Seit Juli 2013 zahlt die Grundversicherung Darmspiegelungen bei jeder Person ab 50. Doch der Nutzen ist nicht klar, denn Studien geben ein widersprüchliches Bild. Vor wenigen Wochen kam eine norwegische Studie im Fachblatt «New England Journal of Medicine» zum Schluss: Eine Darmspiegelung schützt weniger gut vor Darmkrebs, als ältere Studien aussagen.
Die Mediziner prüften im norwegischen Krebsregister die Daten von 40 000 Patienten. Alle hatten eine Darmspiegelung machen lassen. Rund 1200 bekamen Krebs, sieben Jahre später lebten knapp 400 von ihnen nicht mehr. Das Sterberisiko reduziere sich – je nach Patientengruppe – im günstigsten Fall um 25 Prozent, so die Studie. In absoluten Zahlen ausgedrückt: Im Durchschnitt sterben von 1000 Personen, die eine Darmspiegelung machen lassen, 3 an Darmkrebs. Von 1000, die darauf verzichten, sterben 4 Personen.
Bei der Darmspiegelung (Koloskopie) entfernen Ärzte allfällig vorhandene Polypen. Doch einige der Wucherungen sind so tief im Gewebe eingelagert, dass es schwierig ist, sie völlig zu entfernen. Kommt dazu: Längst nicht alle Polypen entwickeln sich zu Krebs. Der Eingriff ist zudem aufwendig und kann Patienten belasten. Sie bekommen Beruhigungsmittel. Am Tag vorher gibts nach dem Mittagessen nur noch Abführmittel und Getränke. Die Sonde kann in seltenen Fällen den Darm schädigen und Blutungen auslösen.
Viele Fachleute empfehlen diesen Vorsorgeuntersuch gesunden Menschen nicht grundsätzlich. Die Zürcher Gruppenpraxis Medix schreibt in ihren Richtlinien: «Die Koloskopie kann Männern und Frauen ab dem 50. Lebensjahr angeboten werden.» Auch Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser hält die Untersuchung «nur auf ärztlichen Rat» für sinnvoll. Die Krebsliga empfiehlt die Darmspiegelung zwar generell allen ab 50 Jahren. Sie räumt aber ein, es gebe keine abschliessenden Studien zur Wirkung.
Unbestritten ist: Patienten mit Risikofaktoren sollten regelmässig zur Darmspiegelung. Thomas Walser: «Dazu gehören das Auftreten von Darmkrebs in der Familie und chronische Darmentzündungen wie Morbus Crohn.» Für diese Menschen ist das Risiko, an Darmkrebs zu sterben, doppelt bis viermal so hoch wie in der Allgemeinbevölkerung.
Der Lebensstil kann das Risiko beeinflussen: Alkohol, Rauchen und Übergewicht erhöhen es. Wer sich regelmässig bewegt und Lebensmittel mit Ballaststoffen isst, reduziert es. Das deutsche Institut für Ernährungsforschung stellte kürzlich in einer Studie fest: «Je mehr man für seine Gesundheit tut, desto stärker verringert sich das Risiko.»
Weitere Infos
- «Diese Vorsorgetests sind sinnvoll»: Gratis-Merkblatt zum Herunterladen unter Gesundheitstipp.ch oder zu bestellen gegen ein frankiertes und adressiertes C5-Antwortcouvert bei Gesundheitstipp «Vorsorge», Postfach 277, 8024 Zürich
- www.dr-walser.ch/Gesund/Check-up
Tipps: So beugen Sie Darmkrebs vor
- Vermeiden Sie Übergewicht
- Bewegen Sie sich regelmässig im Alltag: Fahren Sie Velo, gehen Sie wandern
- Essen Sie oft Vollkornprodukte, Gemüse und Obst, aber wenig rotes Fleisch
- Trinken Sie nur wenig Alkohol
- Verzichten Sie auf das Rauchen
- Gehen Sie bei Blut im Stuhl oder bei Veränderungen der Stuhlgewohnheiten sofort zum Arzt