Bei vielen Leuten lässt das Gedächtnis im Alter nach. Das ist normal. Jetzt zeigt eine grosse Studie: Wie gut das Gedächtnis funktioniert, hängt von den Lebensgewohnheiten ab. Mit einfachen Mitteln können Senioren ihre Hirnleistung verbessern.
Die Untersuchung zeigt: Gesundes Essen, regelmässige Bewegung und soziale Kontakte haben den grössten Einfluss auf das Gedächtnis. Auch Aktivitäten wie Lesen, Schreiben oder Spiele, die das Gehirn beanspruchen, machen geistig fit. Das schreibt ein Team von Gehirnforschern und Psychiatern aus China in der Fachzeitschrift «British Medical Journal».
Die Forscher hatten rund 29'000 Seniorinnen und Senioren im Durchschnittsalter von 72 Jahren untersucht. Dabei zeigte sich: Die Gehirnleistung ging innert zehn Jahren bei allen Senioren zurück. Doch die Teilnehmer, die gesund leben, schnitten bei Gehirntests fast doppelt so gut ab.
Lebensstil beeinflusst Zeitpunkt der Demenz
Die Ergebnisse der Studie sind für den Demenzspezialisten Ansgar Felbecker vom Kantonsspital St. Gallen «eine gute Nachricht». Die Untersuchung belege, dass sich Senioren nicht ihrem Schicksal ergeben müssten. Das gelte auch für Leute mit einem genetisch erhöhten Risiko für Demenz.
Zwar lasse sich eine Demenz mit gesundem Essen und Sport nicht verhindern. Aber man könne den Zeitpunkt der Krankheit nach hinten schieben. «Für Betroffene macht es einen Unterschied, ob die Demenz beispielsweise mit 82 oder erst mit 84 Jahren beginnt», sagt Felbecker.
Altersmediziner Thomas Münzer von der Geriatrischen Klinik St. Gallen bestätigt: «Mit einem gesunden Lebensstil kann man die Hirnfunktion länger erhalten.» Das empfehlen Ärzte seit langem. Vor zwei Jahren zeigten zwei Studien mit insgesamt über 40'000 Teilnehmern, dass die mediterrane Diät und regelmässige soziale Kontakte die Gehirnleistung verbessern (Gesundheitstipp 9/2021 und 10/2021). Versuche mit Medikamenten, welche die Demenz bremsen sollen, scheiterten hingegen immer wieder.
Vollständiger Verzicht auf Alkohol nicht nötig
Ein gesunder Lebensstil könne nicht nur vor Demenz schützen, sondern auch das Risiko anderer Krankheiten im Alter senken, sagt Altersmedizinerin Katharina Geiling vom Unispital Zürich. Dazu zählen Herzkrankheiten und Krebs. Die Studie im «British Medical Journal» zeigt auch: Tabak und Alkohol schaden dem Gehirn.
Allerdings ist ein vollständiger Verzicht auf Alkohol laut Katharina Geiling nicht nötig. Andere Studien würden Hinweise geben, dass Leute mit mässigem Alkoholkonsum ein besseres Gedächtnis haben als Abstinente. Besonders wichtig fürs Gehirn sei zudem ein gutes Gehör. Die chinesischen Forscher hatten dies nicht untersucht.
So stärken Sie Ihr Gedächtnis
- Essen Sie täglich fünf Portionen Salat und Obst, dazu Nüsse, Fisch, Geflügel und wenig rotes Fleisch.
- Gehirntraining kann eine Demenzkrankheit verzögern. Lernen Sie eine Sprache, oder besuchen Sie einen Tanzkurs.
- Bewegen Sie sich täglich mindestens eine halbe Stunde lang so, dass der Puls ansteigt. Machen Sie zudem zweimal pro Woche Krafttraining.
- Lassen Sie sich vom Ohrenarzt untersuchen, wenn Sie nicht gut hören. Verwenden Sie allenfalls Hörgeräte.
- Lassen Sie sich bei Verdacht auf Demenz von einem Nervenarzt untersuchen.