Ein Mittwochnachmittag auf dem Pausenplatz des Schulhauses Hutten in Zürich: Die 73-jährige Anita Jaeger hält einen Holzstab in der Hand. Ihr Gesicht ist konzentriert, fast grimmig. Sie schwingt den Arm und wirft. Mit einem leisen Klack trifft der Stab einen Holzklotz, der am Boden steht. Der Klotz fällt um, Anita Jaeger jubelt. Sie spielt Kubb, zusammen mit ihrer Tochter Gaby Jaeger, ihren Enkeln Paul, Leo, Mischa und Mira sowie ihrem Schwiegersohn Alex Valsecchi.
Einen Nachmittag lang probierte die Familie für den Gesundheitstipp drei Outdoorspiele aus: Kubb, Crossboule und Beachball. Kubb, auch bekannt als Wikingerschach, finden sie toll. Dabei treten zwei Teams gegeneinander an und versuchen mit Wurfhölzern, die Holzklötze der Gegenmannschaft umzuwerfen. Anita Jaeger sagt über Kubb: «Damit kann sich die Familie einen ganzen Nachmittag beschäftigen, ohne dass es jemandem langweilig wird.»
Seit einigen Jahren kommen immer mehr Outdoorspiele auf den Markt. Outdoorspiele – das klingt nach Bewegung und Spass. Doch längst nicht alle halten, was die Werbung der Hersteller verspricht. Das zeigt ein Gesundheitstipp-Vergleich: Der Fitnessberater Fritz Bebie aus Erlenbach ZH, die Psychomotorik-Therapeutin Simone Opravil aus Niederhasli und der Turnlehrer Peter Huber aus Winterthur prüften zehn Outdoorspiele auf Fitness, Beweglichkeit, Verletzungsgefahr und Spassfaktor (siehe Tabelle). Das Ergebnis: Nur zwei der zwölf Spiele – Speedminton, eine schnelle Variante von Federball, und Beachball – erzielten eine gute Gesamtnote.
Verletzungsgefahr bei Speedminton und Indiaca
Indiaca, bei dem man sich einen Federball mit den Händen zuwirft, steht im Vergleich bei den genügenden Spielen zuvorderst – vor allem, weil es Spass macht. «Je nach Intensität des Spiels kommt man richtig ins Schwitzen», sagt Fritz Bebie. Und wenn das Tempo hoch sei, werde einem auch nicht langweilig. Allerdings bestehe eine gewisse Verletzungsgefahr: «Bei Speedminton und Indiaca kann man sich leicht den Fuss vertreten.»
Wurf- und Fangspiele kamen bei den Experten nicht besonders gut an. Klettball beispielsweise schnitt bei der Fitness und der Beweglichkeit ungenügend ab. Bei diesem Spiel werfen sich zwei oder mehrere Spieler einen tennisballähnlichen Ball zu und fangen ihn mit einer Klett-Fangscheibe auf. Fritz Bebie: «Rennen muss man hier kaum.» Zudem werde das Spiel «nach kurzer Zeit langweilig».
Den Fangspielen Squap, Speedello und Targit Rocket gaben die Experten eine ungenügende Gesamtnote. Bei Speedello werfen sich die Spieler aus einem Becher heraus einen Ball zu. Bei jedem Ball, den man fängt, erhält man einen Punkt. Gespielt wird auf Zeit. «Auch dieses Spiel treibt den Puls kaum in die Höhe», sagt Fritz Bebie.
Dasselbe gelte für Squap, bei dem man einen Ball mit einem Handschuh fangen muss – und für Targit Rocket, bei dem man sich eine sogenannte Wurfrakete über weite Distanzen zuwirft. Simone Opravil schätzt bei Targit Rocket die Verletzungsgefahr eher hoch ein, da die Spieler beim Werfen die Schulter stark belasten. «Die Schulter ist unser schwächstes Gelenk.»
Crossboule: Vor allem für Kinder geeignet
Ungenügend abgeschnitten hat auch Crossboule. Dabei versuchen die Spieler, mehrere Kugeln möglichst nahe zu einer kleineren Zielkugel zu werfen. Im Gegensatz zu den bekannten Spielen Boccia oder Boule sind die Kugeln aber nicht hart, sondern weich. Den Nutzen für Fitness und Beweglichkeit halten die Experten für gering: «Auch Crossboule hat den Nachteil, dass man sich kaum bewegt», sagt Simone Opravil. Positiv sei dagegen, dass man Crossboule mit der «ganzen Familie spielen» kann. Vor allem für Kinder sei es geeignet, da es die Augen-Hand-Koordination fördere.
Die 6-jährigen Mira, die Enkelin von Anita Jaeger, ist von Crossboule begeister: «Das ist mein Lieblingsspiel, weil man so genau zielen muss», sagt sie – und wirft die Zielkugel auf die Steintreppe vor dem Schulhauseingang.
Kubb: Gut zur Förderung der Konzentration
Kubb hat bei den Experten am schlechtesten abgeschlossen. Sie gaben dem Geschicklichkeitsspiel bei der Fitness und der Beweglichkeit eine ungenügende Note. «Es ist kompliziert und dauert lange», sagt Simone Opravil. Und bewegen müsse man sich dabei kaum. Gaby Jaeger stimmt zu: «Anstrengend ist Kubb nicht.» Insgesamt sei Kubb aber kein schlechtes Spiel, sagt Opravil. Als Therapiemittel zur Förderung der Konzentration sei es gut.
Die Herstellerin von Kubb, die schwedische Firma Bex Sport, sagt zur Kritik der Sportexperten: Jede Person müsse selber entscheiden, ob ein Spiel Spass mache oder nicht. Die Herstellerin von Speedminton, die Speedminton GmbH, kann das Urteil der Experten nicht ganz nachvollziehen: «Speedminton ist ein Spass-Spiel und wird kaum als Leistungssport betrieben», so Mediensprecherin Theresa Weber. Und die Verletzungsgefahr sei äusserst gering, wenn der Spass im Vordergrund stehe.
Susanne Heiss, Mediensprecherin beim Zoch Verlag in München, der das Spiel Crossboule herstellt, schreibt: «Crossboule soll Spass an Bewegung machen. Es ist kein Fitnesstraining oder eine bewusste Schulung von Beweglichkeit. Als solches verkaufen wir es aber auch nicht.»