«Shiatsu hilft dem Körper sich selbst zu heilen»
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Gesundheitstipp 2/2002
01.02.2002
Mit der japanischen Fingerdruck-Therapie lassen sich viele Beschwerden wie Nacken- und Rückenschmerzen, Verspannungen und Schlafprobleme behandeln
Die 32-jährige Sandra Knoll litt jahrelang unter Migräne und Kopfschmerzen. Mit Shiatsu wurde sie die Schmerzen los. Die japanische Heilmethode löst Energieblockaden im Körper und regt die Selbstheilungskräfte an.
Christine Frey redaktion@pulstipp.ch
«Seit Monaten ist mein Kopfweh praktisch verschwun...
Mit der japanischen Fingerdruck-Therapie lassen sich viele Beschwerden wie Nacken- und Rückenschmerzen, Verspannungen und Schlafprobleme behandeln
Die 32-jährige Sandra Knoll litt jahrelang unter Migräne und Kopfschmerzen. Mit Shiatsu wurde sie die Schmerzen los. Die japanische Heilmethode löst Energieblockaden im Körper und regt die Selbstheilungskräfte an.
Christine Frey redaktion@pulstipp.ch
«Seit Monaten ist mein Kopfweh praktisch verschwunden, die Migräne-Anfälle bin ich mit Hilfe von Shiatsu ganz losgeworden», erzählt die 34-jährige Sandra Knoll aus Bern. Zuvor litt sie seit über 20 Jahren unter Migräne-Attacken und sonstigen starken Kopfschmerzen. Klassische Massage oder Besuche beim Chiropraktiker linderten die Schmerzen immer nur vorübergehend.
Sandra Knoll schluckte Medikamente, um wenigstens den stärksten Schmerzen beizukommen. «Aber immer nur Tabletten? Ich dachte mir, das kann doch nicht die Lösung sein», erinnert sich die junge Frau. Vor rund zwei Jahren war sie wegen ihrer Kopfschmerzen noch in Behandlung bei ihrem Hausarzt Thomas Bangerter. Er war es auch, der ihr Shiatsu empfahl.
«Ich hatte bereits mit anderen Patienten die Erfahrung gemacht, dass Shiatsu besonders bei Verspannungen hilft», sagt der Arzt aus Bern. Auch bei Sandra Knoll habe er eine massiv verspannte Rückenmuskulatur festgestellt. Es sei zwar nach streng schulmedizinischen Regeln nicht nachvollziehbar, wie die Heilmethode funktioniere. Doch der Arzt sagt: «Die Schulmedizin kann nicht immer die einzig richtige Lösung bereithalten.»
Shiatsu ist eine ruhige, meditative Arbeit
Shiatsu hat seine Wurzeln in der mehr als 2500 Jahre alten traditionellen chinesischen Medizin (TCM). «Shiatsu spricht Körper, Geist und Seele als Einheit an, statt eine Krankheit isoliert zu betrachten», erklärt Shiatsu-Therapeutin Anne-Rahima Bolinger.
Die 29-Jährige hat sich während mehr als 10 Jahren auf diesem Gebiet weitergebildet. «Die Aufgabe von Shiatsu ist es, krank machende Energie-Blockaden im Körper aufzuspüren und aufzulösen, sodass der Mensch genesen kann», sagt Anne-Rahima Bolinger.
Diese Lebensenergie, von der Anne-Rahima Bolinger spricht, nennt sich Ki-Energie. Sie soll in einem System von Energiebahnen durch den menschlichen Körper fliessen, so genannten Meridianen. Fliesst das Ki harmonisch, ist der Mensch gesund. Kommt es jedoch zu einem Energiestau, entstehen gemäss den chinesischen Gelehrten Unwohlsein, Unausgeglichenheit und schliesslich Krankheit.
Die Shiatsu-Therapeutin will die Energie wieder zum Fliessen bringen, indem sie mit Daumen, Händen, Ellbogen oder Knien einen sanften Druck entlang der Meridiane ausübt. «Die Kunst des Shiatsus ist, dass der Therapeut oder die Therapeutin keine physische Kraft anwendet», sagt Anne-Rahima Bolinger. In jeder Sitzung müsse die Therapeutin den momentanen Zustand des Patienten neu erspüren. So ist denn Shiatsu auch eine ruhige, meditative Arbeit, bei der Therapeutin und Patient kaum miteinander sprechen.
Für den Patienten bedeutet das, dass er sich der Behandlung entspannt und gelöst hingeben darf. Man liegt dabei bequem und bekleidet auf einer Matte. Die Augen hält man am besten geschlossen, um sich von nichts ablenken zu lassen. Je mehr man sich hingibt, desto besser kann Shiatsu wirken. In der Regel dauert eine Sitzung eine Stunde, häufig geht ihr ein kurzes Gespräch über das Befinden des Patienten voraus.
Shiatsu lässt sich nicht konsumieren wie Tabletten
Shiatsu behandelt nicht einfach einzelne Krankheitssymptome. «Es stärkt den Körper, sodass er sich selbst regenerieren kann», sagt Anne-Rahima Bolinger. Bei Ihrer Patientin Sandra Knoll hat die Therapie mehr bewirkt, als nur die Kopfschmerzen zu vertreiben.
Sie sei auch entspannter geworden und habe mehr Selbstvertrauen gewonnen: «Nach jeder Shiatsu-Sitzung fühle ich mich beschwingt, entspannt und gut gelaunt.»
Doch Shiatsu lässt sich nicht so einfach konsumieren, wie zum Beispiel eine Tablette. Auch Therese Peverelli aus Bern ging anfangs wegen ihrer Kopfschmerzen zur Shiatsu-Therapie. Das Kopfweh liess zwar bald deutlich nach, doch dafür tauchten Fragen auf. Etwa die, ob sie nicht zu viel arbeite. Und sich zu wenig Zeit für sich nehme. «Ich merkte plötzlich, wie sehr ich Musse, aber auch Bewegung vermisste», schildert die 52-jährige Personalchefin.
Therese Peverelli ist überzeugt: «Weil Shiatsu in die Tiefen von Körper, Geist und Seele dringt, kann es sein, dass man auf ungelöste Probleme stösst. Dabei können unangenehme Fragen auftauchen.» Nur wer bereit sei, sich diesen Fragen zu stellen, entwickle sich weiter und könne die Therapie-Methode optimal nutzen. «Shiatsu macht eben nicht gesund, ohne dass man einen eigenen Beitrag dazu leistet», sagt Therese Peverelli.
Die Therapie eignet sich nicht für alle Menschen
Mit Shiatsu kann man eine breite Palette von Störungen behandeln: akute oder chronische Schmerzen im Schultergürtel, Nacken, Rücken und Lendenbereich, Verspannungen jeder Art, Schlafprobleme, Verdauungsprobleme oder Essstörungen, aber auch Stress, Erschöpfung, Unlust, Kummer oder Depression.
Anne-Rahima Bolinger: «Durch Shiatsu wird man sich ungesunder Vorboten bewusst, die man noch gar nicht als Krankheit empfindet.»
Die japanische Fingerdruck-Therapie kann man auch nach grossen Anstrengungen anwenden. So lässt sich auch der 33-jährige Triathlet Mathias Kühni aus Bern mit Shiatsu behandeln. «Wenn ich nach einem Wettkampf sofort zur Behandlung gehe, bin ich bereits nach ein bis zwei Tagen wieder topfit», bestätigt er. Auch erleide er praktisch keine Verletzungen mehr, seit er vor drei Jahren mit Shiatsu angefangen habe. Davor sei sein Knie seine ständige Schwachstelle gewesen. Damit sei es jetzt vorbei.
Allerdings hat Shiatsu auch Grenzen. «Ungeeignet ist es für Menschen, die sich nicht gerne berühren lassen», sagt Anne-Rahima Bolinger. Da Shiatsu anregend wirkt, darf es auch bei Fieber nicht angewendet werden.
Shiatsu-Experten sind auch zurückhaltend bei Menschen mit Tumorkrankheiten. Es gibt Hinweise darauf, dass Shiatsu das Wachstum eines Tumors fördern kann: «In solchen Fällen muss die Situation unbedingt mit einem Arzt abgeklärt werden», hält Anne-Rahima Bolinger fest.
Die meisten Kassen zahlen einen Beitrag
Shiatsu steht bei den meisten Krankenkassen auf der Liste der kassenpflichtigen Heilmethoden. Im Durchschnitt übernehmen die Kassen 75 bis 100 Prozent der Therapiekosten. Dazu müssen der Therapeut oder die Therapeutin jedoch im Erfahrungsmedizinischen Register (EMR) eingetragen sein. Die beiden Shiatsu-Berufsverbände verfügen über Listen mit registrierten Shiatsu-Therapeutinnen aus verschiedenen Regionen.
- Shiatsu Gesellschaft Schweiz SGS, Postfach 350, 5430 Wettingen, Tel. 056 427 15 73
- Berufsverband Shiatsu TherapeutInnen BST, Rütnerstr. 4, 8302 Kloten, Tel. 01 813 68 30
- Im Internet: www.shiatsu-sgs.ch
- Buchtipps: Wataru Ohashi: «Shiatsu, Die japanische Fingerdruck-Therapie», Herman Bauer Verlag, Fr. 18.60
Saul Goodman: «Shiatsu, ein praktisches Handbuch», Heine-Verlag, Fr. 18.20
Eveline Hähnel, «Shiatsu, Der Weg zur Gesundheit und Ausgeglichenheit», Ehrenwirth-Verlag, Fr. 18.50