Wie viele Stunden trainieren Sie pro Woche?
Etwa 39 Stunden.
Kann man so viel trainieren?
Ja, das geht. Wir trainieren Montag bis Freitag von 10 bis 18 Uhr – mit einer Stunde Mittagspause. Am Samstag trainiere ich bis 14 Uhr.
Wie sieht Ihr Training aus?
Wir starten mit Ballettübungen, zum Beispiel mit Pliés: Das sind eine Art Kniebeugen. Dann gibt es eine Pause und ich wechsle die verschwitzten Kleider. Danach üben wir die Choreographie unserer Aufführung bis ins kleinste Detail. Schwierige Passagen wiederholen wir mehrmals. Ich bin danach meist erschlagen und meine Muskeln brennen.
Wie erholen Sie sich?
Ich nehme eine heisse Dusche. Danach lege ich mich auf eine Akupressurmatte mit Nadeln und winkle die Beine gegen eine Wand an. Die Nadeln pieksen und ich spüre, wie das Blut aus den Beinen fliesst. Ich fühle mich danach entspannter.
Fühlen Sie sich am nächsten Morgen erholt?
Nein, ich fühle mich meist kaputt. Oft habe ich starken Muskelkater.
Trainieren Sie trotzdem weiter?
Ja. Tanz ist ein Leistungssport. Mit Schmerz umzugehen, gehört dazu.
Ignorieren Sie die Schmerzen?
Mein Körper schmerzt eigentlich immer. Ich fühle mich ständig etwas erschöpft. Ich kenne es nicht anders. Schmerzen auszuhalten, ist reine Kopfsache.
Wie halten Sie das aus?
Ich meditiere viel und denke an schöne Dinge. Die künstlerische Arbeit und die Freude am Tanz geben mir viel Kraft. Beim Tanzen geht es ja nicht nur um Schmerzen.
Sondern?
Tanzen ist ein sehr schöner Beruf. Er hat etwas sehr Menschliches. Im Training lache und scherze ich oft mit den Kollegen. Ausserdem ist es ein unbeschreibliches Gefühl, wenn ich an der Aufführung das Training umsetzen kann. Wenn man das begeisterte Publikum sieht, haben sich die Anstrengungen gelohnt.
Das harte Training hat seinen Preis. Viele Tänzer leiden unter entzündeten Sehnenscheiden.
Auch ich habe oft entzündete Sehnenscheiden an den Handgelenken, weil ich mich je nach Tanzstil auf den Händen abstütze. Zudem macht mir ein Muskelriss an der Hüfte zu schaffen.
Wie kam es dazu?
Bei einem Vortanzen schmerzte meine Hüfte. Trotzdem machte ich Sprünge und Kicks mit gestrecktem Bein und Zehen – bis ich das Bein nicht mehr heben konnte. Ein Muskel war gerissen. Ein Physiotherapeut klebte ein Pflaster darüber und gab mir Schmerzmittel. Die Jury liess mich trotz der Verletzung vortanzen und nahm mich auch auf.
Verletzen Sie sich häufig?
Das letzte Mal vor eineinhalb Jahren. Beim Training war ich so müde, dass mein Fussgelenk umknickte. Der Fuss schwoll an und tat weh. Ich musste ins Spital.
Wie lautete die Diagnose?
Die Bänder waren nur überdehnt.
Und wie gings weiter?
Da die Premiere nahte und die Diagnose glimpflich ausfiel, kamen meine Chefin und ich zum Schluss, dass ich weiter probe.
Zur Person
Swane Küpper
Swane Küpper tanzt für die Tanzkompanie des Theaters St. Gallen. Die 23-Jährige studierte Bühnentanz an der Palucca Hochschule für Tanz in Dresden (D). In ihrer Freizeit kocht und backt sie, trifft Freunde und Familie.