Silvia Duthaler schloss vor drei Jahren bei der Assura die Spitalversicherung «Optima Flex Varia» ab. Damit kann die 66-jährige Zürcherin Spital und Arzt frei wählen – und auch, ob sie in einem Einzelzimmer, einem Zweierzimmer oder in der allgemeinen Abteilung liegen will.
Doch im vergangenen November erlebte sie eine unangenehme Überraschung: Die Krankenkasse teilte ihr mit, dass die monatliche Versicherungsprämie von Fr. 165.40 auf Fr. 264.70 aufschlagen werde.
«Diese Prämienerhöhung war ein ganz böser Schock für mich», sagt Duthaler. Als sie die Versicherung abschloss, hatte ihr ein Assura-Berater versprochen, dass die Prämie während der Vertragsdauer von fünf Jahren nicht erhöht werde.
Die Krankenkasse Assura sagt dazu, die Prämie ihrer Spitalzusatzversicherung «Optima Flex Varia» werde bei Kunden im Alter zwischen 26 und 71 Jahren alle fünf Jahre erhöht. Das sei auch bei Silvia Duthaler so geschehen, nachdem sie das Alter von 66 Jahren erreicht hatte. Das Versprechen des Beraters, die Prämie werde in den ersten fünf Jahren nicht erhöht, sei ein «Missverständnis», vermutet die Assura.
Alle Krankenkassen bieten solche Zusatzversicherungen an. Diese Produkte gehen ins Geld. Ein Beispiel: Wenn eine Frau, die in Zürich wohnt, mit 31 Jahren die Spitalversicherung «Hospita privat» der Krankenkasse Swica ohne Selbstbehalt abschliesst, bezahlt sie dafür bis zum Alter von 65 Jahren insgesamt rund 170 000 Franken Prämien. Mit dieser Summe ist zu rechnen aufgrund der heutigen Angaben der Krankenkasse – vorausgesetzt, dass die Prämien bis zur Pensionierung gleich hoch bleiben.
Der Grund: Die Versicherungsprämien steigen mit zunehmendem Alter stark an. Die 31-jährige Zürcherin bezahlt für «Hospita privat» Fr. 223.50 pro Monat. Im Alter von 50 Jahren zahlt sie für die Zusatzversicherung Fr. 505.50 pro Monat, ab 65 sogar Fr. 702.50.
Doch die Kassen informieren ihre neuen Kunden nicht über diese happigen Aufschläge. Parlamentarier wollen die Versicherer nun dazu verpflichten, ihre Kunden transparent über die Entwicklung der Prämien zu informieren.
Freie Spitalwahl gilt für alle Patienten
Solche Zusatzversicherungen sind nicht nur teuer, sondern oft auch unnötig. Andrea Roth vom Zürcher Vermögenszentrum sagt: «Wer in einem grossen Kanton mit gutem Spitalangebot wohnt, braucht sie normalerweise nicht.» Denn heute können sowieso alle Patienten das Spital frei wählen. Einzige Bedingung: Die Behandlungskosten dürfen in einem anderen Kanton nicht höher als im Wohnkanton sein.
Auch um ein Einzelzimmer zu erhalten, braucht man nicht unbedingt eine Zusatzversicherung. Der pensionierte Basler Chefarzt Daniel H. Scheidegger sagt: «Es gibt heute nur noch selten Viererzimmer. Doppelzimmer sind Standard. Und immer mehr Spitäler gehen dazu über, nur noch Einzelzimmer anzubieten.»
Upgrade meist billiger als Zusatzversicherung
Auch die freie Arztwahl ist gemäss Scheidegger kein Grund, um eine teure Zusatzversicherung abzuschliessen: «Die Idee, der Chefarzt sei der beste Arzt, ist falsch.» In einem guten Spital müssen alle Ärzte ihr Handwerk gut beherrschen, sagt Scheidegger: «Wenn der Chefarzt der Einzige im Spital ist, der eine Operation gut durchführen kann, würde ich nicht in dieses Spital gehen.» Deshalb ist es für Patienten wichtig, sich über die Qualität des Spitals zu informieren (siehe Kasten rechts).
Es gibt kostengünstigere Alternativen, wenn man Privatsphäre geniessen möchte: In vielen Spitälern erhalten allgemeinversicherte Patienten gegen einen Aufpreis ein Einzel- oder Zweierzimmer, sofern eines frei ist. Das kostet je nach Spital 250 bis 1100 Franken pro Nacht für ein Einzelzimmer und 90 bis 550 Franken für ein Doppelzimmer («K-Tipp» 1/2022).
So kostet zum Beispiel ein Upgrade für ein Einzelzimmer bei der Behandlung einer Blinddarmentzündung in den Zürcher Stadtspitälern Triemli und Waid rund 3300 Franken – also deutlich weniger, als man über die Jahre für eine Spitalzusatzversicherung bezahlt.
Keine Garantie für Einzelzimmer
Die Concordia räumt ein, dass bei Engpässen auch Privatversicherte nicht immer ein Einzelzimmer erhalten. Dies sei aber «äusserst selten». Bei Engpässen würden Zusatzversicherte privilegiert behandelt.
Die Helsana sagt, ein Teil der Spitäler verfüge noch immer über Mehrbettzimmer. Zusatzversicherte Patienten könnten von einem höheren Komfort und einem besseren Service in der Hotellerie profitieren.
Eine Swica-Sprecherin sagt, mit den Zusatzversicherungen ihrer Krankenkasse könne man sich auch in Spitälern behandeln lassen, die nicht auf der kantonalen Spitalliste stünden. Und die Versicherungen würden weitere Kosten decken – zum Beispiel Krankentransporte, Erholungskuren oder ärztliche Behandlungen im Ausland.
Tipps: So sind Sie gut versichert
- Überlegen Sie sich zuerst, welche Leistungen Sie versichern möchten, bevor Sie die Angebote der Krankenkassen prüfen.
- Vergleichen Sie die Zusatzversicherungen der verschiedenen Krankenkassen sorgfältig.
- Vergleichen Sie auch die Kosten der Versicherungen mit den zu erwartenden Leistungen.
- Eine Spitalversicherung mit flexibler Abteilungswahl (Flex-Versicherung) ist günstiger als eine herkömmliche Zusatzversicherung.
- Auch ohne Zusatzversicherung erhält man in vielen Spitälern gegen einen Aufpreis ein Einzel- oder Doppelzimmer (Upgrade).
- Wichtiger als die freie Arztwahl ist die Wahl eines guten Spitals. Informationen zur Qualität findet man unter Spitalfinder.ch, Qualicheck.ch oder Welches-spital.ch.
- Die Kündigungsfrist bei Zusatzversicherungen beträgt in der Regel drei Monate. Deshalb sollte die Kündigung spätestens am letzten Arbeitstag im September mit eingeschriebener Post bei der Krankenkasse eintreffen. Einen Musterbrief finden Sie unter Gesundheitstipp.ch.