Es war nicht Liebe auf den ersten Blick, darin sind sie sich einig. Und doch sind Peter und Jeanine Kamber inzwischen 65 Jahre verheiratet. Sie sitzen am Esstisch in ihrer Wohnung am Zürichberg und erzählen ihre gemeinsame Geschichte.
Das Paar lernte sich im Alter von 19 Jahren in Jeanine Kambers Elternhaus in Yverdon VD kennen. Ihr Bruder brachte Peter mit, weil dieser eine Tanzveranstaltung besuchen wollte, aber nicht tanzen konnte. Also brachte sie es ihm in der Küche bei. Drei Jahre später kam sie nach Zürich, wo er arbeitete. Mit 24 Jahren heirateten sie. Ein Jahr später kam die erste von drei Töchtern zur Welt. Heute sind Kambers beide 89 Jahre alt.
Längst nicht allen Paaren in der Schweiz gelingt es, wie Peter und Jeanine Kamber zusammen alt zu werden. Laut Bundesamt für Statistik bleiben im Durchschnitt nur sechs von zehn Ehen bestehen.
Fünf Rezepte für eine glückliche Partnerschaft
Was ist das Geheimnis einer dauerhaft stabilen Partnerschaft? Das wollten die australischen Wissenschafter Caroline und Christian Heim von rund 1000 Paaren wissen, die jahrzehntelang zusammen waren. Die Ergebnisse veröffentlichten die Forscher 2023 im Buch «Resilient Relationships». Folgende fünf Punkte nannten die Paare am häufigsten:
- Engagement: Die Partner betrachten ihre Beziehung als verbindlich.
- Fürsorglichkeit: Die Partner helfen einander.
- Wertvorstellungen: Die Partner haben dieselben Grundüberzeugungen.
- Kommunikation: Die Partner können gut miteinander reden.
- Kompromissbereitschaft: Die Partner sind kompromissbereit.
Der Psychologe Guy Bodenmann von der Uni Zürich ist einer der führenden Beziehungsexperten. Er bestätigt, dass die von den Paaren genannten Punkte die Pfeiler für eine stabile Beziehung seien. «Das deckt sich mit vielen anderen Studienergebnissen», sagt Bodenmann.
Engagement: Diese ist gemäss Bodenmann die Schlüsselgrösse für langfristig glückliche Beziehungen. Darunter versteht man das Engagement für eine Beziehung und den Stellenwert, den man der Beziehung beimisst. So ist man zum Beispiel bereit, zusammen auch durch schwierige Zeiten zu gehen, weil man an der Beziehung festhalten will.
In seinem Buch «Mit ganzem Herzen lieben» hält Guy Bodenmann dazu fest: «Die Liebe ist wie eine Pflanze. Ohne Pflege verkümmert sie.» Man müsse sich stets Zeit für die Beziehung nehmen und die Bereitschaft zeigen, sich um einander zu kümmern. So geht es beim Engagement auch um Kleinigkeiten, die im Alltag wichtig sind – etwa kleine Aufmerksamkeiten oder einen Zuspruch im richtigen Moment. Guy Bodenmann: «Das schafft eine wichtige Grundlage für eine glückliche Partnerschaft und kann vieles von dem kompensieren, was nicht ganz passt.»
Peter und Jeanine Kamber erlebten selber schwierige Zeiten. Mit 56 Jahren hatte der Bankfachmann Peter Kamber ein Burnout. Er fiel aus. «Danach suchte ich mir eine Stelle als Pflegehilfe, sodass wir trotzdem etwas Geld verdienten», sagt Jeanine Kamber. Sie besuchte Peter fast täglich in der Klinik und zweifelte nie daran, dass alles wieder gut kommen werde.
Einen noch grösseren Schicksalsschlag musste das Paar vor sechs Jahren hinnehmen: Es verlor seine jüngste Tochter. In dieser Zeit sei Jeanine für ihn «der Fels in der Brandung» gewesen, sagt Peter Kamber. Jeanine Kamber wird es schnell schwindlig, sie ist nicht mehr gut zu Fuss. Peter begleitet sie deshalb zu ihren Terminen oder nimmt sie zum Einkaufen mit, damit sie mindestens einmal in der Woche die Wohnung verlässt. «Wir helfen einander, wo wir können», sagt das Paar.
Fürsorglichkeit: In einer Partnerschaft kommt es zudem darauf an, dass man einander unterstützt und die eigenen Wünsche auch mal zurücknimmt. Die Forscher Caroline und Christian Heim sprechen in ihrer Studie von Altruismus. Diesen Aspekt betonen auch Jeanine und Peter Kamber: «Lieben», sagen sie beide, steht ihrer Meinung nach auch für «Helfen».
Wertvorstellungen: Es ist einfa-cher, eine Beziehung zu führen, wenn ein Paar ähnliche Grundüberzeugungen hat – wenn etwa für beide klar ist, dass sie eine Familie gründen möchten. Oder wenn beide Karriere machen möchten und die Arbeit für sie an erster Stelle steht. «Wir sind Familienmenschen», sagt Peter Kamber.
Jeanine habe sich um die Erziehung der Kinder sowie den Haushalt gekümmert, und er habe gearbeitet, damit sie als Familie ein gutes Leben hätten führen können. In der Freizeit buk er mit seinen Töchtern im Wald Schlangenbrot und begleitete sie zu ihren Freizeitaktivitäten. Die Ferien verbrachte Familie Kamber stets gemeinsam.
Kommunikation: Auch sie ist ein wichtiger Pfeiler für eine Partnerschaft. Guy Bodenmann: «In einer Beziehung ist es wichtig, dass man auch in Konfliktsituationen konstruktiv miteinander reden kann.» Man sollte also fähig sein, Störendes anzusprechen und dafür tragfähige Lösungen zu finden.
Peter Kamber vergleicht die Liebe zwischen ihm und seiner Frau mit zwei Polen, die gegensätzlicher nicht sein könnten. Zwischen den Polen bestehe aber eine starke Verbindung. «Wir streiten bis heute viel», sagt er. Doch sie seien beide nicht nachtragend.
Kompromissbereitschaft: In jeder Partnerschaft braucht es hie und da einen Kompromiss. Guy Bodenmann sagt: «In einer Beziehung passt nie restlos alles. Man darf auch nicht zu viel erwarten.».
Das Wichtigste sei letztlich, dass man sich einfach gernhabe, sagt Peter Kamber und blickt zu seiner Frau. «Wer will, findet immer einen Weg.» Sie nickt zustimmend.
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