Als ich meinen Partner kennenlernte, dachte ich: «Was für ein Glück.» Er war charmant, bei allen beliebt und trug mich auf Händen. Dann kippte es plötzlich und er fing an, mich aufs massivste zu demütigen. In unserem Laden küsste er zum Beispiel Kundinnen auf den Mund. Wenn ich ihn darauf ansprach, sagte er: «Tu nicht so verklemmt.»
Für mich begann ein Wechselbad der Gefühle. Am einen Tag sagte mir mein Partner, wie toll ich sei, am nächsten war alles an mir falsch: mein Aussehen, mein Verhalten. Er liess mich links liegen.
Wenn ich ihm sagte, dass sein Verhalten mich verletze, zeigte er absolut kein Verständnis. Er drehte den Spiess einfach um und warf mir vor, ich veranstalte ein Drama um nichts. Ich müsse vielleicht einmal zum Psychologen. Er ertrug nicht die leiseste Kritik.
Ich konnte mir keinen Reim auf sein Verhalten machen: Es war für mich unvorstellbar, dass sich jemand plötzlich von einem liebevollen in einen derart bösartigen Menschen verwandeln kann. So redete ich mir ein: Er hatte sicher nur einen schlechten Tag.
Eigentlich bin ich eine selbstbewusste Frau und habe kein Problem damit, für mich einzustehen. Doch ich begann, an mir zu zweifeln. Ich fühlte mich von Tag zu Tag minderwertiger und stand dem Zusammenbruch nahe.
Erschreckend war, dass mein Partner aussergewöhnlich aufmerksam war zu meinen Eltern und Freundinnen. Wenn ich ihnen erzählte, wie er sich mir gegenüber verhielt, glaubten sie mir oft nicht. Sie sagten: «So einen tollen Mann findest du nie wieder.» Ich traute der eigenen Wahrnehmung nicht mehr.
Eines Tages brachte er das Fass zum Überlaufen. Er sagte: «Du bist so unattraktiv, du kannst froh sein, dass ich überhaupt mit dir zusammen bin.» Da hatte ich genug Kraft und verliess ihn. Zufällig fiel mir ein Buch über narzisstische Persönlichkeitsstörungen in die Hände und mir wurde klar: Das hat mein Ex-Partner.
Das ist jetzt zehn Jahre her. Später fing er an, unsere gemeinsame Tochter zu manipulieren. Einmal rief sie mich aus einem Kurzurlaub bei ihm an, mitten in der Nacht. Sie weinte so sehr, dass sie kaum Luft bekam: «Die Stimmungen von Papa schwanken stark, er sagt böse Sachen zu mir. Ich habe Angst.» Ich holte sie ab. Mein Ex-Partner war stark alkoholisiert. Er hatte ihr gedroht, wenn sie mich anrufe, würde er nie mehr etwas mit ihr unternehmen.
Danach wollte meine Tochter ihren Vater nicht mehr sehen. Ich schützte sie und verweigerte ihm das Besuchsrecht. Ein Kinderpsychiater half uns: Er erreichte, dass meine Tochter ihren Vater nur noch sehen muss, wenn sie möchte. Kürzlich wollte sie ihn nach Monaten wieder einmal treffen. Er vergass den Termin.
Narzisstische Persönlichkeiten: Ohne Mitgefühl
Auf den ersten Blick sind Narzissten charmante Menschen, oft sind sie erfolgreich und angesehene Persönlichkeiten der Gesellschaft. In Wahrheit sind sie rücksichtslos, haben kein Mitgefühl und brauchen ständig Bestätigung und Bewunderung. Wenn man sie kritisiert, werden sie aggressiv. Sie erniedrigen ihre Angehörigen, manchmal werden sie auch gewalttätig.
Fachleute vermuten, dass Betroffene in der Kindheit kein stabiles Selbstwertgefühl aufbauen konnten. Persönlichkeitsstörungen sind unheilbar. Eine Psychotherapie kann das Verhalten etwas steuern.
Anlaufstelle für Angehörige:
Selbsthilfe Schweiz
Laufenstrasse 12
4053 Basel
Tel. 061 333 86 01
www.selbsthilfeschweiz.ch