Wollen Sie einmal etwas Neues erleben?» Mit die-ser Frage wirbt die Tourismusorganisation Disentis-Sedrun für eine einstündige Tour mit einem Quad, einem Motorfahrzeug auf vier Rädern. Davor gebe es eine «kurze Einführungsrunde». Die Eventfirma Mydays bietet ähnliche Touren im Berner Oberland an: «Erlebe jede Menge Fahrspass!», schreibt sie auf der Website. Auch ATV Action in Arbon TG bietet Quadfahrten an – in Gruppen bis 25 Personen. Dabei fahre man «mit viel Power» auf Nebenstrassen und Kieswegen – «wo immer» möglich. Kostenpunkt: 100 bis 200 Franken pro Stunde.
Fakt ist: Quads sind nichts für ungeübte Lenker. Gemäss Unfallversicherer Suva kommt es in der Schweiz jedes Jahr zu rund 250 Unfällen. Erst am 20. Mai verletzte sich ein 67-jähriger Mann mit einem Quad in der Nähe von Flums SG. Als er bremste, um nach links abzubiegen, kam das Fahrzeug ins Rutschen, worauf er in einen Bach stürzte. Im Oktober verlor ein 22-Jähriger in Frauenfeld TG die Kontrolle über sein Quad und prallte in einen Zaun. Dabei verletzte er sich schwer. Und Emilio Ballack, Sohn des ehemaligen deutschen Fussballstars Michael Ballack, starb letztes Jahr bei einem Quad-Unfall. Als er rückwärts aus der Garage fuhr, machte das Gefährt einen Satz nach hinten. Der 18-Jährige fiel einen Abhang hinunter, das Quad begrub ihn unter sich.
Grund für die Gefahr ist die Bauweise der Quads. Hans-Ulrich Sander, ehemaliger Sachverständiger des Prüfinstituts TÜV Rheinland in Köln, sagt: «Quads sind für den Einsatz im Gelände gedacht.» Damit solche Fahrten möglich sind, ist der Abstand zwischen Karosserie und Boden gross. Deshalb kippen Quads in Kurven eher als andere Fahrzeuge. «Der Fahrer muss sich in den Kurven stark auf die Innenseite lehnen», sagt Sander. «Das sind viele nicht gewohnt.»
Quads reagieren träge auf Lenkmanöver
Viele Quads haben auch kein Ausgleichsgetriebe. Es treibt zwei Räder so an, dass sie in Kurven unterschiedlich schnell drehen. Fehlt es, drehen die Räder gleich schnell. Das erschwert das Kurvenfahren. Zudem sind Quads oft mit Ballonreifen ausgerüstet. Sie sprechen weniger schnell auf Lenkmanöver an. «Sie reagieren oft zeitverzögert, dann aber plötzlich und heftig», so der deutsche Verkehrsclub ADAC.
Touren sollte man deshalb langsam vorbereiten. Die Beratungsstelle für Unfallverhütung rät zu einem Fahrkurs. Der ADAC empfiehlt, vor der ersten Fahrt einen Tag lang auf abgesperrtem Terrain zu üben. So viel Zeit hat man mit gemieteten Quads nicht. Sander: «Ich bezweifle, dass die Vermieter Kunden gründlich ausbilden.» Er rät unerfahrenen Lenkern von Touren mit gemieteten Quads ab.
Das Tourismusbüro Disentis-Sedrun sagt, ein Experte leite die Kunden an, dann könnten diese auf einem Platz üben. Die Tour finde auf einer Waldstrasse statt. Zudem hätten alle Quads ein Ausgleichsgetriebe, dies sei heute Standard. Es sei bisher zu keinem Unfall gekommen. Die Firma Mydays schreibt, die Kunden würden von Fachpersonen angeleitet und während der Fahrt ständig begleitet.