss einem Schnitzel recht ähnlich. Auch in der Schweiz entdecken immer mehr Leute Seitan. Im Kühlregal des Bioladens findet man es genauso wie im Topf von Vegi-Restaurants, die aus Seitan ein Züri-Gschnätzlets zubereiten.
Diverse Studien zeigen: Fleisch im Übermass ist ungesund. Es erhöht das Risiko von Herzkrankheiten und Diabetes. Die gute Nachricht: Es gibt zahlreiche Alternativen für Menschen, die zwischendurch oder ganz auf Fleisch verzichten wollen. Viele dieser Produkte werden aus Sojabohnen hergestellt.
Eines davon ist Tempeh. Es besteht aus ganzen Sojabohnen, die mit einem essbaren Schimmelpilz angereichert werden. Reto Frei, Mitbegründer der vegetarischen Restaurantkette Tibits, schwärmt vom «fein nussigen, leicht säuerlichen Geschmack». Er räumt aber ein, dass das Produkt nicht jedermann auf Anhieb munde: «Am besten kombiniert man es mit Zutaten, die ebenfalls einen kräftigen Geschmack haben.»
Nur Tempeh enthält Vitamin B12
Die Tibits-Köche haben eine indonesische Gemüsepfanne mit Tempeh, Ingwer, Chili und Zitronengras kreiert. Die Leserinnen und Leser des Gesundheitstipp können das Gericht jetzt nachkochen: Es findet sich auf dem Gratis-Rezeptblatt «Tofu, Quorn, Tempeh & Co.».
Als einziges der fleischlosen Produkte enthält Tempeh Vitamin B12. Das ist wichtig für Veganer, weil sie auch auf Eier und Milchprodukte verzichten. Gemüse, Früchte und Getreide enthalten praktisch kein Vitamin B12. Allerdings steckt auch in Tempeh nicht gerade viel davon – rund zehnmal weniger als in Fleisch.
Der Klassiker unter den Fleisch-Alternativen ist Tofu. Längst sind die Zeiten vorbei, in denen Vegetarier lustlos fade weisse Klümpchen mampften: Tofu wird gewürzt und mariniert, etwa zu einem «Sweet and Sour» mit Gemüse und Shiitake-Pilzen.
Wie die anderen Produkte enthält auch Tofu viel Eiweiss. Das ist ein Plus für Vegetarier und Veganer, denn die meisten Pflanzen liefern nur wenig Eiweiss. Sehr viel steckt in geräuchertem Tofu. Für Abwechslung sorgt Seidentofu: Er ist einem Pudding ähnlich – und sehr gut für Desserts, Salate oder Smoothies geeignet.
Wichtig: Verschiedene Eiweissquellen
Doch für die Eiweisszufuhr sollte man nicht ausschliesslich auf Tofu setzen. Es ist wichtig, mit den Eiweissquellen abzuwechseln. Das bestätigt Cristina Roduner von der Veganen Gesellschaft Schweiz. Sie empfiehlt, im Menüplan verschiedene Fleisch-Alternativen, Hülsenfrüchte sowie eiweissreiche Getreidesorten wie Quinoa und Amarant einzubauen (siehe Gesundheitstipp 4/2013).
Vegetarier und Veganer müssen zudem darauf achten, zu genügend Eisen zu kommen. Auch hier schneidet Tofu gut ab: Zwar kann der Körper Eisen aus Pflanzen schlechter aufnehmen als aus Fleisch. Dafür enthält Tofu viel mehr Eisen: 5 Milligramm pro 100 Gramm Tofu. Zum Vergleich: Ein Schweinskotelett von 100 g hat nur 0,4 Milligramm Eisen. Marion Wäfler von der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung sagt: «Je nach Fleischsorte liefert Tofu dem Körper sogar etwas mehr Eisen.»
Ein umstrittenes Produkt ist Quorn. Zwar enthält es auch viel Eiweiss sowie gesundes Zink. Aber es ist ein Industrieprodukt. Es wächst in einem Tank, in einem sogenannten Bioreaktor: Ein ungiftiger Schimmelpilz wird mit Traubenzucker, Sauerstoff und Mineralien versorgt. Nach ein paar Tagen wachsen Pilzfäden mit viel Eiweiss. Diese werden abgeschnitten und weiterverarbeitet.
Für Veganer ist Quorn keine Option, denn es enthält Bestandteile von Hühnereiern. Nicht nur deshalb sucht man es in Bioläden vergebens: Quorn ist patentiert und in der Schweiz nur in der Migros sowie in einigen Restaurants erhältlich. Reto Frei vom «Tibits» hat sich gegen Quorn entschieden: «Einige Gäste haben es nicht vertragen.»
Herstellerin Marlow Foods räumt ein, dass Quorn «in seltenen Fällen Beschwerden bei Personen mit einer Empfindlichkeit gegenüber Pilzen verursachen» könne. Es sei aber nur eine von 100 000 bis 200 000 Personen davon betroffen. Der «natürliche Wachstumsprozess» des Pilz-Eiweisses gleiche demjenigen beim Herstellen von Bier oder Hefe. Man forsche zudem «schon lange und intensiv» nach einer veganen Variante von Quorn, bisher ohne Erfolg.
Viele gesunde Stoffe in Sojagranulat
Auch ausserhalb des Kühlregals finden sich Produkte für die fleischlose Küche. Etwa Sojagranulat. Das sind getrocknete und grob gehackte Sojabohnen. Ernährungsberaterin Maria Imfeld: «Solche wenig verarbeiteten Zutaten haben den Vorteil, dass sie viele gesunde Stoffe aus der Pflanze enthalten.» Das Granulat kann man etwa in einer Lasagne anstelle von Hackfleisch verwenden oder daraus würzige «Fleisch»-Bällchen formen.
Zu den Fleisch-Alternativen gehört zudem Lupinenmehl. Es wird aus den Samen der Pflanzen mit violetten, gelben oder weissen Blüten gewonnen. In den 1930er-Jahren begannen Forscher, Sorten zu züchten, die wenig Bitterstoffe enthalten. Mit dem Mehl lassen sich zum Beispiel Bratlinge mit Haferflocken herstellen.
Das Mehl ist reich an Eiweiss. Der Nachteil: Lupinen-Produkte können Allergien auslösen. Besonders oft trifft es Menschen, die auf Erdnüsse allergisch sind. Mark Anliker, Leiter der Klinik für Allergologie am Kantonsspital St. Gallen: «Betroffene sollten von Lupinen unbedingt die Finger lassen.»
Lupinenmehl und Sojagranulat sind in den Läden eher selten zu finden, vereinzelt gibt es sie in Reformhäusern. Doch weil die Produkte nicht gekühlt werden müssen, kann man sie problemlos per Post bestellen – zahlreiche Internetshops in der Schweiz und in Deutschland haben sie im Sortiment
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Gratis-Merkblatt:
«Fleischlose Rezepte mit Tofu, Quorn, Tempeh & Co.» Zum Herunterladen unter www.gesundheitstipp.ch oder
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8024 Zürich.