Nadja Szabo aus Glarus GL verlässt sich nicht mehr auf Schwimmflügeli seit dem Vorfall im letzten Jahr mit ihrer fünfjährigen Tochter: «Als meine Tochter im Pool war, rutschte ihr ein Flügeli ab.» Die Kleine geriet in Panik. Nadja Szabo zögerte nicht und sprang samt Kleidern in den Pool.
Dass Flügeli nicht vor dem Ertrinken schützen, zeigt auch ein Vergleich des Gesundheitstipp. Schwimmhilfen wie Finne, Scheiben oder Gurt bieten ebenfalls keinen hundertprozentigen Schutz. Am besten ist es, Eltern bleiben in unmittelbarer Nähe und behalten das Kind ständig im Blick – besonders wenn das Kind im Wasser nicht mehr stehen kann.
Zum Expertenteam beim Gesundheitstipp-Vergleich gehörten neben Schwimmkursleiterin Nadja Szabo auch Flavio Seeberger vom Verband Swimsports und Marc Audeoud von der Schweizerischen Lebensrettungs-Gesellschaft. Sie beurteilten die drei wichtigsten Funktionen der Schwimmhilfen:
- den Schutz vor dem Ertrinken
- den sicheren Sitz am Körper
- Lernhilfe beim Schwimmen.
Vorab: In Bezug auf die Sicherheit schnitten Brett und Nudel am schlechtesten ab. Sie bestehen beide aus Schaumstoff. Die Kinder müssen sie mit den Händen festhalten und brauchen dazu Kraft. Lassen sie das Gerät los, sinken sie ab. Allerdings sind die beiden Geräte die besten Hilfen zum Schwimmen lernen, wie alle drei Experten bestätigen – aber nur, wenn ein Erwachsener danebensteht und das Kind unterstützt. Nadja Szabo sagt: «Schwimmbretter und -nudeln sind sehr vielseitig: Man kann sie in Bauch- und Rückenlage benutzen.»
Die Kinder können sie mit gestreckten Armen halten und den Beinschlag üben oder das Hilfsmittel unter den Körper schieben und sich treiben lassen.
Flügeli in allen Punkten ungenügend
Die weitverbreiteten Dreiecksflügeli zum Aufblasen schnitten in allen Punkten ungenügend ab. Denn Flügeli können abrutschen oder Luft verlieren. Selbst wenn sie gut sitzen, taucht das Kind mit dem Kopf ins Wasser, wenn es keine Kraft mehr hat. Auch zum Schwimmenlernen sind die Flügeli wenig geeignet. Flavio Seeberger: «Sie schränken die Armbewegungen stark ein.» Das Kind kann sich mit den Armen kaum fortbewegen, weil es sie nicht untertauchen kann. Und: Die Flügeli sorgen dafür, dass das Kind fast senkrecht im Wasser treibt. Zum Schwimmen sollte es aber horizontal liegen.
Ähnlich wie Flügeli funktionieren Schwimmscheiben. Sie sind rund, aus Kunststoff und werden an die Arme gesteckt. Je nach Gewicht und Schwimmkenntnissen des Kindes benutzt man mehr oder weniger dieser Kunststoffscheiben pro Arm. Doch auch sie können abrutschen und schützen nicht vor dem Ertrinken. Zum Schwimmen lernen eignen sie sich ebenfalls nicht gut – aus den gleichen Gründen wie die Flügeli. Ihr Vorteil: Sie können keine Luft verlieren. Und durch die runde Form muss sich das Kind etwas mehr ausbalancieren im Wasser, das fördert den Gleichgewichtssinn.
Kleinere Kinder sind mit der Finne überfordert
Ein neues Schwimmutensil ist die Finne: Die Flosse aus Schaumstoff bindet man dem Kind mit einem Gurt auf den Rücken. Sie soll ihm Auftrieb geben. Sie sitzt zwar gut am Körper, vor dem Ertrinken schützt sie aber ungenügend: Sobald das Kind den Kopf nicht mehr aus dem Wasser zu heben vermag, schluckt es Wasser. Zum Schwimmenlernen ist eine solche Finne zudem nicht gut geeignet: Denn das Kind muss aktiv den Kopf heben, um einzuatmen. Flavio Seeberger erklärt: «Das braucht viel Kraft.» Vor allem kleinere Kinder seien damit überfordert.
Schwimmgurt und Schwimmkissen sitzen relativ gut am Körper: Man befestigt einen Gurt um den Bauch, an dem sich Schaumstoffklötze oder aufblasbare Kissen befinden. Sie geben dem Kind Auftrieb. Beide schützen aber ungenügend vor dem Ertrinken. Marc Audeoud sagt: «Wenn das Kind das Bewusstsein verliert oder keine Kraft mehr hat, sinkt der Kopf ins Wasser.» Positiv an diesen Schwimmhilfen: Das Kind liegt waagrecht im Wasser. Flavio Seeberger erklärt: «Damit können Kinder in Bauch- und Rückenlage schwimmen sowie Arme und Beine frei bewegen.» Flavio Seeberger empfiehlt beide Hilfsmittel erst für Kinder ab mindestens 2 Jahren.
Schwimmwesten drehen das Kind auf den Rücken
Von allen Schwimmhilfen schützten Westen am besten vor dem Ertrinken. Sicher sind sie aber nur, wenn sie einen Kragen haben, der den Kopf über Wasser hält, und im Bauchbereich mehr Auftriebselemente haben als am Rücken: So wird der Körper automatisch auf den Rücken gedreht, wenn das Kind ermüdet. Zum Schwimmunterricht taugen sie aber nicht. Szabo: «Sie haben einen grossen Auftrieb, damit kann man sich kaum bewegen.» Schwimmwesten ohne Kragen bieten etwas mehr Bewegungsfreiheit. Ohne Kragen schützen sie aber nicht genügend vor dem Ertrinken.
Schwimmen lernen kann man gut auch ohne Schwimmhilfen. Nadja Szabo rät, Kinder häufig ohne Hilfsmittel im Wasser spielen und plantschen zu lassen: «So lernen sie tauchen, sich vielseitig bewegen und sich unter Wasser mit offenen Augen zu orientieren.»
Hersteller Proswim schreibt, Schulen würden Schwimmkissen gern im Unterricht einsetzen. Happy People schreibt, Flügeli und Gurt seien Hilfen zum Erlernen von Schwimmbewegungen und keine Rettungsgeräte.