Bereits als Jugendlicher hatte T. M. aus Elfingen AG schütteres Haar. Er behandelte den Haarausfall mit dem Wirkstoff Finasterid. Seine Haare wurden zwar etwas dichter – dafür zahlte er aber einen hohen Preis: M. litt unter Potenzproblemen und hatte ein stark verringertes sexuelles Verlangen («Saldo» 8/2018). Die Tabletten nahm er sechs Monate lang. Das ist inzwischen über 20 Jahre her – aber die Probleme sind geblieben: «Meine Sexualität ist nicht mehr so, wie sie war.»
Studie: Patienten erleiden Angstzustände
Tabletten mit dem Wirkstoff Finasterid, wie Propecia, Procapil oder Finacapil, bekämpfen den Haarausfall zwar. Doch Patienten leiden unter happigen Nebenwirkungen. So klagte laut der deutschen Fachzeitschrift «Arznei-Telegramm» ein Patient über extreme Müdigkeit, Panikattacken, Depression und Suizidgedanken. Nun bestätigt eine Studie: Finasterid kann bei Männern unter 45 Jahren zu Angstzuständen, Depressionen und gar Suizidgedanken führen. Die Autoren untersuchten dafür die Datenbank der Weltgesundheitsorganisation nach Patientenberichten. Die Wissenschafter fanden über 350 Meldungen zu Suizid und mehr als 2000 Meldungen zu Depressionen und Angstzuständen. Im Vergleich zu anderen Haarausfalltherapien klagten Patienten, die Pillen mit Finasterid nahmen, häufiger über schwere Nebenwirkungen.
Seit längerem ist bekannt, dass Finasterid die Libido vermindert. Der Wirkstoff stört die Erektion oder Ejakulation und führt zudem zu einer grösseren Brust und zu Hautausschlag. Die Nebenwirkungen können jahrelang anhalten – auch wenn man das Medikament nicht mehr nimmt. Ausserdem nützen die Tabletten nur, solange man sie einnimmt. Hört man mit den Mitteln auf, nimmt das Haarvolumen wieder ab.
Fachleute raten deshalb vom Medikament ab. Wolfgang Becker-Brüser, Autor von «Arznei-Telegramm», sagt: «Der Schaden ist nach unserer Bewertung grösser als der Nutzen.» Der Basler Arzt Urspeter Masche von der Fachzeitschrift «Pharma-Kritik» bestätigt dies: «Ich rate von einer Haarausfallbehandlung mit Finasterid ab.»
In Deutschland und Frankreich haben die zuständigen Stellen bereits reagiert. In einem Schreiben warnen die Arzneimittelbehörden die Ärzte, dass Tabletten mit Finasterid sexuelle Störungen und Depressionen verursachen. Die Arz-neimittelbehörde Swissmedic sagt, sie über prüfe die Fachinformationen nochmals und passe ihre Empfehlungen, wenn nötig, an.
Die Hersteller rechtfertigen die Nebenwirkungen damit, dass das Medikament nütze. Sandoz schreibt, der Arzt sei für das Verabreichen und die Dosierung von Finacapil verantwortlich. Man weise in den Fachinformationen und in der Packungsbeilage darauf hin.
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