Die Schwestern Lila Ammouri und Susan Frazier reisten vor zwei Jahren aus den USA in die Schweiz. In Räumen von Pegasos in Liestal BL nahmen sie sich das Leben. Sie waren 54 und 49 Jahre alt. Auch der New Yorker Musiker Anton Fier starb dort, mit 66 Jahren. Die Presse im In- und Ausland berichtete breit darüber. Beide Fälle haben etwas gemeinsam: Die Betroffenen waren nicht sterbenskrank.
Die Zeitung «Independent» zitierte sie am 30. März 2022 folgendermassen: «Wir haben einfach genug von Rückenweh, Schwindel und Schlaflosigkeit.» Pegasos half ihnen beim Suizid. Im Gegensatz zu Organisationen wie Exit akzeptiert Pegasos auch Sterbewillige, die weder an schwersten Krankheiten noch an unerträglichen Schmerzen leiden.
Der Verein Pegasos weist auf seiner Internetseite ausdrücklich darauf hin, dass er nicht nur unheilbar Kranken zum Tod verhilft: Das «Gefühl eines abgeschlossenen Lebens» oder auch eine «schwerwiegende Depression» genügten. Zudem gehe es schnell: Pegasos genehmigt einen Antrag für die Freitodbegleitung laut eigenen Angaben innert weniger Wochen, ohne Wartezeiten. Andere Organisationen sind viel restriktiver: Exit etwa wird erst nach einer Wartefrist von drei Monaten aktiv.
«Vorgehen von Pegasos ist problematisch»
Die Tätigkeit von Pegasos steht im Widerspruch zu den Sterbehilferichtlinien des Ärzteverbands FMH. Diese schreiben vor, dass Sterbehilfe nur bei Krankheiten zulässig ist, die unerträgliches Leiden verursachen, aber nicht bei Gesunden. Zwar sind diese Regeln juristisch nicht bindend. Aber der Ärzteverband kann Sanktionen verhängen gegen Ärzte, die dagegen verstossen.
Ethikprofessor Markus Zimmermann von der Uni Fribourg kritisiert: «Ich halte es für sehr problematisch, dass es ausreichen soll, ein gewisses Alter oder eine Lebenssattheit erreicht zu haben.» Altersexperte Heinz Rüegger aus Zollikerberg ZH findet es falsch, dass Pegasos auch schwer Depressiven zum Freitod verhelfen will. Diese seien nicht urteilsfähig bei Fragen zu Leben und Sterben. Sterbehilfeorganisationen müssten sorgfältig abklären, ob jemand urteilsfähig sei und den Suizid wohl überlegt vollziehen wolle.
«Wenn man damit wirbt, man mache das ganz schnell, ist das für mein Empfinden unseriös», sagt Rüegger. Fachleute empfehlen, sich für eine Freitodbegleitung an Exit oder Dignitas zu wenden. Beide halten sich an die Standesregeln der Ärzte. Auch die Kosten sind tiefer: Exit verlangt 1100 bis 3700 Franken, ab drei Jahren Mitgliedschaft entfallen Kosten. Bei Pegasos kostet die Sterbehilfe samt Bestattung 10 000 Franken.
Pegasos sagt zur Kritik, man prüfe jeden Antrag sorgfältig und lasse sich dabei von Fachpersonen unterstützen. Es brauche ein medizinisches Gutachten, um ein unerträgliches Leiden zu bestätigen. Allerdings könnten die Ursachen solcher Leiden «unterschiedlicher Natur» sein. Die meisten Klienten würden sich schon längere Zeit mit dem Gedanken an eine Freitodbegleitung befassen.
Kontaktadressen von Sterbehilfeorganisationen:
Geschäftsstelle Exit, Tel. 043 343 38 38, info@exit.ch
Dignitas, Tel. 043 366 10 70, dignitas@dignitas.ch
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