Es ist der Traum jedes Patienten mit Arthrose, was die Werbung der Schwefelsalbe Soufrol Arthro verspricht: «Schluss mit meinen Gelenkproblemen! Wieder schmerzfrei laufen, Rad fahren und tanzen.» Laut Hersteller Gebro Pharma erfüllt sich der Traum dank Schwefel, ätherischen Ölen und den Knorpelsubstanzen Glucosamin und Chondroitin.
Doch der deutsche Arzt und Apotheker Wolfgang Becker-Brüser bezweifelt, dass die Inhaltsstoffe der Salbe gegen Arthrose nützen. Die ätherischen Öle würden zwar für kurze Zeit die Oberfläche der Haut kühlen. Doch es gebe keinen Beweis, dass das die Entzündung im Gelenk und die Schmerzen lindere. Auch von Knorpelsubstanzen, die man auf die Haut schmiert, sei «kein Nutzen zu erwarten», so Becker-Brüser.
Kein Mittel kann den Knorpel reparieren
Immer wieder kommen neue Salben und Pillen gegen Arthrose auf den Markt. Patientin Sarah Stoll aus St. Gallen hat vieles probiert – vom Hagebuttenpulver über Salben mit Grünlippmuschel bis zu Spritzen mit Kortison: «Das half mir alles wenig oder nur für kurze Zeit.» Die 45-Jährige hat Arthrose in der Wirbelsäule und in den Knien.
Das Problem: Bei Arthrose ist der Knorpel im Gelenk abgenützt und kaputt. Kein Mittel kann ihn wieder reparieren. Trotzdem lohnt sich ein Versuch mit natürlichen Präparaten. Der Vorteil: Im Gegensatz zu chemischen Medikamenten verursachen sie meist nur geringe Nebenwirkungen. Dies zeigt auch ein Vergleich des Gesundheitstipp (siehe Tabelle im PDF).
Zum Beispiel Wallwurzsalbe: Mehrere kleine Studien belegen, dass sie Schmerzen und Entzündungen in den Gelenken lindert, und zwar genauso gut wie eine chemische Rheumasalbe. Die Cochrane Collaboration, eine internationale Organisation unabhängiger Wissenschafter, kam zum Schluss, dass auch Weihrauchkapseln Schmerzen «geringfügig, aber merkbar» lindern und die Gelenke beweglicher machen. Weniger klar ist, wie gut andere Pflanzenprodukte wie Teufelskralle und Hagebutten bei Arthrose helfen.
Das gilt auch für Kapseln mit den natürlichen Knorpelsubstanzen Chondroitin und Glucosamin. In der Schweizer Fachzeitschrift «Praxis» empfahlen Fachleute, die Mittel einige Monate auszuprobieren: «Falls der Effekt nach sechs Monaten nicht eintritt oder nicht anhält, sollte man den Versuch jedoch abbrechen», so Autor Erik von Elm.
«Tabletten wirken gut bei akuten Entzündungen»
Ärzte verschreiben bei Arthrose vor allem Rheumatabletten wie Brufen, Voltaren oder Celebrex. Arzt Christoph Reich aus Zürich sagt: «Bei einer akuten Entzündung wirken sie gut.» Patienten würden die Tabletten während einer kurzen Zeit meist gut vertragen. Längerfristig könnten sie jedoch ernsthafte Nebenwirkungen verursachen.
Das passierte auch Sarah Stoll: «Die Tabletten machten meinen Magen kaputt.» Von Voltaren bekam sie Durchfall und bei Brufen sammelte sich Wasser in den Beinen. Studien belegten zudem, dass Rheumamittel das Risiko für Herzkrankheiten erhöhen. Arzt Etzel Gysling aus Wil SG kam in seiner Fachzeitschrift «Infomed-Screen» zum Schluss: «Wenn ein solches Medikament nötig ist, sollte man eines mit dem Wirkstoff Naproxen wählen.» Das sei für das Herz noch am besten.
Kein Problem für Herz und Magen sind Schmerzmittel mit Paracetamol. Laut einer neueren Studie nützen sie bei Arthrose allerdings wenig. Die Entzündung hemmen sie auch nicht. Dennoch sagt Christoph Reich: «Viele Patienten sprechen gut darauf an.»
Zu Vorsicht raten Fachleute bei Spritzen gegen Arthrose. Das gilt nicht nur für solche mit Kortison, sondern auch für solche mit der natürlichen Hyaluronsäure. Ihr Nutzen ist umstritten – und sie führen teils zu starken Nebenwirkungen, etwa zu Infektionen. Spritzen mit Kortison können dem Knorpel mit der Zeit sogar schaden. Rheumaspezialist Reich empfiehlt sie aus diesem Grund «nur ausnahmsweise», zum Beispiel bei einer heftigen Entzündung. Eine Kortisonspritze kann sie so bremsen, dass der Patient Physiotherapie machen kann.
Das wirksamste Mittel gegen Arthrose gibt es aber nicht in der Apotheke zu kaufen: regelmässiges Bewegen und ein gesundes Körpergewicht. Sarah Stoll hat das Cantienica-Training für sich entdeckt: «Es ist das Beste, was ich bisher ausprobiert habe.» Bei der Methode der Schweizerin Benita Cantieni macht man Übungen, um die inneren Muskeln in Rumpf und Beckenboden zu stärken. Das verbessert auch die Körperhaltung. Zudem macht Arthrose-Patientin Stoll Nordic Walking und trainiert zu Hause auf einem Gerät.
Normalgewicht und Bewegung sind bei Arthrose das Beste
Zur Kritik der Fachleute schreibt Schwefelsalben-Hersteller Gebro Pharma: Eine Studie mit knapp 60 Teilnehmern habe gezeigt, dass Soufrol Arthro bei Arthrose in den Händen die Schmerzen lindere und die Beweglichkeit verbessere. Auch die anderen Pharmafirmen verweisen auf Studien zur Wirksamkeit ihrer Produkte. Glaxo- Smith-Kline betont zudem, man solle Voltaren Dolo Emulgel in der empfohlenen Menge und maximal zwei Wochen verwenden. Laut Merck und Dermapharm solle man Kortisonspritzen nicht zu häufig einsetzen und Nutzen und Risiko abwägen. IBSA schreibt, es stehe «ausser Zweifel», dass die Hyaluronsäurespritze Sinovial wirke.
Wenn der Arzt gut desinfiziere, seien Infektionen «extrem selten». IBSA wie auch Pierre-Fabre Pharma schreiben, dass ihre Chondroitin- Präparate nachweislich wirken und gut verträglich sind. Und die Migros sagt, dass ihr Actilife-Produkt ein Nahrungsergänzungsmittel sei und sie keine Aussagen zur Wirksamkeit mache. Das gilt auch für die Hagebutten-Präparate von Takeda und Hyben Vital. Laut Bioforce haben die Behörden das Teufelskralle-Präparat Harpagomed als wirksam und zweckmässig eingestuft. Nebenwirkungen seien selten und schwach.