Eine Schar junger Frauen steht auf der Bühne. Ihre Körper stecken in engen schwarzen Leggings und pinkfarbenen Bodys, an den Händen tragen sie Handschuhe mit 300 Gramm schweren Gewichten. Zu aggressiver Techno-Musik beginnen die Frauen, ihre Hüften zu schwingen und herumzutänzeln.
Das ist eine Szene aus einem Video über Piloxing. Auf Youtube.com finden sich unzählige Filme zu diesem Fitnessprogramm. Ursprünglich kommt es aus den USA, doch auch Schweizer Studios bieten es an. Sie preisen «den neuen Fitnesstrend» als Wunderwaffe. Das Studio «Just Woman» in Winterthur verspricht einen «Traumbody». Laut «Move Place» in Hombrechtikon ZH macht Piloxing «geschmeidig und sexy». Und wenn man Piloxing-Gründerin Viveca Jensen glaubt, haben die «muskulösesten Körper Hollywoods» und bekannte Unterwäschemodels ihre Figur diesem Training zu verdanken.
Das Programm wirkt auf den ersten Blick hochprofessionell. Jensen behauptet, es vereine «topaktuelle Forschung und Fitnesstechniken». Das Erfolgsrezept liege in der Kombination von Boxen, Pilates und Tanz. Die Boxübungen würden die Ausdauer stärken und Pilates-Elemente die «tiefer liegenden Muskelgruppen» trainieren, schreibt das Studio «Just Move» in Stäfa ZH. Die Handschuhe mit Gewichten verstärkten den Effekt.
Doch es gibt keinen Beleg dafür. Der Gesundheitstipp liess sich die in der Werbung erwähnten Studien schicken. Dabei kam heraus: Die neuste ist zehn Jahre alt. Und Piloxing kommt darin gar nicht vor. Fitnessberater Fritz Bebie aus Erlenbach ZH kritisiert, den Anbietern gehe es nur um Werbung. «Sie wollen möglichst viele Leute in ihr Studio locken.»
Die Kombination von Boxtraining und Tanz sei zudem nichts Neues. «Das machen Gymnastik- und Aerobic-Trainer seit 40 Jahren», so Bebie. Der Berner Sportwissenschafter und Fitnessberater Niklaus Jud sagt: «Piloxing eignet sich nur bedingt, um Muskeln aufzubauen. Das erfordert Training mit Gewichten. 300 Gramm schwere Handschuhe reichen nicht.»
Besser: Pilateskurs und Laufen oder Aerobic
Die Verbindung mit Pilates ist ausserdem nicht sinnvoll. Der Grund: Pilates-Übungen sind anspruchsvoll. Es geht unter anderem darum, den Beckenboden zu trainieren, eine bindegewebeartige Muskelgruppe im Becken. Um sie zu spüren und anzuspannen, muss man sich konzentrieren. Dazu braucht es Ruhe, und die fehlt im Piloxing. Bebie: «Da ist viel zu viel Rambazamba.» Wer etwas für seinen Beckenboden tun möchte, sollte besser einen klassischen Pilates-Kurs wählen, rät er. Das sei auch gut für die Körperhaltung. Die Kondition könne man beim Laufen oder mit Aerobic trainieren.
Ohnehin braucht es keinen Hollywood-Körper, um sich wohlzufühlen: «Für die Gesundheit reicht eine halbe Stunde Bewegung im Alltag», sagt Bebie, «und die ist erst noch gratis.» Dabei sollte man leicht ausser Atem kommen. Bebie empfiehlt, wenn möglich zu Fuss ins Büro zu gehen und nicht den Lift, sondern die Treppen zu benutzen. Ebenfalls wichtig: Viel Gemüse, Früchte und Fisch essen und Süsses nur mit Mass geniessen.
Das Studio «Just Woman» sagte dem Gesundheitstipp, Piloxing trainiere Kraft, Ausdauer, Beweglichkeit und Koordination. Zudem schone es die Gelenke. Auch die Ernährung trage zu einem fitten Körper bei. «Just Move» schrieb, unter Anleitung durch erfahrene Instruktoren sei Piloxing sehr gut für die Gesundheit und mache Spass.