Der Baslerin M. P. wurde das Essen in Panama zum Verhängnis: «Ich wollte nicht immer nur abgepackte oder gekochte Speisen essen – also ass ich auch Salat und Früchte», erzählt die 38-Jährige. Wenig später ging es ihr immer schlechter. «Ich musste erbrechen und hatte starken Durchfall.» Und kaum ging es ihr besser, erkrankte ihr Mann an Durchfall. «Die halben Ferien waren ruiniert.»
«Durchfall nicht mit Medikamenten stoppen»
Reisedurchfall ist häufig. Viele greifen dann zum Medikament Imodium. Es enthält den Wirkstoff Loperamid, der die Bewegungen des Darms hemmt. Das wirkt zwar oft. Doch Ärztin Stephanie Wolff aus Bülach ZH sagt: «Wenn die Umstände es zulassen, sollte man Durchfall nicht mit Medikamenten stoppen. Denn der Körper will die Giftstoffe loswerden.» Esther Künzli, Ärztin am Tropeninstitut in Basel, bestätigt: «Loperamid verzögert das Ausscheiden der Durchfallerreger.» Es löst zudem Nebenwirkungen wie Kopfschmerzen, Übelkeit oder Schwindel aus.
Auch ein Vergleich des Gesundheitstipp zeigt: Imodium ist nur im Notfall zu empfehlen, etwa wenn die Weiterreise ansteht (siehe Tabelle). Kleinkinder sollten Loperamid zudem gar nicht nehmen, sagt der Reisemediziner Bernhard R. Beck aus Zürich: «Der Wirkstoff kann bei Kindern ins Gehirn gelangen und zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen.»
Oft helfen sanfte Mittel. So besiedeln Probiotika den Darm mit nützlichen Bakterien und stärken damit das Immunsystem. Forscher des unabhängigen Wissenschaftsnetzwerks Cochrane Collaboration bestätigten vor allem bei Kindern einen zumindest geringen Nutzen. Die Forscher werteten 63 Studien mit insgesamt über 8000 Personen aus, darunter vielen Kindern. Bei den meisten Teilnehmern, die Probiotika bekamen, war der Durchfall schneller vorbei. Man kann Probiotika auch vorbeugend nehmen, um den Darm zu stärken.
Apotheken verkaufen auch Tabletten und Pulver mit Aktivkohle. Sie sollen Giftstoffe im Darm binden und helfen, sie auszuscheiden. Laut dem deutschen Fachblatt «Arzneimittelbrief» ist aber nicht belegt, dass Kohle etwas nützt. Das gilt laut den Cochrane-Forschern auch für Mittel mit Huminsäure (Gesundheitstipp 6/18). Deshalb sind diese Mittel nicht empfehlenswert.
Rüeblisuppe bindet schädliche Bakterien
Die Tabelle zeigt auch: Hausmittel wirken gut und haben keine Nebenwirkungen. Ein natürliches Probiotikum ist ein Joghurt mit Bifidus-Bakterien, in das man einen Apfel raffelt. Ärztin Stephanie Wolff sagt: «Auch mit Wasser gekochter und leicht gesalzener Hafer- oder Reisbrei sowie Rüeblisuppe eignen sich bei Durchfall.» Rüeblisuppe festigt den Stuhl. Dafür kocht man 500 Gramm Rüebli 60 bis 90 Minuten in einem Liter Wasser. Dann püriert man sie, füllt den Brei mit heissem Wasser auf und fügt einen Teelöffel Kochsalz hinzu. Beim langen Kochen entstehen Stoffe, die schädliche Bakterien binden.
Wichtig: Wer Durchfall hat, sollte viel trinken. Durch den flüssigen Stuhl verliert man viel Wasser. Die Ärztin Esther Künzli sagt: «Kleine Kinder sind speziell gefährdet.» Der Körper kommt schneller zu Kräften, wenn man dem Wasser Mineralstoffe zufügt. Dafür gibt es fertige Pulvermixturen, sogenannte Elektrolyt-Ersatzlösungen.
Eine solche Mischung kann man auch selber herstellen. Yves Platel von der Bahnhof-Apotheke in Zürich empfiehlt die «Drittelslösung»: «Man mischt je ein Drittel Orangensaft, Schwarztee und Mineralwasser und fügt drei Prisen Salz und drei Esslöffel Traubenzucker hinzu.» Davon trinkt man so viel, bis sich die Farbe des Urins normalisiert. «Ist der Urin dunkel, trinkt man zu wenig», sagt Platel. Ein anderes Hausmittel ist Apfelsaft, den man zur Hälfte mit Wasser verdünnt. Kanadische Forscher fanden heraus, dass diese Mischung bei Kindern sogar besser wirkt als Elektrolyt-Pulver.
Mit sanften MitteIn verschwindet der Durchfall meist nach zwei bis drei Tagen. Kinder, Schwangere oder ältere Leute sollten sich dennoch von einem Arzt untersuchen lassen. Vor Reisedurchfall kann man sich mit einfachen Massnahmen schützen. Platel rät, «dort zu essen, wo viele Menschen essen». Ein leeres Restaurant sei oft kein gutes Zeichen. Zudem verzichtet man besser auf rohe tierische Lebensmittel wie Milch, Eier oder Fleisch.
Imodium-Hersteller Johnson & Johnson sagt, Kinder von 2 bis 6 Jahren sollten Loperamid nur unter ärztlicher Aufsicht nehmen. Das Pharmawerk Weinböhla sagt zu seinem Huminsäure-Mittel Activo-min, der Wirkstoff helfe bei Durchfall, weil es Schadstoffe binde. Die Firma Pierre Fabre, die das Medikament Carbolevure mit Aktivkohle herstellt, beruft sich auf Studien, in denen Kohle gegen Durchfall wirkte. Carbovit-Hersteller Cyntos sagt, die Wirksamkeit sei eine Frage der Dosierung.