Amra Suljic aus Sargans SG hatte oft eine verstopfte Nase und war müde. Die 42-Jährige sagt: «Mein Kopf tat weh, und ich konnte nicht gut atmen.» Vor rund sechs Jahren fand ihr Arzt den Grund für ihre Beschwerden: Sie hatte Polypen in der Nase. Das sind Wucherungen der Schleimhaut. Sie entstehen, wenn die Schleimhaut entzündet ist. Werden sie zu gross, kann man nicht mehr gut durch die Nase atmen.
Der Arzt von Suljic stellte fest, dass die Polypen bis in die Nasennebenhöhlen wuchsen, und riet zu einer Operation. Dabei entfernte er die Polypen und vergrösserte den Durchgang zwischen Nase und Nebenhöhlen. Die Beschwerden besserten – doch nach drei Jahren waren die Wucherungen zurück. Sie ist enttäuscht: «Ich dachte, ich sei die Polypen für immer los.»
Amra Suljic ist kein Einzelfall. Eine Studie der US-amerikanischen University of California in San Diego zeigte: Bei 40 Prozent der operierten Patienten wuchsen ein halbes Jahr nach der Operation wieder Polypen. Eine andere Studie der gleichen Universität stellte fest, dass 18 Monate nach der Operation gar 60 bis 70 Prozent der Patienten erneut Polypen hatten.
Der Grund: Eine Operation bekämpft meist nur Symptome. Der Hals-Nasen-Ohren-Arzt Andreas Schapowal aus Landquart GR sagt: «Sie allein löst das Problem meist nur kurzfristig.» Denn die Operation beseitigt die Ursache der Polypen, nämlich eine Entzündung, nicht. Für Schapowal ist klar: Vor der Operation muss man die Nase genau untersuchen. Oft haben die Patienten Allergien und Unverträglichkeiten, welche die Entzündungen verursachen oder verstärken. Dies sollte der Arzt vorgängig abklären und behandeln.
Auch bei Amra Suljic zeigte sich im Nachhinein, dass sie eine Allergie hat. Ihr Arzt machte Tests auf der Haut und stellte fest, dass sie auf Hausstaubmilben allergisch ist. Er empfahl eine Hypo-Sensibilisierungs-Therapie. Dabei bekommt man über Jahre Spritzen oder Tabletten mit dem Stoff, der die Allergie auslöst. Mit der Zeit soll sich der Körper an die Substanz gewöhnen und weniger stark reagieren.
Nicht nur Allergien, sondern auch Bakterien, Pilze oder Tumore können Entzündungen in der Nase auslösen. Tumore erkennt der Arzt aber erst, wenn er die Nase genau untersucht und eine Computertomographie oder eine MRI-Untersuchung macht. Man muss sie bestrahlen oder operieren. Pilze und Bakterien erkennt er, wenn er einen Abstrich von der Nasenschleimhaut unter dem Mikroskop untersucht oder im Labor mikrobiologisch untersuchen lässt. Andreas Schapowal sagt, diese Erreger liessen sich oft mit Salben oder Tabletten behandeln, eine Operation sei meist nicht nötig.
Kortison verkleinert Polypen
Auch wenn der Arzt die Ursache nicht herausfindet, muss man bei einer chronischen Nasenentzündung mit Polypen nicht sofort operieren. Der Hals-Nasen-Ohren-Arzt Lukas Anschütz vom Berner Inselspital sagt: «Manchmal bessern die Beschwerden bereits, wenn der Patient über mehrere Wochen täglich einen Kortisonspray benutzt.» Das Kortison wirkt gegen die Entzündung und verkleinert sogar Polypen. Wirkt Kortison nicht oder wenig, ist eine Operation sinnvoll.
Kortisonsprays sind gut verträglich, selbst wenn man sie über längere Zeit benutzt, sagt Allergologe Gerhard Müllner vom Luzerner Kantonsspital. Man sollte die Flüssigkeit nach aussen, zu den Nasenflügeln hin, sprayen und nicht in Richtung der Nasenscheidewand. Sonst besteht die Gefahr, dass das Kortison diese beschädigt.
Wenn die Polypen sehr starke Beschwerden machen, verschreiben Ärzte Kortisontabletten. Sie wirken stärker als Sprays. Man sollte sie nur für wenige Tage einnehmen, weil sie sonst starke Nebenwirkungen erzeugen können. So auch bei Patientin Priska Steiner aus Halten SO. Sie bekam von Ihrem Arzt Prednisontabletten mit Kortison. «Danach konnte ich kaum mehr schlafen.» Sie setzte sie wieder ab.
Patienten können die Nase auch mit einem Salzwasserspray vor Entzündungen schützen. Der Spray befeuchtet die Nase, hat aber keinen Einfluss auf das Wachstum der Polypen. Andreas Schapowal empfiehlt auch eine Salbe mit ätherischen Ölen, die er selbst mischt. Sie befeuchtet die Nase ebenfalls und kann die Entzündung beruhigen.
Oft läuft bei Polypen die Nase. Abschwellende Nasensprays, die für Schnupfen zugelassen sind, sind bei Polypen aber nicht geeignet, sagen Experten. Sie verengen die Blutgefässe und sollen dafür sorgen, dass man besser atmen kann. Andreas Schapowal sagt: «Wenn man solche Sprays dauerhaft benutzt, trocknet die Nase aus und wird noch anfälliger auf Keime.» Ausserdem können sie abhängig machen.
Schleimhaut in der Nase muss feucht bleiben
Sanfte Mittel wie Homöopathie vermögen bei Entzündungen in der Nase und der Nasenschleimhaut manchmal Beschwerden wie Schnupfen oder Schmerzen im Gesicht zu lindern. Sie verkleinern die Wucherungen aber nicht, sagt Ärztin und Homöopathin Stephanie Wolff aus Bülach ZH. Sinnvoll ist es, die Nasenschleimhaut feucht zu halten und sich möglichst wenig Substanzen wie Rauch auszusetzen.
Die Hersteller von Prednison verweisen darauf, dass die Tabletten nicht gegen Polypen zugelassen sind. Sie sind allerdings zur Behandlung von schweren chronischen, allergischen Nasenentzündungen zugelassen. Diese treten oft zusammen mit Polypen auf. Die Hersteller von Nasivin und Otrivin schreiben, dass die Sprays für Schnupfen und nicht gegen Polypen zugelassen seien. Die Hersteller von Rinofluimucil und Vibrocil schreiben, dass die Sprays nach einer Operation zugelassen seien. Vibrocil dürfe nicht länger als drei Tage eingesetzt werden. Hersteller Zambon schreibt, Rinofluimucil trockne die Schleimhäute nicht aus, wenn es korrekt angewendet werde. Man darf es nur während 5 bis 7 Tagen einsetzen. Wenn man es länger einsetze, könne man abhängig werden.