Tizian Künzler aus Baden AG hat einen Tinnitus. Seit acht Jahren ist ein surrendes Pfeifen im Ohr sein treuer Begleiter. Zudem hat er bei Gesprächen in lauter Umgebung Mühe, alles zu verstehen. Der Grund war wahrscheinlich die laute Musik, die er jahrelang über Kopfhörer hörte.
Nicht jeder Tinnitus kommt von einem Gehörschaden. Doch der 27-Jährige macht sich Sorgen, dass seine Hörleistung weiter abnimmt. «Ein kompletter Hörverlust wäre der Horror», sagt er. Deshalb hört er seine Musik heute leiser und schützt seine Ohren an Konzerten mit Schaumstoffpfropfen.
Ein Gehörverlust lässt sich nicht korrigieren
Oft kommt ein Gehörschaden aber auch still und heimlich, ohne zu pfeifen oder Schmerzen zu bereiten. «Das ist das Tückische daran», sagt Magnus Köpfli Wicki, Experte Sicherheit und Gesundheitsschutz Team Akustik bei der Suva. Und geht das Gehör einmal verloren, kann man es nicht mehr zurückholen. Deshalb sollte man seine Ohren stets gut vor Lärm schützen.
Hersteller verkaufen verschiedene Gehörschutzprodukte (siehe Tabelle im PDF). Experte Köpfli Wicki hat sie für den Gesundheitstipp miteinander verglichen. Er sagt: «Die Wahl des Schutzes muss der Situation entsprechen, der man sich aussetzt.»
Bei lärmigen Arbeiten eignen sich Kunststoffpfropfen ohne Filter gut – insbesondere dann, wenn man oft von einer lauten in eine leise Umgebung wechseln muss, etwa im Eingangsbereich eines lauten Betriebs. Die flexiblen Lamellen dichten den Gehörgang ab gegen Schallwellen. Sie sind einfach einzuführen und lassen sich mit einer Schnur um den Hals tragen. Nachteil: Man muss einige Produkte probieren, bis man die richtige Grösse gefunden hat.
Für Konzerte eignen sich Modelle, die mit Filtern ausgerüstet sind. Sie haben zwei Vorteile: Sie belüften weiterhin das Ohr und filtern bestimmte Frequenzen so, dass man keine grossen Verluste in der Musikqualität befürchten muss. Für kleinere Budgets bieten sich standardisierte Produkte an.
Pfropfen mit einem Filter können auch individuell an den Gehörgang angepasst werden. Dann spricht man von Otoplastiken. Solche Ohrpassstücke stellt ein Akustiker her. Sie kosten auch entsprechend mehr, zwischen 130 und 300 Franken, je nach Marke. Für Musiker und Musikliebhaber können sie eine sinnvolle Investition sein. Die Pfropfen sollen perfekt im Ohr sitzen und mit dem eingebauten Filter für sehr gute Tonqualität sorgen, so Suva-Fachmann Köpfli Wicki.
Günstige Schaumstoffpfropfen bieten laut Köpfli Wicki ebenfalls einen ausreichenden Schutz, sofern man sie richtig anwendet. Man muss sie mit den Fingern vorne zu einer Art Stäbchen zusammenrollen und dann ins Ohr stecken. Oft braucht es mehrere Versuche, bis der Propfen sitzt und den Gehörgang dicht verschliesst. Ab einer Lautstärke von 94 Dezibel müssen Konzertveranstalter solche Pfropfen gratis anbieten.
Der K-Tipp hat Schaumstoffpfropfen miteinander verglichen (K-Tipp 13/2016). Die Lärmschutzpfropfen 3M Earfit schnitten dabei am besten ab, gefolgt von der Lärmdämpfung Gehörschutz Classic.
Vorsicht geboten ist hingegen bei sogenannten Vor-Ohr-Stöpseln, etwa von Ohropax. Die Kugeln aus Silikon oder Wachs kann man formen und beim Eingang des Gehörgangs platzieren. Wichtig ist laut Produktinformation, sie nicht zu tief ins Ohr einzuführen. Vergleiche der Suva zeigten aber, dass der Schutz sich deutlich verbessert, wenn das Material tief im Gehörgang steckt und ihn gut verschliesst.
Einfache Haushaltswatte schützt nur scheinbar
In der Not greifen viele zu gewöhnlicher Haushaltswatte. Laut Suva bietet diese jedoch keinerlei Schutz. Im Gegenteil, so Knöpfli Wicki: «Leute wiegen sich so in falscher Sicherheit.» Denn das Material halte zwar gewisse Tonfrequenzen zurück, nicht aber gehörschädigende Schallwellen.
Ohropax-Geschäftsführer Wolfgang Flohr schreibt dem Gesundheitstipp, Vor-Ohr-Produkte seien für manche Menschen bequemer zu tragen als Pfropfen, die man ins Ohr einführt. Der Schutz vor schädlichem Lärm sei auch bei Vor-Ohr-Stöpseln wie dem Ohropax Classic im Rahmen der ausgewiesenen Dämmwerte gewährleistet. Ob ein Pfropfen sicher schütze, hänge immer auch von der individuellen Form des Gehörgangs ab.
Ähnlich tönt es bei der Firma Swedsafe, die ebenfalls Vor-Ohr-Produkte herstellt. Managing-Director Göran Berg sagt: «Wir empfehlen stets die Schaumstoffpfropfen für die beste Geräuschabdichtung. Die Vor-Ohr-Produkte bieten bei richtiger Anwendung aber ebenfalls Schutz.»
JEM Medical, Herstellerin gewöhnlicher Schaumstoffpfropfen, schreibt, ihre Produkte erzielten beim korrekten Anwenden einen hohen Schalldämmungswert.