Wenn ich an einem Buffet stehe, ist es am schwierigsten: Ich möchte alles probieren, darf aber höchstens ein kleines Löffelchen von jeder Speise schöpfen. Mit der Bypass-Operation haben die Ärzte meinen Magen auf die Grösse einer Espressotasse reduziert. Zwar hat er sich seither noch etwas ausgedehnt, er ist aber immer noch deutlich kleiner als vor dem Eingriff. Gerade bei einer üppigen Auswahl möchte mein Kopf gerne mehr, als mein Körper aufnehmen kann. Es gibt Tage, da bin ich nach fünf Bissen satt. Im Restaurant bestelle ich jeweils eine kleine Portion. Aber auch davon muss ich immer etwas zurücklassen. Generell kann ich noch einen Viertel bis die Hälfte der Menge essen, die früher auf meinem Teller lag.
Seit der Magen-Bypass-Operation hat sich mein Gewicht halbiert. Als ich am schwersten war, brachte ich 114 Kilo auf die Waage. Bei einer Grösse von 1,68 Metern war das viel zu viel. Heute sind es 57 Kilo. Damit bin ich sehr zufrieden. Trotzdem bleibt die Angst, wieder zuzunehmen. Sie überkommt mich gelegentlich, wenn ich zu viel gegessen habe. Leider ist das auch nach der Operation noch möglich. Dann habe ich ein schlechtes Gewissen. Mein Gewicht konnte ich jedoch im letzten halben Jahr halten. Damit ich zu genügend Nährstoffen komme, schlucke ich regelmässig Tabletten mit Zink, Kalzium und B-Vitaminen. Alle sechs Monate erhalte ich eine Vitamin-B12-Spritze.
Die Magen-Bypass-Operation war im Februar 2017. Es lagen einige erfolglose Diäten hinter mir. Zum Beispiel habe ich versucht, auf Kohlenhydrate zu verzichten. Ich bin aber immer wieder in die alten Muster zurückgefallen. Kurzfristig habe ich jeweils abgenommen, langfristig aber immer mehr zugenommen.
Der Eingriff war grösser als erwartet. Denn normalerweise operieren die Spezialisten durch mehrere kleine Löcher. Aus der Narkose aufgewacht, erschrak ich über die lange, schmerzende Narbe am Bauch. Bei mir stellte sich heraus, dass die Organe seitenverkehrt liegen, weshalb ein Schnitt nötig war. Die Narbe sehe ich heute als Teil von mir. Weniger schön finde ich die überschüssige Haut. Wegen des rasanten Gewichtsverlusts konnte sie sich nicht überall zurückbilden. Aber ich bin zuversichtlich, dass ich das mit Sport in den Griff bekomme.
Auf meine Psyche wirkte sich die Operation positiv aus. Ich bin viel ausgeglichener. Früher ass ich oft den Frust in mich hinein. Heute gehe ich mit meinen zwei Hunden hinaus an die frische Luft oder treffe mich mit Kolleginnen, um auf andere Gedanken zu kommen. Die Freude am Essen habe ich übrigens nicht verloren. Im Gegenteil: Ich probiere heute viel mehr aus und ernähre mich bewusster.
Operation eignet sich nur für stark Übergewichtige
Bei einer Magen-Bypass-Operation trennen die Chirurgen ein kleines Stück des Magens ab und verbinden es mit dem Dünndarm. Das Essen passiert nur noch diesen Mini-Magen. Der grössere Teil des Magens ist stillgelegt, liefert jedoch durch einen künstlichen Zugang noch Magensäfte, die beim Verdauen helfen. Weil der Magen nun viel kleiner ist, kann er viel weniger Essen aufnehmen. Dadurch verliert man rasch Gewicht.
Die Operation ist nur für Menschen mit einem Body-Mass-Index über 35 geeignet. Bei ihnen ist der Nutzen grösser als die Risiken. Denn ein Magen-Bypass kann helfen, Folgen der Fettleibigkeit wie Diabetes Typ 2 oder Darmkrebs zu verhindern. Die Patienten müssen jedoch lebenslang Vitamine und Spurenelemente einnehmen.
Weitere Informationen:
Schweizerische Adipositas-Stiftung, www.saps.ch