Das HCG-Hormon entsteht im Körper von schwangeren Frauen. Es unterstützt das Einnisten des Embryos in der Gebärmutter. Ärzte behandeln damit auch Frauen, die sich ein Kind wünschen.
Das Hormon wird aber auch Übergewichtigen zum Abnehmen gespritzt – selbst Männern. Dazu kommt eine radikale Diät mit lediglich 500 Kilokalorien pro Tag. Solche Kuren bietet zum Beispiel der St. Galler Schönheitschirurg Nikolaus Linde an. Er verspricht, die Hormonspritzen würden «resistente Fettdepots» abbauen, die man weder mit Sport noch durch übliche Diäten wegbringe. Dieser Prozess sei vergleichbar mit einer Schwangerschaft, behauptet Linde. Zudem lasse das Hormon das Hungergefühl verschwinden und es wirke euphorisierend.
Auch Kosmetikstudios und Fitnesscenter wie «Bodywell» in Gümligen BE und das Schlankheitsinstitut «Slim Forever» in Zürich bieten die vier- bis sechswöchige Kur an. Der Preis beträgt 1000 bis 1800 Franken.
Fachleute raten davon ab. Der Präventivmediziner David Fäh von der Berner Fachhochschule sagt: «Es gibt keine wissenschaftlichen Beweise für die Werbeversprechen.» Eine Übersichtsstudie im «British Journal of Clinical Pharmacology» zeigte zwar, dass man mit der Diät drei bis neun Kilo abnehmen kann. Die Hormonspritzen hätten dabei aber keinen Nutzen, schreiben die Forscher. Man nehme nur wegen der Kalorienreduktion ab.
Kommt dazu: Das Schwangerschaftshormon ist nicht für Diätkuren zugelassen. Deshalb hat die Gesundheitsdirektion des Kantons Zürich Ärzte vorgeladen, die für die HCG-Diät werben. «Wir haben sie darauf hingewiesen, dass eine solche Anwendung nicht gestattet ist.»
Mangelerscheinungen drohen
David Fäh sagt, eine so starke Kalorienreduktion könne zu Essstörungen führen. Bettina Isenschmid, Spezialistin für Übergewicht und Chefärztin am Spital Zofingen AG, warnt vor Nährstoffmängeln. Sie könnten zu Muskel- und Skelettschäden, Nieren- und Leberproblemen sowie Fruchtbarkeitsstörungen führen. Die Hormone können laut Isenschmid Nebenwirkungen verursachen, wie Kopfschmerzen, Erschöpfung, Depressionen und Thrombosen.
Statt der teuren Rosskur empfiehlt die deutsche Ernährungsexpertin Lioba Hofmann, die Kalorien weniger stark zu reduzieren. Sie rät, pro Tag rund 1500 Kalorien zu essen. Das könne man langfristig durchhalten. Und man könne damit Mangelerscheinungen vermeiden. «Genügend Bewegung gehört unbedingt dazu», sagt Hofmann.
Nikolaus Linde entgegnet, er wende die HCG-Diät nur «in ganz ausgewählten Fällen» an. Dominika Rathgeb, Inhaberin von «Slim Forever», sagt, sie verabreiche ihren Kundinnen die Hormone nicht mit Spritzen, sondern als Ampullen zum Trinken. Bei ihren Kunden habe sie keinen starken Muskelverlust gemessen. «Bodywell»-Inhaber Martin Leuenberger sagt, er verwende statt Spritzen homöopathische Globuli. Sie hätten keine Nebenwirkungen. Um Nährstoffmängel zu vermeiden, empfehle er seinen Kunden, pro Tag ungefähr 800 Kalorien zu essen. Seine Kunden könnten ihr Gewicht nach der Diät mit einer gesunden Lebensweise halten.
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