Es war eine Premiere: Chirurgen des Unispitals Zürich entfernten im vergangenen April einem Patienten mit Hilfe eines Roboters einen Tumor in der Bauchspeicheldrüse. Die Chirurgen sassen an einer Konsole und steuerten die Arme des Roboters «Da Vinci». Marketingabteilungen der Spitäler loben dieses Hightechgerät in den höchsten Tönen. So schreibt die Hirslanden-Klinik, Patienten hätten weniger Schmerzen, würden weniger Blut verlieren und sich schnell erholen, wenn man sie mit dem Roboter operiert habe.
Über 30 solche Maschinen stehen zurzeit in Schweizer Spitälern. Kosten pro Gerät: rund 1,8 Millionen Franken. Hinzu kommen je nach Gerätetyp Wartungskosten von rund 150 000 Franken pro Jahr und Spezialinstrumente für rund 2000 Franken pro Operation. Diese Zahlen veröffentlichte das Spital Limmattal in Schlieren ZH im Jahr 2018.
Operationen mit Roboter dauern länger
Jetzt zeigt eine grosse Vergleichsstudie mit rund 5000 Patienten: Der Roboter «Da Vinci» liefert bei Bauchoperationen keine besseren Resultate als Operationen ohne Roboter: Die meisten Patienten hatten gleich viele Komplikationen. Auch langfristig ging es ihnen nach einem Eingriff mit der Maschine nicht besser. Die Forscher der Studie analysierten Bauchoperationen wie Eingriffe bei Darmkrebs, Prostatakrebs oder Reflux. Die Studie hatten die Chirurgen in der Fachzeitschrift «Annals of Internal Medicine» veröffentlicht.
Hinzu kommt: Operationen mit Roboter dauerten länger und waren teurer. Laut dem Basler Chirurgen Ralph Peterli kostet eine Bauchoperation mit «Da Vinci» 1000 bis 2000 Franken zusätzlich. Auch bei anderen Operationen verursacht die Maschine deutliche Zusatzkosten. Das Entfernen der Prostata mit Hilfe des Roboters kostet 4000 Franken mehr, das Entfernen der Gebärmutter bis zu 5500 Franken zusätzlich. Auch diesen Patienten ging es danach nicht besser als nach einer Operation mit der Chirurgenhand, wie das Fachgremium Swiss Medical Board vor zwei Jahren feststellte.
Eines der Probleme: Chirurgen brauchen Erfahrung, bis sie mit dem Roboter sicher arbeiten können. Der Aarauer Chirurg Martin Schumacher sagt: «Man weiss zum Beispiel, dass Urologen mit dem Roboter mindestens 300 bis 500 Prostataeingriffe gemacht haben müssen, um gute Ergebnisse zu erhalten.» Ein gutes Resultat bedeutet: Der Tumor ist vollständig entfernt und der Patient kann danach problemlos Wasser lösen und Sex haben.
Laut Martin Schumacher gibt es zwar einige Operationen, bei denen der Roboter sinnvoll sei – dann nämlich, wenn der Chirurg an engen Körperstellen operieren und viel Gewebe vernähen muss. Das ist etwa bei einer Nierenoperation der Fall. Schumacher: «Das Nähen ist hier mit dem Roboter einfacher.»
Das Unispital Zürich schreibt dem Gesundheitstipp, die jüngsten Studien würden «noch nicht die realen, definitiven Ergebnisse abbilden». Die Chirurgie profitiere von den «modernen technologischen Entwicklungen». Gerade die Operation der Bauchspeicheldrüse sei mit dem Roboter relativ leicht zu erlernen. Laut dem Unispital hat eine Untersuchung gezeigt, dass Chirurgen schon nach rund 25 Operationen genügend ausgebildet seien.
Das Spital Limmattal schreibt, Operationen mit Roboter seien zwar auf den ersten Blick teurer. Die Mehrkosten würden jedoch dadurch wettgemacht, dass die Patienten weniger lange im Spital bleiben und schneller genesen würden. Die Spitalchirurgen hätten mit mehr als 500 Eingriffen genügend Erfahrung.
Der Hersteller von «Da Vinci» sagt, dass Chirurgen, die Erfahrung mit Robotern haben, die Operationszeit «erheblich verkürzen» könnten.
Das sollten Sie vor einer Operation beachten
- Klären Sie bei Ihrem Hausarzt oder einem Chirurgen ab, ob die Operation wirklich nötig ist.
- Lassen Sie sich vom Chirurgen die Operationsmethode genau erklären. Fragen Sie ihn, welche Methoden er anwendet und ob es Alternativen gibt.
- Fragen Sie den Chirurgen, wie gross das Risiko von Komplikationen ist.
- Schauen Sie in einem Spitalvergleichsdienst wie Welches-spital.ch oder Spitalfinder.ch, wie gut Ihr Spital beim gewünschten Eingriff abschneidet.
- Falls eine Roboteroperation ansteht: Erkundigen Sie sich im Spital nach der Erfahrung des Operateurs.
- Lassen Sie sich im Zweifelsfall beraten: etwa bei SPO Patientenschutz (Tel. 0900 567 047, Fr. 2.90/Minute) oder bei den Patientenstellen (Tel. 0900 104 123, Fr. 2.20/Minute).