Helga Fabian (39) aus Stansstad NW rennt für ihr Leben gern auf Wald-, Wiesen- und Bergwegen. Vor zwei Jahren steigerte sie ihr Trainingspensum: «Ich rannte mehrmals pro Woche über 20 Kilometer am Stück.» Bald spürte Helga Fabian Schmerzen in den Fersen. Doch sie trainierte weiter, bis es nicht mehr ging: «Ich konnte fast nicht mehr gehen vor Schmerzen.» Der Arzt stellte fest, dass eine Sehne im Fuss stark gereizt war: die Plantarfaszie. Sie verläuft unter dem Fuss von der Ferse bis zu den Zehen.
Daniel Wüst aus Zürich ist Sportmediziner und behandelt pro Jahr Dutzende Patienten mit solchen Beschwerden. Er sagt: «Sie können bei Sportlern auftreten, die zu viel trainieren und zu wenig dehnen.» Dann verkürzen sich die Wadenmuskeln und belasten die Sehne.
Doch die Fusssehne entzündet sich nicht nur, wenn man zu viel Sport treibt. Auch langes Stehen, barfuss gehen in der Wohnung, das Tragen von flachen Schuhen, Übergewicht oder ein Senkfuss strapazieren die Sehne. Sportarzt Christoph Reich aus Zürich rät: «Patienten sollten herausfinden, weshalb es zu den Beschwerden gekommen ist.» So lässt sich verhindern, dass man die Sehne wieder reizt.
In der akuten Phase verordnen Ärzte neben Schonung meistens Schmerzmittel. Doch nicht alle sind empfehlenswert. Schmerzsalben mit Wallwurz und Arnika können die Entzündung lindern. Es gibt dazu aber keine zuverlässigen Studien, wie gut sie auf den Heilungsprozess wirken. Denn die Wirkstoffe dringen oft nicht tiefe genug ins Gewebe ein. Schmerzmittel mit Wirkstoffen wie Ibuprofen oder Paracetamol lindern meist die Schmerzen. Patienten müssen allerdings aufpassen. Christoph Reiche mahnt: Sie können dazu führen, dass man den Fuss zu sehr belastet, weil man den Schmerz weniger spürt.
Bei starken Schmerzen spritzen Ärzte auch Kortison in die Ferse. Christoph Reich hält wenig davon: «Kortison kann die Sehnen und Muskeln beschädigen.» Eine Übersichtsstudie des Forschernetzwerkes Cochrane zeigte 2017 zudem: Kortisonspritzen können die Schmerzen zwar etwas reduzieren, wirken aber nicht länger als einen Monat. Für Reich ist deshalb klar: Man sollte Kortison nur bei hartnäckigen Schmerzen einsetzen.
Der Zürcher Orthopäde Arno Frigg rät, die Sehne bei akuten Schmerzen zunächst mit einer Geleinlage zu beruhigen (siehe Tabelle im PDF): «Sie bettet die schmerzende Stelle weich und verringert den Druck.»
Viele Patienten haben vor allem am Morgen starke Schmerzen in der Ferse. Dann kann eine Nachtschiene sinnvoll sein. Sie fixiert das Fussgelenk in einem rechten Winkel und dehnt so die Wadenmuskeln in der Nacht. Das entlastet die Sehne.
Tägliches Dehnen nützt in den meisten Fällen
Sobald sich der erste Schmerz gelegt hat, sollte man die Wadenmuskeln und die Fusssohle täglich dehnen (siehe Merkblatt). Dies reduziert den Zug auf die Sehne und beseitigt die Schmerzursache. Daniel Wüst: «Mit Dehnübungen verschwinden die Beschwerden meist nach drei Monaten.» Das kann Caterina Marrazzo (43) aus Zürich bestätigen: Sie hatte monatelang mit Fersenschmerzen zu kämpfen. «Erst als ich täglich eine halbe Stunde die Waden dehnte, ging es mir wieder besser.»
Langfristig kann laut der Internetseite «Medizin Transparent» auch eine Stosswellentherapie gegen die Beschwerden helfen. Dabei setzt der Arzt eine Art Kolben auf die schmerzende Stelle. Dieser gibt während wenigen Minuten schnelle, harte Schläge ab. Sie sollen dafür sorgen, dass mehr Blut durch das Gewebe fliesst und die Entzündung rascher zurückgeht. Das ist oft schmerzhaft. Christoph Reich empfiehlt Stosswellen nur, wenn die Beschwerden trotz Dehnen mehrere Monate anhalten. Laut einer deutschen Übersichtsstudie profitiert nur jeder Zehnte von dieser Behandlung.
Die Experten raten auch vom Nervengift Botox ab. Ärzte spritzen es in die Wade, um die Muskelspannung zu verringern. Arno Frigg sagt: «Solche Spritzen sind sehr schmerzhaft und bekämpfen die Ursache nicht.»
Auch Spritzen mit Eigenblut sollen helfen. Der Arzt zapft dazu zuerst in der Armbeuge Blut ab. Dann löst er daraus sogenannte Wachstumsfaktoren. Diese spritzt er in die Ferse. Sie sollen dafür sorgen, dass die Sehnenentzündung rascher abklingt. Drei Sitzungen kosten rund 750 Franken. Christoph Reich: «Es gibt kaum Studien, die belegen, dass die Spritzen nützen.»
Chirurgen raten Betroffenen auch zur Operation. Dabei schneiden sie den entzündeten Teil der Sehne ab. Daniel Wüst warnt: «Diese Operation ist veraltet und nicht zu empfehlen.» Die verbleibende Sehne funktioniert oft weniger gut.
Helga Fabian und Caterina Marrazzo sind heute schmerzfrei. Wie sie das geschafft haben? Beide massieren und dehnen ihre Füsse und Waden regelmässig. Kostenpunkt: 0 Franken.
Gratis-Merkblatt: «Fersenschmerzen»
Zum Herunterladen unter www.gesundheitstipp.ch oder zu bestellen bei: Gesundheitstipp, «Fersenschmerzen», Postfach, 8024 Zürich.