Sonnenschutzmittel mit UV-Filtern sollen die Haut vor den schädlichen Strahlen des Sonnenlichts schützen. Doch diese chemischen Filter wirken nicht nur auf der Haut. Sie dringen auch in den Körper ein und gelangen in überraschend grossen Mengen ins Blut. Das zeigt eine neue Studie der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA. Sie fand Mengen, die den Schwellenwert von 0,5 Nanogramm pro Milliliter teils um das Hundertfache überschritten. Deshalb müssen jetzt die Hersteller der US-Behörde weitere Studien vorlegen. Sie sollen beweisen, dass ihre Sonnenschutzmittel unbedenklich sind.
Stoffe wirken ähnlich wie Hormone
Die Forscher der FDA werteten rund 700 Blutproben von 24 Teilnehmern aus. Diese trugen vier Tage lang Sonnenschutzmittel auf – zwei Sprays, eine Lotion und eine Creme. Die untersuchten Produkte enthielten vier UV-Filter: Oxybenzon, Octocrylen, Avobenzon und Ecamsul. Von allen fanden sich bereits nach einem Tag beträchtliche Rückstände im Blut.
Oxybenzon: Bei diesem UV-Filter waren die gefundenen Mengen besonders hoch. Sie betrugen mehr als das 400-Fache des Schwellenwerts. Der Stoff ist auch unter der Bezeichnung «Benzophenone-3» bekannt (siehe unten) und steht schon lange in der Kritik: In Labor- und Tierversuchen wirkte er ähnlich wie Hormone.
Die Zürcher Umwelttoxikologin Margret Schlumpf fand den Stoff auch in Muttermilch. Die Resultate der neuen US-Studie überraschen sie deshalb nicht: «Uns war seit langem klar, dass diese Stoffe in relevanten Mengen in den Körper eindringen.» Hormonaktive Stoffe können unter anderem die Entwicklung von Föten stören. Gemäss Recherchen des Gesundheitstipp gibt es in der Schweiz zurzeit keine Sonnencremes mit Oxybenzon.
Octocrylen: Auch bei diesem UV-Filter gibt es Hinweise, dass er ähnlich wie Hormone wirkt. Zudem verursacht er allergische Ausschläge. Die Zahl der Betroffenen in Europa steigt, wie 2014 eine Studie aus Holland und Grossbritannien zeigte. Octocrylen steckt in vielen Sonnencremes. Produktbeispiele:
- Garnier Ambre Solaire Sensitive
- Migros Sun Look Light & Invisible
- Migros Sun Look Sport Sun Spray
- Nivea Baby Sun Sonnenschutz Creme
- Nivea Sun Protect & Bronze Lotion
- Piz Buin Allergy Lotion
Avobenzon: Er ist der in der Schweiz am häufigsten verwendete UV-Filter. Das ergab 2015 eine Umfrage der ETH Zürich. Laut den ETH-Forschern soll er weniger bedenklich sein als andere chemische Filter. Produktbeispiele:
- Garnier Ambre Solaire Kids Sensitive
- L’Oréal Sublime Sun
- Migros Sun Look Light & Invisible
- Migros Sun Look Sun Milk Protect
- Nivea Sun Protect & Bronze Lotion
- Nivea UV Face Shine Control
Ecamsul: Auch dieser UV-Filter gehört zu den weniger bedenklichen. Doch laut dem Basler Toxikologen Lothar Aicher gibt es bei Ecamsul und einigen weiteren Stoffen noch zu wenig Daten, um das Risiko abschliessend zu beurteilen, ob sie wie Hormone wirken. Produktbeispiele:
- Garnier Sensitive Kids Spray
- La Roche-Posay Anthelios
- Vichy Idéal Soleil Sonnen-Fluid
Hinzu kommt: In Sonnencremes stecken oft mehrere UV-Filter. Margret Schlumpf sagt: «Was dieses Gemisch im Körper anrichtet, ist noch weitgehend unklar.» Für Hautärztin Bettina Schlagenhauff aus Küssnacht SZ bestätigt die Studie, dass man die chemischen UV-Filter zurückhaltend einsetzen sollte. «Das gilt vor allem bei Babys und Kleinkindern.» Der Grund: Ihre Haut ist durchlässiger. Bei Säuglingen empfehlen sich keine Sonnencremes: «Sie sollten im Schatten bleiben und mit Kleidern geschützt werden.» Für Kleinkinder und Schwangere empfiehlt die Hautärztin Mittel mit einem mineralischen UV-Filter wie Titandioxid: «Sie gelten als wesentlich weniger bedenklich.» Bei grösseren Kindern und Erwachsenen dürften es auch Produkte sein, die chemische und mineralische UV-Filter kombinieren.
Fachleute raten, die Mittagszeit von 11 bis 15 Uhr im Schatten zu verbringen. Ein Hut, dicht gewobene Kleider und eine Sonnenbrille schützen zusätzlich.
Piz-Buin-Hersteller Johnson & Johnson schreibt, dass ihre Sonnencremes «effektiv wirken und gesundheitlich unbedenklich» seien. Für alle UV-Filter seien in Europa Höchstwerte festgelegt. Garnier-Hersteller L’Oréal sagt, die Studie der US-Behörde FDA sei nicht zum Schluss gekommen, dass Sonnenschutzmittel unsicher oder unwirksam sind.